Dienstag, 19. März 2024

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Bundeselternrat zu Unterichtsausfällen während Corona
"Noch so ein Schuljahr können wir uns nicht erlauben"

Trotz Hygienekonzepten werde es im neuen Schuljahr zu regelmäßigen Lockdowns kommen, sagte der Vorsitzende des Bundeselternrats, Stephan Wassmuth, im Dlf. Der Unterricht müsse dennoch weitergehen - auch angesichts der sinkenden Motivation von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern.

Stephan Wassmuth im Gespräch mit Peter Sawicki | 03.08.2020
Blick in ein leeres Klassenzimmer mit Einzeltischen nach Abstandsregel
Ein leeres Klassenzimmer mit Einzeltischen nach Abstandsregel (imago images / Michael Weber)
Die Sommerferien sind im ersten Bundesland vorbei. In Mecklenburg-Vorpommern beginnt am Montag (03.08.2020) die Schule wieder. Doch wie sicher ist Präsenzunterricht in Coronazeiten und wie gut ist man darauf vorbereitet?
Zunächst einmal sei er sehr froh, dass es wieder losgehe und es Präsenzunterricht gebe - auch wenn man dabei großes Bauchweh habe, sagte der Vorsitzende des Bundeselternrats, Stephan Wassmuth im Dlf.
Festgelegte Gruppen, ein zeitversetzter Schulbeginn, ein eigener Pausenhof für die einzelnen Gruppen - dieses Konzept für Schulen in Mecklenburg-Vorpommern könne sicherlich funktionieren, allerdings habe man große Bedenken bezüglich der Aerosole. Eine Studie der TU Berlin habe recht deutlich ausgesagt, "dass mit fünfminütigem Lüften die Aerosole aus dem Klassenraum nicht raus können."
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Hinzu komme, dass es viele verschiedene Schulen gäbe. "Wir haben Schulen aus dem 19. Jahrhundert, Altbauten, wir haben Schulen aus dem 21. Jahrhundert." An einigen könnte man die Fenster gar nicht richtig öffnen oder habe nur ganz schwierige Möglichkeiten der Lüftung. "Diese Klassenräume können wir dann natürlich nicht nutzen", so Wassmuth. "Da fehlen uns leider auch so ein paar Lösungsansätze, die uns das Kultusministerium hätte geben müssen."
Wassmuth: Lehrpläne "Jahrgangsstufen-mäßig" entschlacken
Zudem hätte er sich gewünscht, dass man sich über die Lehrpläne Gedanken macht. Diese hätte man "Jahrgangsstufen-mäßig wirklich entschlacken müssen". Das sei aber nicht passiert.
Mecklenburg-Vorpommern habe den Vorteil, dass es nur wenige Infektion gebe, "aber es wäre fatal, wenn diese Infektionen sich da jetzt verbreiten" und es zu regelmäßigen Lockdowns käme, so Wassmuth im Dlf. "Das ist unsere große Befürchtung, die wir im Moment haben." Im Hinblick auf die Hygienemaßnahmen an Schulen kochten die einzelnen Bundesländer jeweils ihr eigenes Süppchen, dabei wäre eine Einheitlichkeit und Vorgabe als Signal an die Eltern wichtig gewesen. "Und den vermissen wir halt leider."
Um Schulschließungen zu vermeiden, fordere der Bundeselternrat eine Mischung aus Präsenzunterricht und "qualifiziertem Fernunterricht": "Wir hoffen, das ist etwas, worauf sich die Länder vorbereitet haben".
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)

Das Interview in voller Länge:
Peter Sawicki: Wie groß ist bei Eltern die Erleichterung, dass es jetzt wieder Schule vor Ort gibt?
Stephan Wassmuth: Wir sind auf jeden Fall erst mal sehr froh, dass es wieder losgeht und dass wir Präsenzunterricht anbieten können, haben natürlich großes Bauchweh dabei. Das haben wir eben auch gehört, der Landeselternrat Mecklenburg-Vorpommern hat ja ganz klar da eine Äußerung zu abgegeben, und ich glaube, dass ist auch ganz wichtig, dass wir diese Äußerungen aufgreifen der Landeselternbeiräte, die letztendlich fordern, dass wir die Hygienemaßnahmeregeln wirklich ohne wenn und aber umsetzen müssen, weil die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler und der Lehrkräfte steht natürlich im Vordergrund.
Sawicki: Dann schauen wir doch mal genauer drauf, was da geplant ist in Mecklenburg-Vorpommern jetzt konkret, dass es da also Gruppen gibt, bestehend in der Regel aus zwei Jahrgangsstufen, zumindest an den weiterführenden Schulen. Zeitversetzten Schulbeginn soll es geben, einen eigenen Pausenhof für die Gruppen jeweils, und diese Gruppen sollen sich dann auch nicht zu nahe kommen. Kann das funktionieren?
Wassmuth: Das kann sicherlich schon funktionieren. Wir haben natürlich große Bedenken bezüglich der Aerosole, da gab es ja in der letzten Woche die Studie der TU Berlin, wo relativ deutlich gesagt worden ist, dass mit fünfminütigem Lüften die Aerosole aus dem Klassenraum nicht rauskönnen. Wir müssen natürlich immer sehen, wir haben ganz verschiedene Schulen. Wir haben Schulen aus dem 19. Jahrhundert, Altbauten, wir haben Schulen aus dem 21. Jahrhundert. Das sind Sachen, wo du teilweise die Fenster in den Schulen letztendlich gar nicht öffnen kannst, wo du eine ganz schwierige Möglichkeit der Lüftung hast, wo nur einen Spalt weit was aufgeht. Diese Klassenräume können wir natürlich nicht nutzen, und da stellt sich für uns die Frage, in welche Räumlichkeiten weichen wir dann aus. Da fehlen uns leider auch so ein paar Lösungsansätze, die uns die Kultusministerien letztendlich hätten geben müssen, und die können wir im Moment nicht erkennen. Deswegen haben wir auch, wie gesagt, trotz der Freude über den Beginn des Präsenzunterrichts, großes Bauchweh.
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"Wäre natürlich fatal, wenn diese Infektionen sich da jetzt verbreiten"
Sawicki: Was hätten Sie sich da genauer gewünscht an Ergänzungen?
Wassmuth: Wir hätten uns natürlich gewünscht, A, dass man sich über die Lehrpläne Gedanken macht. Das ist aus unserer Sicht nicht erfolgt. Das heißt, die Lehrpläne hätte man jahrgangsstufenmäßig wirklich entschlacken müssen, auch über das, was ist im letzten Jahr oder im letzten Schuljahr letztendlich nicht gelaufen. Das wäre ein wichtiger Punkt gewesen. Diese Idee gab es ja seit Langem. Leider ist das offenbar nicht aufgegriffen worden. Weiterhin hätten wir uns natürlich gewünscht, man hätte gegebenenfalls nach Ausweichmöglichkeiten gesucht. Mecklenburg-Vorpommern hat sicherlich den großen Vorteil, dass es ein Flächenstaat ist, wo wir relativ wenig Infektionen auch haben, aber es wäre natürlich fatal, wenn diese Infektionen sich da jetzt verbreiten und wenn wir wirklich zu regelmäßigen Lockdowns kommen. Das ist unsere große Befürchtung, die wir im Moment haben.
Sawicki: Würde eine Maskenpflicht an allen Schulen dabei helfen, solche Infektionen zu verhindern?
Wassmuth: Ich denke schon, dass es auf jeden Fall hilfreich wäre. Wir sehen ja auch, dass einzelne Bundesländer diese Maskenpflicht eingeführt haben. Was natürlich eine Problematik ist, ist sicherlich, dass man den ganzen Tag diese Maskenpflicht letztendlich gar nicht einhalten kann. Es ist, glaube ich, für jeden, der das kennt, wirklich eine Schwierigkeit, diese Maske den ganzen Tag aufzuhaben oder während des Unterrichts aufzuhaben. Das ist schon belastend. Man merkt es auch täglich beim Einkaufen. Wenn das eine viertel Stunde ist, ist das gar kein Problem. Wenn es wirklich über mehrere Stunden eines Vormittags geht, ist es belastend. Ob es jetzt wirklich auch gesundheitsschädigend ist, kann ich nicht beurteilen, dafür bin ich kein Biologe, aber man merkt schon, dass man diese Maske ständig aufhat.
Sawicki: Aber gut, wenn es einige Bundesländer einführen und Mecklenburg-Vorpommern fürs Erste nicht, also wie soll man da überhaupt eine Akzeptanz für die Hygienemaßnahmen herstellen?
Wassmuth: Das ist genau das Thema, das Sie ansprechen. Es gibt leider keine einheitliche Lösung für die Bundesländer. Jeder kocht da wieder sein eigenes Süppchen. Wir haben das ja schon lange kritisiert, dass zwar die Kultusministerkonferenz Hygienemaßnahmenpläne vorgibt als Rahmenplan, aber dass letztendlich die Ausführung aber bei den jeweiligen Kultusministerien liegt. Das macht es, glaube ich, schwierig. Es geht viel Wirrwarr durch die Medienlandschaft, es geht auch viel Wirrwarr durch die Eltern, weil man überhaupt nicht weiß, was ist jetzt überhaupt das Sinnvolle, was ist nicht das Sinnvolle. Da wäre eine Einheitlichkeit und eine wirkliche Vorgabe, wie man damit umgeht, wichtig gewesen, dass man diesen roten Faden hat, und den vermissen wir leider.
05.02.2018, Bayern, Deggendorf: Heinz-Peter Meidinger, Bundesvorsitzender des Deutschen Philologenverbandes und Schulleiter des Robert-Koch-Gymnasiums in Deggendorf. 
Lehrerverband: "Digitale Ausstattung ist nach wie vor mangelhaft"
Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbandes, hält die Schulen für schlecht vorbereitet auf den Regelbetrieb nach den Sommerferien. Es gebe zu vage Vorgaben für neue Hygienekonzepte.
"In diesen Fällen halten wir den Föderalismus wirklich für ungeeignet"
Sawicki: Heißt das also im Umkehrschluss, dass der Föderalismus an der Stelle sozusagen Lücken aufweist? Müsste man da vielleicht beim Gesundheitsschutz nachbessern?
Wassmuth: Ja, das ist, glaube ich, ein Riesenproblem. Wir sehen das ja auch bei den Gesundheitsämtern. Der Föderalismus ist vom Grundsatz her sicherlich keine verkehrte Geschichte, und wir hören ja auch immer wieder von der Politik, es geht darum, dass das Bildungssystem letztendlich gegenseitig sich Konkurrenz schafft und attraktiv wird. In diesen Fällen halten wir den Föderalismus wirklich für ungeeignet, weil er da wirklich für eine große Verwirrung sorgt und keine Einheitlichkeit bietet.
Genau diese Einheitlichkeit und vor allen Dingen eine Verbindlichkeit für die Lehrkräfte und auch für die Schülerinnen und Schüler und natürlich dann auch für uns Eltern wäre ein ganz wichtiges Signal gewesen in dieser Phase. Wir sehen ja auch, was im Moment gesellschaftlich passiert. Die einen akzeptieren es, die anderen akzeptieren es nicht. Ich glaube, das ist die große Gefahr, dass es immer schlimmer wird. Da hat, glaube ich, keiner Lust drauf.
Sawicki: Wie sieht es mit einem Plan B aus für den Fall, dass es zu Schulschließungen kommt oder wenn einzelne Klassen, einzelne Jahrgänge möglicherweise wegen Ausbrüchen dann vorerst nicht mehr weiter zur Schule gehen können? Ist man darauf, aus Ihrer Sicht, vorbereitet?
Wassmuth: Also Plan B ist ja das, was wir von Anfang an gefordert haben. Normalen Präsenzunterricht braucht man nicht großartig zu planen. Der wird jedes Jahr aufs Neue geplant. Lockdowns brauchen wir auch nicht zu planen, dann ist klar, dann funktioniert nichts. Wir haben immer gesagt, das muss eine Mischung sein aus dem Präsenzunterricht und aus dem letztendlich qualifizierten Fernunterricht. Wir reden ganz bewusst nicht von Homeschooling. Homeschooling ist ja eine Sache, wo die Eltern mit ihren Kindern letztendlich Hausaufgaben machen sollen. Das ist nicht das Ziel, was wir haben. Wenn es zu diesen Lockdowns kommt, muss es letztendlich zu qualifiziertem Fernunterricht geben, und das ist was, wo wir hoffen, dass die Länder sich drauf vorbereitet haben.
Wir haben relativ wenig Resonanz gekriegt auf unsere Fragen dahingehend, ist das vorbereitet. Wir wissen natürlich, obgleich der Problematik, die da ist, dass nicht die Bandbreiten vorhanden sind, dass wir keine Internetverbindungen haben, dass die technischen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Endgeräte fehlen zum Teil, die Kommunikationsmöglichkeiten fehlen, aber das war eine ganz klare Forderung, die wir schon vor den Sommerferien gestellt haben, wo wir gesagt haben, dieses Szenario B, was ja auch von der Friedrich-Ebert-Stiftung mitentwickelt wurde, wo der Bundeselternrat dran beteiligt war, ist was, was alle Länder planen mussten, und ich hoffe, sie haben das getan. Was ich so an Rückmeldungen kriege, lässt mich allerdings fürchten, dass es offenbar nicht in allen Bundesländern so funktioniert hat und man wirklich nach dem Prinzip Hoffnung regiert und man sagt, bei uns wird hoffentlich nichts passieren.
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Sawicki: Oder liegt das vielleicht auch daran, dass bestimmte Schulen oder Bundesländer, ganze Regionen möglicherweise, gar nicht die Möglichkeit haben, gar nicht die Ausstattung zur Verfügung stellen können?
Wassmuth: Das ist das Problem. Ich sage mal, den Digitalpakt kennen wir ja nun mittlerweile, da haben wir jahrelang drüber diskutiert, das ist auch eingesetzt worden. Die Länder argumentieren meistens mit, ja, wir haben das für 2021, 2022 geplant, und haben jetzt natürlich die Problematik, dass es teilweise in den Ländern nicht mal Förderungsrichtlinien gibt, wie wir diese Mittel beantragen können und auch die Kompliziertheit des ganzen Systems. Das heißt, dass Schulen letztendlich Mädchenkonzepte entwickeln müssen. Die gehen an den jeweiligen Schulträger, sprich an die Kommunen oder an die Stadt, und dann kann ich erst diesen Förderantrag beim Land stellen.
Aber wie gesagt, manche Länder haben diese Förderrichtlinien überhaupt noch nicht, und das ist viel zu kompliziert. Man hätte hier eigentlich andersrum handeln müssen, indem man sagt, das Land stellt die Mittel zur Verfügung, und die Schulen kriegen letztendlich einen Auftrag, was sie umzusetzen haben. Dann hätten wir, glaube ich, einiges an Zeit gewonnen und wären jetzt vielleicht auch schon einen Schritt weiter. Das wird unser Mittel sein, wie wir letztendlich überhaupt dieses Schuljahr zu einem einigermaßen normalen Regelbetrieb überleiten können.
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"Wird ganz sicher zu regelmäßigen Lockdowns kommen"
Sawicki: Was glauben Sie, wie lange lässt sich dieser Regelbetrieb realistischerweise aufrechterhalten?
Wassmuth: Ja, das ist eine gute Frage. Wenn ich das wüsste, dann wären wir, glaube ich, weiter.
Sawicki: Also umgekehrt gefragt: Rechnen Sie damit, dass es zwischendurch zu Schulschließungen kommt?
Wassmuth: Es wird ganz sicher zu regelmäßigen Lockdowns kommen in den jeweiligen Schulen. Das ist sicherlich auch regional bedingt. Wir sehen ja auch im normalen gesellschaftlichen Leben, wie schnell einzelne Betriebe im Moment geschlossen werden oder wie die Zahlen hochgehen. Ich selber bin ja auch bei einer Gemeinde beschäftigt und sehe, wie jede Woche oder seit zwei Wochen jeden Tag die Zahlen nach oben schnellen, dass die Infektionsherde größer werden. Wir kriegen jetzt unsere Reiserückkehrer. Das ist sicherlich auch eine Problematik, die wir einfach haben. Die können wir auch nicht wegwischen.
Das macht, glaube ich, es vorhersehbar, dass wir wirklich Schulschließungen kriegen, und da muss natürlich der Unterricht trotz alledem weitergehen. Wir können uns nicht noch mal so ein Schuljahr, Halbjahr erlauben, wie wir es jetzt hatten, dass wirklich der Unterricht komplett ausfällt oder nur mit Homeschooling bedient wird, zumal die Motivation sowohl der Lehrkräfte als auch der Schülerinnen und Schüler natürlich immer mehr nachlässt, weil ja in vielen Bereichen auch noch nicht mal eine Rückmeldung zu Homeschooling-Ergebnissen gekommen ist. Das ist schon so ein bisschen frustrierend und traurig.
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Sawicki: Und was heißt das dann mit Blick auf die Inhalten, mit Blick auf das Schuljahr, die Klassen, die dann den Abschluss machen im kommenden Jahr? Bleiben da viele möglicherweise auf der Strecke im kommenden Jahr?
Wassmuth: Also wir wissen ja jetzt schon, ein Großteil der Schülerinnen und Schüler ist und verlorengegangen bei der ganzen Geschichte. Wir reden ja von 20 bis 30 Prozent. Ich muss ganz ehrlich sagen, gerade die, die dieses ihr Abitur machen oder den mittleren Schulabschluss machen, die tun mir besonders leid, weil wir da wirklich immer mehr das Gefühl haben, es gerät zum Glücksspiel. Wenn die Schule drauf vorbereitet war, die jeweilige Schule vor Ort, dann sind die sicherlich ganz gut mit ihrem Stoff durchgekommen.
Wir haben das auch bei den kleineren Lernklassen gesehen, dass das super funktionierte. Da, wo es nicht hingehauen hat, weil die Kommune vielleicht finanziell leistungsschwach ist und auch die Möglichkeiten nicht hatte, ist relativ wenig gelaufen. Wie gesagt, die Schülerinnen und Schüler haben teilweise nicht mal eine Rückmeldung auf ihre Arbeiten bekommen, und das ist natürlich was, wo ich mir sage, wenn die dieses Jahr ihre Prüfungen machen sollen und dieser Unterrichtsstoff wirklich komplett fehlt, dann kriegen wir ein Riesenproblem für diese Schülerinnen und Schüler, und da wird leider einiges auf der Strecke bleiben.
Auch dieses Ergebnis, es bleibt dieses Jahr keiner sitzen, was ja viele Bundesländer eingeführt haben, ist ja nicht die Lösung des Problems. Das ist eine kurzfristige Lösung, aber keine Lösung für das Problem, wie kriegen wir den Unterrichtsstoff wieder eingearbeitet, und wie können die Schülerinnen und Schüler wirklich einen vernünftigen mittleren Schulabschluss oder ihr Abitur machen. Das ist das große Problem, und da hätten wir viel intensiver dran arbeiten müssen, und das ist sehr, sehr bedauerlich, dass man das nicht hinbekommen hat beziehungsweise dass uns das nicht gelungen ist.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.