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Bücher über Theodor Fontane
Auf der Schwelle der Moderne

Theodor Fontanes 200. Geburtstag am 30. Dezember wird seit einem Jahr groß gefeiert. Und natürlich sind auch eine ganze Menge Neuausgaben herausgekommen - und auch Bücher über ihn erschienen. Drei werden hier vorgestellt.

Von Ursula März | 29.12.2019
"Bildnis Theodor Fontane" (1896) von Hanns Fechner.
"Bildnis Theodor Fontane" (1896) von Hanns Fechner. (dpa / picture-alliance / akg)
Berg ist nicht der passende Begriff. Wer an Theodor Fontane denkt, sieht die flache Landschaft der Mark Brandenburg mit ihren Seenplatten vor sich. Sagen wir also: Zum Jubiläum des 200. Geburtstages Theodor Fontanes hat sich ein Büchersee gefüllt. In allen größeren Buchhandlungen liegen Neuausgaben seiner Romane und Neuerscheinungen zu Werk und Leben des Schriftstellers in großer Fülle bereit. Die Stadt Neuruppin, wo der Apothekersohn am 30. Dezember 1819 zur Welt kam, ehrt ihren Star mit Ausstellungen, Führungen und einem dichten Veranstaltungskalender.
Und auch in und um Berlin herum herrscht Festivalstimmung. An diesem, wenn man so will, Hype, ist auf den ersten Blick nichts Erstaunliches. Theodor Fontane, der erst im sechsten Lebensjahrzehnt mit seinem literarischen Hauptwerk begann, gilt als der populärste Repräsentant des realistischen Gesellschaftsromans des 19. Jahrhunderts, wie Thomas Mann als der des 20. Jahrhunderts. Der Beliebtheit Fontanes kommt indes noch ein historisches Ereignis neueren Datums zugute. Er wurde…
"….mit seinen ‚Wanderungen durch die Mark Brandenburg‘ insbesondere nach der deutschen Wiedervereinigung als Reise- und Heimatschriftsteller vermarktet."
Schreibt Iwan-Michelangelo D´Aprile in seiner Fontane-Biografie. Es ist eine von nicht weniger als vier neuen Biografien, die jüngst erschienen sind, allein zwei im Verlagshaus Rowohlt: Neben der von D´Aprile die von Hans-Dieter Rutsch mit dem Titel "Der Wanderer". Zu nennen wären außerdem "Der Romancier Preußens" von Hans Dieter Zimmermann aus dem Beck Verlag, und die mit 832 Seiten umfangreichste Biografie, die Regina Dieterle verfasst hat. Sie erscheint bei Hanser.
Dazu ein halbes Dutzend literaturwissenschaftlicher Studien, von den sich zwei mit Fontanes Frauenfiguren befassen, flankiert vom Briefwechsel des Ehepaar Fontane, der neben Notizen aus dem familiären Alltag und Liebesbezeugungen auch allerlei Konfliktstoff enthält. Die wirtschaftlich ungesicherte Existenz als freier Schriftsteller musste Theodor seiner Emilie in späteren Jahren mühevoll abtrotzen. Sie hätte den Gatten lieber auf einem Beamtenposten gesehen.
Zu erwähnen wären außerdem eine Edition der Theaterkritiken Fontanes, und nicht zuletzt eine Reihe prachtvoller Bildbände über die Mark Brandenburg, der Fontane mit seinen landeskundlichen "Wanderungen" ein Denkmal setzte. Es herrscht also kein Mangel an aktueller Fontane-Literatur - eher ein gewisses Überangebot. Die schiere Publikationsmenge, die das Geburtstagsjubiläum dem Buchmarkt beschert, erinnert an Besuche in Restaurants, deren nicht enden wollende Speisekarte die Bestellung eher erschwert als erleichtert. Die Hörer dieser Sendung dürfen indes eine kleine Auswahl an Empfehlungen erwarten, die dem Geldbeutel und der Lesezeit angemessen ist.
"Balzac schuf den gewaltigen Zyklus der ‚Comedie humaine‘, Zola die zwanzig Bände der ‚Rougon-Macqart‘. Fontane, vielleicht weniger ehrgeizig, weniger besessen, gewiss auch skeptischer gegenüber der Idee der Vollständigkeit, der epischen Totalität, sah davon ab, seine Bücher als Zyklus zu komponieren. Trotzdem kann man sie als Teile einer großen, übergreifenden Chronik ansehen. Liest man sie im Zusammenhang, meint man zu erkennen, worauf es Fontane ankam, nämlich auf die immer genauere, umfassendere, sich ständig verfeinernde Lebenswirklichkeit seiner Zeit. Hof und Adel, Militär und Geistlichkeit, das große und das kleine Bürgertum, Besitz und Bildung, der vierte Stand, Näherinnen und Putzmacherinnen, nicht zuletzt das Judentum in seinen Spielarten und sogenannte Künstlerkreise – dies alles ist in reicher Personenfülle vertreten, ergibt ein soziales Spektrum, das anders zusammengesetzt sein mag als dasjenige Balzacs und Zolas, aber nicht weniger vollständig, nicht weniger umfassend ist."
Erfinder des Deutschen Romanrealismus
So bettet Hanjo Kesting Fontane in die Literaturgeschichte ein. Kestings nicht mehr als neunzig Seiten umfassender, im Wallstein Verlag erschienener Streifzug durch die großen Romane Fontanes ist ein Musterbeispiel konziser Literaturdarstellung, von enormer philologischer und historischer Kenntnis und dabei für jeden Leser leicht zugänglich. Nicht zufällig stellt er Fontane in eine Reihe mit den Franzosen Zola und Balzac. Denn Kestings Hauptinteresse gilt dem Erfinder des literarischen Realismus deutscher Sprache, dem Chronisten…
"… der Jahre zwischen 1870 und 1895, der sogenannten Gründerzeit. Seine Romane seit L´Adultera von 1880 spielen fast allesamt in dieser Zeit, die man auch die Bismarck-Zeit nennt. Bismarcks Brandenburg und Preußen, das junge deutsche Reich mit der expandierenden Hauptstadt Berlin bilden darin Hintergrund und Kulisse, wachsen zuweilen in die Rolle eines Protagonisten. All diese Bücher sind bestimmt von der Atmosphäre und Lebensform, der Topografie und nicht zuletzt dem Dialekt des zeitgenössischen Berlin. Sie handeln von affaires d´amour, von Ehe und Ehebruch, unstandesgemäßer Liebe und von Beziehungen, die der gesellschaftliche Kodex der Zeit für unerlaubt erklärte."
Ehebruch – bei diesem Stichwort steht sie jedem sofort vor Augen, die berühmteste aller Fontane-Figuren, die früh an den pedantischen Baron von Instetten verheiratete und tragisch endende Effi Briest, das exemplarische Opfer der engstirnigen Moral einer überlebten Epoche. Aber war sie wirklich nur Opfer? Nein, behauptet der Schriftsteller Burkhard Spinnen. Sie hat an ihrem traurigen Schicksal auch mitgewirkt. Nicht, weil sie sich mit dem Verführer Crampas einließ, sondern weil sie es unterließ, eine erwachsene Frau zu werden.
"Effi bleibt das sorglos-verspielte Kind, das man sie so lange hat sein lassen. Sie ist jetzt zwar die Gattin eines bedeutenden Mannes, sie führt ein Haus, und wird selbst Mutter; doch sie tut nichts, um in diese Funktionen hineinzuwachsen, sie auszufüllen und damit, freilich nach Maßgabe der Möglichkeiten, eine eigene Identität zu gewinnen. Nein, das kann Effi nicht. Das hat sie nicht gelernt, das muss sie also nicht können. Und vielleicht ist es ja auch zu langweilig. Egal, schuld sind jedenfalls die anderen. Man kennt das: Da hat einer die Schule längst verlassen, wirft aber bei allein auftauchenden Problemen seinen Lehrern vor, dass sie ihm nicht beigebracht haben, damit klarzukommen. Ähnlich Effi. Gut, sie hat natürlich recht; man hat sie belogen und verkauft. Aber sie macht auch keinen ernsthaften Versuch, aus ihrer Rolle als Opfer auszubrechen."
Neben der Biografie von Iwan Michelangelo D´Aprile und Hanjo Kestings literaturhistorischer Tour d`Horizon soll Burkhard Spinnens im Schöffling Verlag erschienener Essay über "Fontanes zeitlose Heldinnen" als dritte Empfehlung aus dem Büchermeer gelten. Alle drei sind bestens geeignet, Leben und Werk des erst postum zum Erfolgsschriftsteller aufgestiegenen Romanciers nahezukommen. Genauer gesagt: Seiner Gegenwärtigkeit. So unterschiedlich die drei Bücher in Umfang und Methode auch sind: Sie zeigen Fontane in einem moderneren Licht als die Nostalgieprosa von Reiseführern, mit denen Touristen am Neuruppiner Marktplatz vor dem Haus stehen, in dem sich einst die Löwen-Apotheke der Fontanes befand.
Sie rücken das Bild gerade, das der viel beschworene Plauderton der dialogintensiven Gesellschaftsromane begünstigen mag: Das Bild Theodor Fontanes als moderater Persönlichkeit, die nichts besser charakterisiert als die Altersweisheit, die der Autor Effis Vater am Ende des Romans in den Mund legt: "Das ist ein weites Feld". Dieses Image ist nicht zufällig. Es bedient eine restaurative Sehnsucht nach provinzieller Überschaubarkeit und den vermeintlich geordneten Verhältnissen des preußischen Zeitalters. Beides hat mit der Literatur Fontanes nichts zu tun. Erstens spielen zahlreiche seiner bedeutenden Romane in der Großstadt Berlin, angefangen mit "L´Adultera" aus dem Jahr 1882, der das Spätwerk Fontanes einleitet, bis zu "Irrungen, Wirrungen", "Unwiederbringlich", "Stine", "Frau Jenny Treibel", "Die Poggenpuhls" und "Mathilde Möhring", die zwischen 1888 und 1906 entstanden. Zweitens kann von biedermeierlicher Beschaulichkeit im kulturhistorischen Kontext dieser Romane keine Rede sein.
Technik, Industrie und Medien
"Die sämtliche Lebensbereiche betreffenden Umbrüche durch technische Erfindungen, beschleunigte Globalisierungsprozesse, neue Verkehrs- und Kommunikationsmittel, Medienrevolutionen und soziale und politische Emanzipationsbewegungen hat Fontane nicht nur hautnah miterlebt, sie prägten auch unmittelbar seine literarische Praxis".
So umreißt Iwan Michelangelo D´Aprile das Erkenntnisinteresse seiner Biografie, die im Untertitel nicht zufällig "Ein Jahrhundert in Bewegung" heißt. Das klingt nach Dynamik, nach Unruhe und den asynchronen Prozessen des jungen Industriezeitalters. Natürlich berichtet D`Aprile auch aus der Privatsphäre des Lebens Theodor Fontanes, dessen Kindheit alles andere denn harmonisch verlief.
"Wenn der Vater wieder einmal alles beim Spiel verloren hatte und der nächste Ehekrach gefolgt war, lag er tagelang depressiv vor sich hinstarrend "ausgestreckt auf dem Sofa", wo ihn das verschreckte Kind fand. Als die Eltern im Jahr 1849, bereits in Trennung lebend, ihren dreißigsten Hochzeitstag begingen, verglich Fontane in einem Widmungsgedicht deren Ehe nur halb scherzhaft mit dem Dreißigjährigen Krieg. Die zahllosen unglücklichen Ehen und Familienkatastrophen, die Fontane später literarisiert hat, hatten hier ihren biografischen Ursprung."
Aber D`Aprile betrachtet das Private immer vor dem Hintergrund der beruflichen, wirtschaftlichen und politischen Situation Fontanes, die wiederum das Bild seiner Zeit spiegelt. So ist es nur konsequent, dass die Dramaturgie der Biografie den drei Stationen der Berufslaufbahn Theodor Fontanes folgt: Apotheker bis zum dreißigsten Lebensjahr, Journalist bis kurz vor dem sechzigsten Lebensjahr und schließlich Romancier. Auch als Journalist verfasste Fontane eine Reihe von Büchern, Balladensammlungen, die Serie seiner Kriegsbücher und die heute legendären "Wanderungen durch die Mark Brandenburg". Aber er hatte weder ein nennenswertes Lesepublikum noch einen gesicherten Platz in der Literaturszene seiner Zeitgenossen.
"Während er von den bourgeoisen Großliteraten und Meinungsführern seiner Zeit wie Gustav Freytag oder Julian Schmidt immer nur von oben herab behandelt und von Karl Gutzkow als bloßer literarischer Dilettant wahrgenommen wurde, konnte er mit den Publikumserfolgen der von ihm künstlerisch eigentlich als unterlegen angesehenen Unterhaltungsschriftsteller nicht mithalten."
Theodor Fontane wurde von seinen jungen bis zu seinen älteren Jahren von einem bohrenden Dauerproblem begleitet: Dem Problem ausreichend Geld zu verdienen, sich und seine Familie auf halbwegs bürgerlichem Standard zu halten. Er war, was man heute einen prekären Kreativen nennt, der mal für eine Werbeagentur, dann für eine Filmproduktionsfirma arbeitet, sich nebenbei als Gagschreiber einer Comedy-Show verdingt und von dem Lottogewinn träumt, der ihn endlich zu dem Schriftsteller werden ließe, als den er sich betrachtet.
"Um die 400 Taler jährlich zu verdienen, die nach gängiger Vorstellung von ‚Hinz und Kunz‘ ‚das Glück des Lebens‘ bedeuteten und die Fontane veranschlagte, um endlich heiraten zu können, war er zu beinahe allem bereit. Versteckt in der langen Liste von in Frage kommenden Tätigkeiten nennt Fontane auch die Möglichkeit, sich als ‚Redacteur einer gesinnungslosen Zeitschrift‘ und ‚ministerieller Zeitungsleser und Berichterstatter‘ anzudienen. Es ist die erste Erwähnung des Weges, den Fontane ab Ende 1850 beruflich einschlagen wird und der nach anfänglichen Hindernissen für die kommenden Jahrzehnte die Subsistenz der Familie sicherte".
Dieser Weg führte Theodor Fontane, den ehemaligen Barrikadenkämpfer der Revolution von 1848 ins Feld des politischen Feindes, in die Redaktionsräume der reaktionären, strikt antiliberalen und antisemitischen Kreuzzeitung, was, in heutige Verhältnisse übersetzt, einer Autorenschaft der linksliberalen Philosophin Carolin Emckes bei der BILDZEITUNG gleichkäme.
Politische und künstlerische Selbstverleugnung
"Alles, was der Journalist Fontane zwischen 1850 und 1870 schrieb, stand somit unter Regierungsvorbehalt oder, wie es Fontane später mit Blick auf die adligen Herrschaftsschichten in Preußen formuliert hat, ‚unter agrarischer Kontrolle‘."
Nicht weniger demütigend war für Fontane die Tätigkeit als angestellter Regierungskorrespondent, die sich der als Redakteur der Kreuzzeitung anschloss. In seinem 58. Lebensjahr ist er der persönlichen, politischen und künstlerischen Selbstverleugnung nicht mehr gewachsen. Er kündigt seine Beamtenstelle, nimmt dafür wirtschaftliche Risiken und einige Ehekrisen in Kauf.
"Die Kündigung von 1876 markiert nach der Aufgabe des Apothekerberufs die zweite große Zäsur in Fontanes Laufbahn. Der über ein Vierteljahrhundert währende Lebensabschnitt in preußischen Diensten und die damit verbundene Autorenrolle als regierungsnaher Journalist und vaterländischer Schriftsteller endet - und es beginnt zugleich die Ära des Romanschriftstellers Fontanes. Seinem Entschluss liegt die Einsicht zugrunde, dass sich Staatsdienst und schriftstellerische Ambitionen nicht mehr unter einen Hut bringen ließen. Ohne die Kündigung – das ist die gute, wenn auch erst im Nachhinein formulierbare Nachricht - hätte es wohl keinen einzigen Fontane-Roman gegeben."
Es sind solche Passagen in D´Apriles Biografie, die den Betulichkeitsnebel um den Schriftsteller vertreiben und ihn im Licht der historisch-empirischen Wirklichkeit zeigen. Nach der Lektüre dieser Biografie sieht man eine andere Persönlichkeit vor sich: Nicht den meditativen Provinzwanderer - der Fontane gar nicht war, er erforschte die Mark Brandenburg bevorzugt mit Kutschen und Schiffen – sondern den polyglotten Autor, der mehrere Jahre in London lebte und den europäischen Kontinent zahllose Male bereiste. Nicht den ausgeruht über den Dingen stehenden, sondern den getriebenen, in die Konflikte seiner Epoche tief verstrickten Menschen. Und man begreift seine Epoche nicht als historisch abgelegte, sondern als Frühstadium unserer Zeit. Die Befreiung Theodor Fontanes, seiner Romane und speziell seiner weiblichen Romanfiguren aus der Mottenkiste, das ist auch das erklärte Ziel von Burkhard Spinnen.
Fontanes Frauen
"Man muss nur damit aufhören, zum Beispiel ‚Effi Briest‘ als eine literarisierte Exemplifizierung des unmenschlichen Scheidungsrecht im wilhelminischen Kaiserreich zu verstehen, und stattdessen beobachten, wie ein unerfahrener junger Mensch auf seine Manipulation reagiert. Und statt ‚Irrungen, Wirrungen‘ bloß als Beispiel für die Standesschranken in einer von der Aristokratie dominierten Gesellschaft zu lesen, müsste man den Blick auf das lenken, was geschieht, wenn Menschen ihre Herzenswünsche mit sogenannten Vernunftgründen unterdrücken."
Spinnens kleinformatige Essayschrift "Und alles ohne Liebe" ist mit 109 Seiten der schmalste Fisch im Büchersee, aber der originellste. So hat man Fontanes Romanheldinnen noch nie gesehen: Arrangiert zu einer Art Familienaufstellung.
"Zunächst einmal habe ich Fontanes acht ‚Berliner Romane‘, also die Texte, die in den 1870er und 1880er Jahren in Berlin spielen, in eine bestimmte Reihenfolge gebracht, und zwar nach Maßgabe dessen, wie stark und wie erfolgreich die weiblichen Hauptfiguren versuchen, ihre familiären und gesellschaftlichen Prägungen und Bestimmungen infrage zu stellen oder zu überwinden."
Anders gesagt: Burkhard Spinnen liest Theodor Fontanes Gesellschaftsromane unter der Kriterium, auf welcher Position sich ihre Heldinnen auf der Strecke zu einem emanzipierten Frauenleben befinden. Mathilde Möhring aus dem gleichnamigen Roman gelangt ans Ziel. Der Liebeshändel überdrüssig macht sie eine Lehrerinnenausbildung und verdient ihr eigenes Geld. Das ewige Kind Effi Briest kommt über den Startpunkt kaum hinaus. Die kleinbürgerliche Lene Nimptsch wiederum, die sich in "Irrungen, Wirrungen" von ihrer Liebe zu einem Adligen verabschiedet, ist da schon weiter. Anstatt an romantisch gebrochenem Herzen zu sterben, nimmt sie ihr Leben pragmatisch in die Hand. Nicht viel anders machen es Frauen, die Zeitgenossinnen des Jahres sind, an dessen Ende Theodor Fontane seinen zweihundertsten Geburtstag feiert.
Iwan-Michelangelo D'Aprile: "Fontane. Ein Jahrhundert in Bewegung"
Rowohlt Verlag, Hamburg. 544 Seiten, 28 Euro.
Hanjo Kesting: "Theodor Fontane. Bürgerlichkeit und Lebensmusik"
Wallstein Verlag, Göttingen. 88 Seiten 16 Euro.
Burkhard Spinnen: "Und alles ohne Liebe. Theodor Fontanes zeitlose Heldinnen"
Schöffling Verlag, Frankfurt am Main. 109 Seiten, 12 Euro.