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Bundesregierung
750 Millionen Euro für COVID-19-Impfstoff

Bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus gelte Sicherheit vor Schnelligkeit - stellte Gesundheitsminister Jens Spahn bei einem Pressetermin mit Foschungsministerin Anja Karliczek klar. Um die Forschung voranzutreiben, stellt die Bundesregierung drei Unternehmen insgesamt 750 Millionen Euro bereit.

Von Christiane Habermalz | 15.09.2020
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (l) und Wissenschafts- und Bildungsministerin Anja Karliczek (beide CDU) informieren die Medien bei einer Pressekonferenz über ein deutsches Programm zur Unterstützung der Entwicklung eines COVID-19-Impfstoffs.
Pressekonferenz zu Corona-Impfstoffen (dpa/picture alliance/AP POOL)
So schnell wie von vielen gewünscht geht es leider nicht mit dem Impfstoff. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek dämpfte am 15. September bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Gesundheitsminister Jens Spahn die Erwartungen. Zwar mache die Forschung weltweit auf dem Gebiet der Impfstoffentwicklung so rasante Fortschritte, wie noch nie zuvor in der Geschichte, betonte die Ministerin. Und deutsche Biotech-Unternehmen seien ganz vorne mit dabei.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
"Aber, und das gehört auch zur Wahrheit dazu, wir sind nach wie vor nicht am Ziel mit der Impfstoffentwicklung, in den nächsten Wochen kann noch viel passieren. Und nach wie vor müssen wir uns darauf einstellen, dass es erste Mitte nächsten Jahres einen Impfstoff gibt, mit dem weite Teile der Bevölkerung geimpft werden können."
170 potenzielle Impfstoffe sind weltweit in der Entwicklung
Riskante Abkürzungen werde man in Deutschland nicht nehmen, sagte die CDU-Ministerin mit Blick auf Russland, das bereits im August einen Impfstoff für die Bevölkerung freigegeben hatte, ohne dass alle Tests zum Abschluss gekommen waren. Derzeit sind laut Weltgesundheitsorganisation WHO 170 potenzielle Impfstoffe in der Entwicklung – weltweit. Um die Forschung in Deutschland voranzutreiben, hat die Bundesregierung, wie heute verkündet, insgesamt 750 Millionen Euro an Fördergeldern für drei deutsche Unternehmen bereitgestellt, die an sehr unterschiedlichen und aussichtsreichen Impfstoffkandidaten arbeiten: Das sind das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech, das mit dem US-Konzern Pfizer zusammenarbeitet, das ist der Hersteller Curevac aus Tübingen - und zuletzt IDT Biologika aus Dessau, mit denen aber noch Gespräche geführt würden.
Warum es so lange dauert, einen Impfstoff zu entwickeln
Die Entwicklung eines Impfstoffs ist ein komplexer, langwieriger Prozess. In der Regel dauert es mehrere Jahre, von den ersten Experimenten im Reagenzglas bis zu einer Zulassung eines Wirkstoffs.
In Deutschland und auch in der EU setze man bewusst nicht nur auf einen Impfstoff, sondern auf ein breites Portfolio von verschiedenen Technologien, erklärte Spahn. Im Gegenzug hätten sich die geförderten Unternehmen bereit erklärt, insgesamt 40 Millionen Dosen für Deutschland zur Verfügung zu stellen. Auch der Gesundheitsminister stellte klar: Sicherheit hat Vorrang vor Schnelligkeit. Man erwarte, dass alle Studien mit kontrollierten klinischen Phase III-Prüfung abgeschlossen werden.
"Für uns ist sehr sehr wichtig, dass wir in Phase-III-Studien idealerweise nicht nur Tausende sondern Zigtausende freiwillige Probanden haben weltweit, mit denen dieser Impfstoff getestet werden kann. Ein Impfstoff, der wahrscheinlich so häufig verfimpft werden wird wie nie zuvor, Hunderte Millionen wenn nicht Milliarden Menschen auf der Welt, muss gut erforscht sein."
Bundesregierung fördert Aufbau von Produktionsanlagen
Parallel zur Impfstoffentwicklung fördert die Bundesregierung schon jetzt auch den Aufbau von Produktionsanlagen, damit schnell mit der Massenherstellung begonnen werden kann – ein Risiko für die Unternehmen, betonte Spahn, denn ob am Ende ein Impfstoff auch die Zulassung erhalte, ist nicht sicher. Und der CDU-Politiker setzt auf eine freiwillige Impfung.
"Wir brauchen 55 bis 65 Prozent der Bürger, die sich impfen lassen, um insgesamt eine Herdenimmunität zu erreichen, und das ist meine feste Überzeugung werden wir freiwillig erreichen, und wo Freiwilligkeit zum Ziel führt, braucht es keine Verpflichtung."
Wie die Impfstoffe am Ende in der Bevölkerung gerecht und so verteilt werden, dass die Pandemie möglichst schnell unter Kontrolle ist, darüber wird die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts entscheiden. Laut Spahn werden voraussichtlich zuerst das medizinische Personal und Mitarbeiter von Pflegeheimen geimpft werden, dann Personen über 60 und jüngere Menschen aus Risikogruppen. Eine noch größere Herausforderung wird die internationale Verteilung darstellen. Deutschland unterstützt deswegen Organisationen wie die Internationale Impfstoffallianz CEPI, die sich darum bemühen, die Entwicklung von Impfstoffen für die ganze Welt zu fördern. Die Northeastern University in Boston hat kürzlich errechnet: Sollten die westlichen Länder die ersten zwei Milliarden Dosen für sich reservieren und aufkaufen, könnten weltweit doppelt so viele Menschen an COVID-19 sterben als bei einer gerechten und bedarfsabhängigen Verteilung.