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Bücher mit neuen Dimensionen

Technologie.- Zwar haben herkömmliche Druckerzeugnisse auf der Buchmesse keinesfalls ausgedient, allerdings gibt es in Frankfurt aber auch andere Ansätze zu sehen: Tüftler des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) kombinieren gedrucktes Buch und Multimedia.

Von Pia Grund-Ludwig | 15.10.2011
    Müssen Multimedia und ein gedrucktes Buch ein Gegensatz sein? Nicht mehr unbedingt, meinen einige Forscher und Verlage. Damit sind nicht Bücher gemeint, denen CDs beigelegt sind, sondern gedruckte Werke, in denen auf gesprochene Inhalte und teilweise auch Filme und Erklärgrafiken verwiesen wird. Bei Ravensburger und mittlerweile auch einigen anderen Verlagen funktioniert dies mit Büchern und Sprachdateien, Tüftler des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz kombinieren gedrucktes Buch und Multimedia.

    "Wir zeigen auf der Messe ein audiodigitales Lernsystem. Das besteht aus einem Stift. Dieser Stift ist sozusagen das zentrale Stück, das wird kombiniert mit Büchern, Spielen oder Puzzles. Dieser Stift enthält einen kleinen Lautsprecher und eine kleine Kamera in der Spitze, ein OID-System, das steht für Optical Identification. Das ist in der Lage, Codes zu lesen, die mit einem speziellen Druckverfahren aufgedruckt wurden und die Informationen umzusetzen in Geräusche, in Musik, in Sprache",

    erklärt Heinrich Hüntelmann, Pressesprecher bei Ravensburger. Er legt Wert auf die pädagogische Aufbereitung. Tickt ein Kind immer wieder die Kuh an, dann bekommt es nicht immer wieder ein "Muuuh" zu zuhören, sondern irgendwann den Vorschlag, sich anzuschauen, wie eine Kuh gemolken wird.

    "Die Programmierung, die dahintersteckt, das ist das Wesentliche. Sie können, oder Kinder können auswählen, ob sie etwas entdecken wollen, ob sie etwas vorlesen wollen, ob sie in ein Spiel einsteigen oder Wissen vermitteln bekommt. Es sind verschiedene Ebenen zwischen denen man hin und her springen kann ohne etwas anzuschalten."

    Gezeigt hat Ravensburger das erstmals vor einem Jahr, andere Verlage haben nachgezogen. Um innovative multimediale Erweiterungen des klassischen Buches geht es bei einer Lösung, die das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, das DFKI erstmals auf der Frankfurter Buchmesse zeigt. Dirk Werth, der am DFKI für die Entwicklung des Systems verantwortlich ist, will gedruckte Bücher nicht einfach durch E-Books ersetzen, sondern die Stärken des herkömmlichen Buchs mit Multimedia verbinden:

    "Damit wollen wir insbesondere diese Brücke schlagen zwischen der klassischen Buchwelt und der Online-Welt. Das heißt, wir wollen nicht mehr online als Konkurrenz sehen zum klassischen Buch, sondern als Ergänzung. Das heißt konkret, dass wir das Buch aufwerten dadurch, dass wir mittels Augmented Reality Inhalte in Bücher einspielen können, dies auch dynamisch tun können, dies auch abhängig vom Leser tun können und damit einen digitalen Mehrwert schaffen, der das Buch zwar insgesamt noch als Buch als Konzept stehen lässt, aber die neuen Möglichkeiten des elektronischen Mediums nutzt."

    Vor allem denken die Entwickler dabei an Fachliteratur.

    "Das eignet sich aus meiner Sicht bevorzugt für Fachbücher, (…) wo es darum geht, Wissen zu vermitteln. Da kann man mit solchen Technologien die Wissensvermittlung vereinfachen. Also beispielsweise ein sich bewegendes Diagramm ist oftmals einfacher zu verstehen als ein statisches gedrucktes, das sich nicht bewegt. Mittels eines Videos kann ich zusätzliche Erklärungen einführen und kann beispielsweise auch Übungsaufgaben interaktiv gestalten."

    Realisiert wird es durch die Verbindung von Buch und Mobiltelefon mit Kamera. Auf ein Mobiltelefon wird eine App geladen. Geht man dann mit der Kamera des Mobiltelefons auf eine Textstelle, eine Grafik oder ein Bild, erscheinen auf dem Display des Handys zusätzliche Informationen.

    "Sie können sich vorstellen wenn sie die Abbildung eines Motors haben, die ja doch sehr statisch ist, dass Sie mit dieser Technologie den Motor in Bewegung sehen, also wie sich die Kolben bewegen, auch im Schnitt, dass ich ihn quasi aufklappen kann, von allen Seiten betrachten kann. Im Grunde genommen das, was sie auf eine Web-Seite auch jetzt machen können, können Sie im gedruckten Buch tun."

    Die von Werth beschriebenen Videos zu gedruckten Bildern sind eine Idee. Das wäre sicher eine gute Nachricht für alle, die lieber Seiten umblättern als im E-Book zu scrollen. Doch auch komplett neue Produkte sind denkbar. So hat Werth Videos von Autorenlesungen im Sinn. Ein Buch wäre dann die Grundlage, ein Video das Add-on. Viele Verlage dürften eine mögliche Renaissance ihrer gedruckten Werke freuen.

    Sendungsübersicht zur Frankfurter Buchmesse