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Bundesregierung
Keine Abstimmung in Deutschland über Todesstrafe in der Türkei

Die in Deutschland lebenden Türken dürften hier nicht an einem möglichen Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei teilnehmen. Das sei politisch einfach nicht vorstellbar, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Klartext ist bemerkenswert.

Von Theo Geers | 05.05.2017
    Steffen Rüdiger Seibert , Regierungssprecher der deutschen Bundesregierung
    Regierungssprecher Steffen Seibert hat sich klar positioniert zur Frage eines türkischen Referendums, das die Türkei noch gar nicht anberaumt hat. (Imago)
    Die Bundesregierung spricht Klartext – und das vorsorglich. Sollte der türkische Präsident Erdogan seine Ankündigung wahrmachen und in der Türkei eine Volksabstimmung über die Wiedereinführung der Todesstrafe ansetzen, dann dürfen die 1,4 Millionen Türken in Deutschland nicht abstimmen. Denn das, so Regierungssprecher Steffen Seibert, sei politisch einfach nicht vorstellbar:
    "Käme ein solcher Antrag, würden die Zuständigen in der Bundesregierung das natürlich gemeinsam beraten. Und ich will auch sagen: Es ist politisch nicht vorstellbar, dass wir einer solchen Abstimmung in Deutschland über eine Maßnahme, die unserem Grundgesetz und europäischen Werten klar widerspricht, zustimmen würden. Ich gehe davon aus, dass wir unsere rechtlichen Mittel, so etwas zu untersagen, ausschöpfen würden.
    SPD-Kanzlerkandidat Schulz legte sich vorher ähnlich fest
    Fast wortgleich hatte sich zuvor schon der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz festgelegt. Eine solche Abstimmung dürfe unter den in Deutschland lebenden Türkinnen und Türken nicht stattfinden, sagte Schulz dem "Spiegel". "Wir können nicht in Deutschland über ein Instrument abstimmen lassen, das unseren Werten und unserer Verfassung widerspricht.
    Damit wären die 1,4 Millionen in Deutschland lebenden Türken, die in ihrem Heimatland wahlberechtigt sind, von diesem Referendum ausgeschlossen. Es sei denn sie reisten für die Abstimmung eigens in die Türkei. Die klare Aussage Seiberts ist auch deshalb bemerkenswert, weil der türkische Präsident Erdogan ein solches Referendum über die Todesstrafe bislang nur im letzten Wahlkampf über die Verfassungsreform in Aussicht gestellt hat. Eine konkrete Ankündigung oder gar konkrete Pläne gibt es bislang noch nicht. Und normalerweise geht Regierungssprecher Seibert Festlegungen zu derartigen hypothetischen Fragen à la "was wäre wenn" aus dem Weg.
    Diesmal ist es anders. Mehr noch: Die Bundesregierung ist offenkundig auch vorbereitet, wie ein solches Nein zu einem Referendum rechtlich umzusetzen wäre:
    "Ganz grundsätzlich: Wenn ein anderer Staat hier in Deutschland in seinen Botschaften oder in seinen Konsulaten Wahlen oder Abstimmungen durchführen will, dann ist das genehmigungspflichtig. Es bedarf eines Antrags und der der wird vom Auswärtigen Amt namens der Bundesregierung beschieden. So ist das bei dem türkischen Verfassungsreferendum auch gelaufen und es gibt keine Pflicht, einem solchen Antrag zuzustimmen. Das heißt die Bundesregierung kann ihre Zustimmung zu einer solchen Abstimmung verweigern, sie kann eine Abstimmung untersagen.
    Mit Todesstrafe kein EU-Beitritt
    Die Türkei hatte die Todesstrafe 2004 gesetzlich abgeschafft. Damals hatte die EU dies zur Bedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gemacht. Umgekehrt haben die EU wie die Bundesregierung bereits mehrfach klargestellt, dass die Wiedereinführung der Todesstrafe das Ende dieser Verhandlungen bedeuten würden.