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Budgetstreit
Rabatt für Großbritannien

Im Streit um eine milliardenhohe Nachzahlung an die Europäische Union hat sich Großbritannien durchgesetzt. Die Briten müssen weniger nach Brüssel überweisen und bekommen dafür mehr Zeit. Was für das Land ein Vorteil ist, ist für andere EU-Mitglieder ein Nachteil - unter anderem für Deutschland.

Von Karin Bensch | 08.11.2014
    David Cameron spricht an einem Rednerpult, im Hintergrund die britische Flagge Union Jack
    Der britische Premierminister David Cameron (picture alliance / dpa / Stephanie Lecocq)
    "Ich werde das nicht akzeptieren und die Rechnung am ersten Dezember nicht zahlen", hatte der britische Premierminister David Cameron vor zwei Wochen in Brüssel mit hochrotem Kopf gepoltert und dabei mit der Hand aufs Rednerpult gehauen. Um einen besseren Deal für Großbritannien herauszuholen, war der britische Finanzminister George Osborne nach Brüssel bekommen. Und diesen besseren Deal bekam er dann auch. Denn die Kommission und die anderen Finanzminister reichten ihm nicht nur die Hand, sondern den ganzen Arm. Vielleicht auch, um Großbritannien, wo es immer mehr EU-Skeptiker gibt, wieder näher an Europa heranzuholen.
    "Wir werden in Zukunft den Mitgliedsstaaten, die solch außergewöhnlich hohe Summen zurückzahlen müssen, die Freiheit geben, auszusuchen, ob sie zum ersten Dezember zahlen wollen oder zu einem späteren Zeitpunkt", sagte die neue EU-Haushaltskommissarin Georgieva. Ursprünglich sollte die britische Regierung bis zum ersten Dezember 2,1 Milliarden Euro nachzahlen. Die hohe Summe kam deshalb zustande, weil die Kommission die Grundlage ihrer jährlichen Haushaltsberechnung geändert hat und die Wirtschaft in Großbritannien deutlich mehr gewachsen ist als in anderen europäischen Ländern.
    Unverständnis bei Schäuble
    Wir haben die Rechnung halbiert, sagte der britische Finanzminister selbstbewusst. Bundesfinanzminister Schäuble äußerte Unverständnis dafür, dass die Briten nun nur noch die Hälfte zahlen sollen: "Wir haben einen Text verabredet, ein Council conclusion oder so. Da steht nichts davon drin. Es tut mir leid, das muss ein Missverständnis sein. Vielleicht ist Ihr Englisch nicht so gut wie meins."
    Doch Haushaltskommissarin Georgieva gab dem britischen Finanzminister recht. Der "Britenrabatt" müsse noch angerechnet werden. Diese finanzielle Erleichterung hatte die frühere britische Premierministerin Thatcher vor 30 Jahren ausgehandelt, weil Großbritanniens Landwirtschaft kleiner war als die der anderen EU-Staaten und das Wohlstandsniveau niedriger lag. Diesen "Rabatt" hätten die Briten nächstes Jahr ohnehin bekommen, meinte Georgieva: "Angleichung für Großbritannien bedeutet, dass das Land mehr für den EU-Haushalt nachzahlen muss, aber dadurch auch der Briten-Rabatt steigt. Daraus ergibt sich, dass die Nachzahlung insgesamt rund eine Milliarde Euro betragen wird."
    Auch andere Länder bekommen einen Aufschub
    Die britische Regierung muss also weniger Geld nachzahlen, und bekommt dafür mehr Zeit eingeräumt. Ein voller Erfolg. In London dürften die Korken knallen. Wir haben das Rechnungsdatum nach hinten verschoben, sagte der britische Finanzminister Osborne. Das Geld soll erst in der zweiten Jahreshälfte 2015 überwiesen werden – und das in zwei Raten. Auch andere Länder bekommen einen Aufschub, zum Beispiel die Niederlande, die ebenfalls nachzahlen müssen. Für mehr Flexibilität bei der Rückzahlung hatten sich vor allem die Franzosen eingesetzt.
    "Großbritannien und andere Länder, können im nächsten Jahr nachzahlen. Der letzte Termin wäre der 1. September 2015", sagte der französische Finanzminister Sapin. Der bessere Deal für Großbritannien und Co. hat aber auch Nachteile. Und zwar für alle EU-Länder, die Geld aus Brüssel zurückbekommen sollen. Zum Beispiel Frankreich. Aber auch Deutschland. Auf die knapp 780 Millionen Euro von der EU wird Bundesfinanzminister Schäuble nun also warten müssen. Denn, wenn die einen ihre Rechnungen nicht pünktlich zahlen, kann die Kommission den anderen das Geld nicht pünktlich überweisen.