Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Bürgerentscheid über Präsidentschaftskandidaten? Mais, non!

Wer soll zum Duell mit dem amtierenden Präsidenten Sarkozy antreten? Das fragen sich die französischen Sozialisten und lassen auch Bürger mitentscheiden, wer kommendes Jahr im April in den Wahlkampf zieht. Die Sozialisten feiern das als Experiment in direkter Demokratie. Ganz anders sieht das die regierende UMP von Nicolas Sarkozy.

Von Ursula Welter | 14.10.2011
    "De Gaulle hat das nicht gewollt". Rund vier Wochen hatte Staatspräsident Nicolas Sarkozy geschwiegen, jedenfalls zum internen Wahlkampf der Sozialisten. Und nun dieser Satz, geäußert beim traditionellen Frühstück des Präsidenten mit den Vertretern der Regierungsmehrheit.

    "De Gaulle hat das nicht gewollt". Nicht gewollt, dass die fünfte Republik zur Geisel der Parteien werde, frischte Nicolas Sarkozy das Geschichtsgedächtnis seiner Landsleute auf. Henri Guaino, der engste Berater des Präsidenten, wurde ausgeguckt, um diese Botschaft aus dem Elysée-Palast zu verbreiten.

    Wir haben in der fünften Republik zwei Wahlgänge, um den Präsidenten zu wählen, nicht vier, sagte Guaino, vier sind es, die Vorwahlen der Sozialisten eingerechnet. Und der Präsidentenberater geht noch einen Schritt weiter: Das Verfahren der Opposition sei hart an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit, jedenfalls nicht vereinbar mit den Prinzipien der fünften Republik.

    Damit drehte der Wind im Regierungslager nach dem ersten Wahlgang der Opposition deutlich. Wenige Tage zuvor hatte Premierminister Fillon noch gesagt, die Methode der Vorwahlen sei modern und, ob für rechts oder links, geeignet für alle großen Wahlgänge.

    Mit den Äußerungen aus dem Elysée-Palast wurde es still um diese Meinung von Francois Fillon.
    Die Sozialisten nahmen die Zurechtweisungen von oben gelassen, ohnedies sind sie mit sich selbst beschäftigt. Am Sonntag steht der zweite, der entscheidende Wahlgang ins Haus. Die beiden langjährigen Parteivorsitzenden, Martine Aubry und Francois Hollande, treten an. Er gilt als der Favorit, sie kämpft mit den härteren Bandagen.

    Man könne eine harte Rechte nicht mit einer schlaffen Linken besiegen, schrieb Aubry ihren Widersachern ins Stammbuch. Dass sie Hollande gemeint habe, wollte sie später nicht bestätigen, aber der Schuss saß. Denn Francois Hollande gilt als der mit den elastischeren Standpunkten, als anpassungsfähiger. Eine Eigenschaft, die ihm für die entscheidende Wahl am kommenden Sonntag zum Vorteil gereichen kann. Denn es gilt, auch die Anhänger der am vergangenen Wochenende unterlegen Kandidaten einzusammeln. Die Stimmen seiner früheren Lebensgefährtin, Segolene Royal, hat Hollande sicher, auch die des Kandidaten Manuel Valls vom rechten Parteirand. Großes Gewicht aber werden die Anhänger des Drittplatzierten haben. Arnaud Montebourg, der mit seinen Forderungen nach staatlicher Aufsicht für die Banken und nach "Deglobalisierung", wie er es nennt, rund 400.000 Stimmen hatten mobilisieren konnte.

    Wohin werden Montebourgs Anhänger nun ziehen? Er habe die Botschaft verstanden, sagt Hollande, aber einen Zickzackkurs werde er jetzt nicht beginnen, er bleibe bei seiner Linie.

    Martine Aubry unterstreicht, Montebourgs Thesen, das seien auch ihre Thesen und tatsächlich ist die inhaltliche Übereinstimmung groß.

    Ob das für Aubry reichen wird? Auch vor dem zweiten Wahlgang liegt Francois Hollande in den Umfragen vorne. Die Regierungspartei UMP wird also vom kommenden Sonntag an wissen, mit welchem Kandidaten sie es seitens der Sozialisten zu tun bekommt.

    Dass sich Nicolas Sarkozy zur Wiederwahl stellt, daran zweifelt in Frankreich niemand ernsthaft. Obwohl es Unruhe im Regierungslager gibt. Die Umfragewerte sind schlecht, das anhaltende Schweigen des Präsidenten zur eigenen Kandidatur und die große mediale Aufmerksamkeit für die Vorwahl der Sozialisten, lässt die Nervosität steigen. So gibt es hie und da zaghafte Fragezeichen hinter Sarkozys Kandidatur. Einer, der in den Umfragen besser abschneidet, als sein Chef, ist Außenminister Alain Juppé. Obwohl oder weil das so ist, wird der nicht müde zu sagen, Sarkozy sei der beste aller Kandidaten, und er, Alain Juppé, werde Nicolas Sarkozy mit aller Kraft unterstützen.