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Bufdi statt Zivi

Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht verschwindet ab Juli auch der Zivildienst. Zwar gibt es den neuen Bundesfreiwilligendienst, doch das Wegfallen der Zivis werden die Bufdis allein nicht auffangen können. Denn bislang haben nur wenige der Adressaten vom Bundesfreiwilligendienst überhaupt gehört.

Von Katja Bigalke | 08.04.2011
    Jens Kreuter hat im Moment richtig viel zu tun. Da es ab dem 1. Juli keine Zivildienstleistenden mehr gibt, wird sich auch sein Aufgabenbereich maßgeblich verändern. Statt für Zivis wird der Bundesbeauftragte dann für Bufdis zuständig sein. Also für Menschen, die sich für den Bundesfreiwilligendienst entscheiden. Zwar ist der neue Dienst im Prinzip nichts anderes als ein Freiwilliges Soziales Jahr: Er dauert zwischen sechs Monaten und zwei Jahren, wird bei gleichen Trägern absolviert und mit einem Taschengeld von bis zu 330 Euro bezahlt. Aber die Strukturen aus dem Zivildienst müssen dem neuen Freiwilligendienst noch angepasst werden, und da der Bufdi wegen der Aufhebung der Altersbegrenzung auch ein alter Mensch sein kann, wird auch die pädagogische Begleitung neu justiert:
    "Also die Umstellung von dem Zivildienst auf den Bundesfreiwilligendienst ist ganz sicher eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte. Ich glaube, inzwischen haben alle verstanden, dass es in der Herausforderung eine tolle Chance gibt, jetzt auf Freiwilligkeit umzusteigen auch mit viel Geld und viel politischer Unterstützung um Freiwillige zu werben."

    Kreuter ist eigentlich optimistisch. Das Gesetz müsse jetzt nur noch durch den Bundesrat und vom Bundespräsidenten unterschrieben werden, dann habe man eine sehr gute Planungsgrundlage. Wenn es gut läuft, sollen dieses Jahr immerhin 35.000 Bufdis den Dienst antreten. Warum die Träger bislang so zögerlich für den Dienst werben, versteht Kreuter nicht ganz.

    "Es gibt seit Anfang Januar einen Newsletter, in dem sehr praxistauglich beschrieben wird, was man jetzt tun muss - wer den nicht abonniert hat, der will es nichts wissen."

    Diesen Vorwurf weist Christel Buschke, Zuständige für den Zivildienst bei der Diakonie Berlin, strikt von sich. Natürlich habe man Interesse am Bundesfreiwilligendienst. Aber viele Rahmenbedingungen seien eben immer noch nicht klar:

    "Wie ist es mit der Zahlung für Hartz-IV-Empfänger, wie ist es mit dem Kindergeld? Die Ausführungsbestimmungen fehlen noch. Die Informationslage ist nicht wirklich gut. Das Ministerium wird wahrscheinlich erst im Mai mit der Öffentlichkeitsarbeit beginnen können, wenn das Gesetz unterschrieben ist - dann ist es erst rechtsgültig und dann geht es mit der Offensive los."

    Im Moment taucht der Hinweis auf den Bundesfreiwilligendienst auf der Diakonie-Hompage nur als Unterpunkt zum freiwilligen sozialen Jahr auf. Und die komplizierte Powerpoint-Präsentation hilft auch nicht wirklich weiter:

    "Ja wie gesagt, wir sind dabei da was zu entwickeln und wir hoffen, dass wir bis Ostern da etwas haben."

    Dieser Terminplan wäre auch wichtig, denn die Haupt-Zielgruppe, junge Menschen, die kurz vor dem Schulabschluss stehen, scheinen vom Bundesfreiwilligendienst bislang wenig gehört zu haben: Stichprobe in der Oberstufe am Leibniz Gymnasium in Berlin Kreuzberg:

    " Bundesfreiwilligendienst? Nö. - Das ist doch das statt Bundeswehr oder? - Ist doch, wenn man ein Jahr ins Ausland geht. - Ist doch, wenn die Bundespflicht abgeschafft wurde und jetzt kann man den Bundesfreiwilligendienst machen. - Ich glaube ist der Ersatz für den Zivildienst, den es nicht mehr gibt. "
    Vielleicht wird ja die Kampagne der Arbeiterwohlfahrt nun helfen, den stockenden Informationsfluss ein wenig zu beschleunigen. Trotz aller Unklarheiten sucht die AWO seit letzter Woche ganz gezielt junge Leute, die die Aufgaben der Zivildienstleistenden übernehmen. Auf der Homepage und Facebookseite AWO freiwillich - mit ch - können sich Interessierte informieren und Einsatzstellen suchen. Ehemalige Zivis und Absolventen des freiwilligen sozialen Jahrs - sogenannte FSJler - berichten aus ihren Einsatzgebieten, werben für einen Freiwilligendienst. Auf die komplizierte Trennung zwischen Bufdi und FSJler habe man dabei bewusst verzichtet sagt Wolfgang Stadler, Vorsitzender der AWO.

    "Wir wollen vermeiden, dass sich junge Menschen nicht mehr identifizieren können welcher Dienst ist das. Wir haben kritisiert, dass da Doppelstruktur entsteht und da setzen wir an und machen eine Kampagne für alle Dienste, wenn ihr Interesse habt, dann meldet euch und wir finden auch eine Stelle für euch. Wir müssen um sie werben ganz aktiv werben bisher kamen die Zivis ganz von selbst wir machen das jetzt auf sie zugehen und auch darstellen, was für ein Mehrwert das darstellt. Ich hoffe, dass wir noch einige erwischen. Aber wir sind spät dran."

    Programmtipp

    Auch die Sendung Hintergrund im Deutschlandfunk befasst sich heute ab 18:40 Uhr mit dem Ende des Zivildienst nach 50 Jahren.