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Bundesbildungsministerium
130 Millionen Euro für Flüchtlingsprojekte

Die Integration von Flüchtlingen funktioniert vor allem über Ausbildung und Beruf - dessen ist sich Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sicher. Deswegen will sie vor allem in Maßnahmen zum Deutsch lernen investieren. Außerdem sollen Berufsabschlüsse schneller anerkannt werden und BAföG früher beantragt werden dürfen.

Von Christine Habermalz | 30.09.2015
    Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU)
    Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) (picture alliance / dpa / Ole Spata)
    Bis zu einer Million Flüchtlinge werden für dieses Jahr in Deutschland erwartet. Viele sind lern- und arbeitswillig, sie zu integrieren, wird in den kommenden Jahren vor allem davon abhängen, wie gut es gelingt, die Menschen schnell in Ausbildung und Beruf zu bringen. Das Bundesbildungsministerium will nun in den kommenden zwei Jahren dafür zusätzlich 130 Millionen Euro in die Hand nehmen.
    "Wir wissen, dass über die Hälfte derer, die jetzt zu uns gekommen sind, unter 25 Jahren sind. Also in einem Alter, in dem man normalerweise Schule, Ausbildung, diese Phasen in seinem Leben hat, und deswegen wird Integration durch Bildung der zentrale Schwerpunkt, wenn die Grundversorgung gewährleistet ist in den nächsten Jahren," erklärt Bundesbildungsministerin Johanna Wanka. Das Geld soll vor allem dem Deutschlernen zu Gute kommen, es fließt etwa in die Entwicklung von Apps, die auf Smartphones geladen werden können, und mit deren Hilfe jeder kostenlos Deutsch lernen kann.
    Fertigkeiten durch Interviews und Arbeitsproben nachweisen
    Weil Deutschlehrer fehlen, sollen Ehrenamtliche in Schnellkursen zu Lernbegleitern ausgebildet werden. Und es gehe darum, die Anerkennung von Berufsabschlüssen zu beschleunigen. Dazu verwies Wanka auf das bereits 2012 beschlossene "Anerkennungsgesetz", das jedem Migranten das Recht einräumt, seine Qualifikation bewerten zu lassen - auch wenn keine Zeugnisse vorliegen.
    "Wir haben viele Flüchtlinge, die sicher keine formale Qualifikation haben, wir wissen ja, dass die duale deutsche Ausbildung etwas ist, was es nicht überall auf der Welt gibt, die aber Kompetenzen haben und die Kenntnisse haben, die trotzdem für den Arbeitsmarkt jetzt unmittelbar nützlich werden und für den einzelnen Flüchtling die Möglichkeit, dass sie Arbeit finden können."
    Das Anerkennungsgesetz bietet schon jetzt auch die Möglichkeit, berufliche Fertigkeiten durch Interviews und Arbeitsproben nachzuweisen. Doch das kostet Zeit und Personal - und gelingt nur mithilfe der Handwerkskammern. Zudem deckt das Anerkennungsgesetz nur wenige Berufe ab.
    "Und hier wollen wir auch Angebote machen, damit sie sich schnell einschätzen können, und auch hier wollen wir mit der Wirtschaft schnelle Module entwickeln, wie es ihnen gelingt, sich schnell ein Stück weit selbst einzuschätzen, was dann auch wieder über Apps und anderes funktionieren soll."
    Schneller BAföG beantragen
    Schließlich will das Ministerium in den Kommunen Koordinatoren finanzieren, die Bildungsangebote organisieren und Ansprechpartner miteinander vernetzen. Dieses Angebot könnten alle rund 400 Kreise und kreisfreie Städte ab 2016 in Anspruch nehmen, sagte Wanka.
    Wankas Apps seien ja schön und gut, aber man komme nicht drum herum, auch zusätzliche Leute etwa für Sprachkurse einzustellen, kritisiert dagegen Anna Schmauder. Die Studentin arbeitet in Heidelberg ehrenamtlich für die Initiative "Offene Uni Heidelberg", die sich dafür einsetzt, Hürden abzubauen für Flüchtlinge, die studieren wollen:
    "Das sind drei Arten von Hürden, zunächst kommunikativ, sprachlich und finanziell. Es geht einmal darum, überhaupt erst die Angebote, die es gibt, sichtbar zu machen und auch an die Interessenten heranzutragen. Es gibt zum Beispiel den Kultusministerkonferenzbeschluss von 1985, danach kann man studieren, auch wenn man nicht alle Nachweise vorliegen hat."
    Danach genügen auch indirekte Belege wie Zeitungsausschnitte von Schulabschlussfeiern oder nicht beglaubigte Kopien. Doch von dieser Regelung wüssten die studierwilligen Flüchtlinge gar nichts. Bundesweit fehlen zudem Plätze an Studienkollegs, in denen Zuwanderer auf das Studium in Deutschland vorbereitet werden - obwohl Wanka angekündigt hat, 2.400 zusätzliche Plätze finanzieren zu wollen. Bislang konnten Asylbewerber und Geduldete zudem erst nach vier Jahren Aufenthalt in Deutschland BAföG beantragen. Das soll nun mit der BAföG-Novelle ab dem 1. Januar 2016 auf 15 Monate reduziert werden.