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Bundestag beschließt Reform
Mehr Leistungen für Pflegebedürftige

In Deutschland gibt es derzeit etwa 2,7 Millionen Pflegebedürftige. Sie und viele andere, die noch keine Leistungen beziehen, sollen besser abgesichert werden. Der Bundestag hat dazu die zweite Stufe der Pflegereform beschlossen. Gesundheitsminister Gröhe spricht von einem Meilenstein, Sozialverbände haben Zweifel.

13.11.2015
    Eine alte Frau schiebt in Berlin einen Rollator.
    Der Bundestag hat die zweite Stufe der Pflegereform beschlossen. (pa/dpa/Pedersen)
    Nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) profitieren mit der Reform alle durch mehr Leistungen, schlechter gestellt werde niemand. Es wird erwartet, dass etwa 500.000 Menschen, die bisher kein Geld aus der Pflegekassen bekommen haben, dann erstmals Ansprüche haben.
    Außerdem wird es künftig fünf Pflegegrade statt bisher drei geben. An ihnen orientiert sich, wie hoch die Leistungen sind, die ein Pflegebedürftiger bekommt. Auch Hunderttausende psychisch Kranke und Demenzpatienten haben dann erstmals gleichberechtigt Anspruch auf Unterstützung - bisher war das System vor allem auf körperlich beeinträchtigte Menschen ausgerichtet. "Das ist ein Meilenstein für eine bessere Versorgung", so Gröhe im Bundestag. Diese Änderungen greifen ab Januar 2017. Im Gesetz enthaltene Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen treten bereits zum 1. Januar 2016 in Kraft.
    Unterstützung für pflegende Angehörige
    Auch für Menschen, die einen Angehörigen zu Hause pflegen, soll sich die Situation verbessern. Für sie zahlt der Staat mehr in die Sozialversicherungen ein. Dabei geht es sowohl um höhere Rentenzahlungen, als auch die Übernahme der Arbeitslosenversicherung, wenn jemand aus dem Beruf aussteigt, um einen Angehörigen zu pflegen.
    Um die zusätzlichen Maßnahmen zu finanzieren, werden die Beiträge zur Pflegeversicherung angehoben. Ab Januar 2017 steigen sie auf 2,55 Prozent (bisher 2,05 Prozent), wodurch 5 Milliarden Euro in die Kassen fließen sollen.
    Auch wenn viele Sozialverbände die Richtung der Reform grundsätzlich loben, gibt es Kritik.
    Der Sozialverband Deutschland bezeichnet die Finanzierung als unzureichend. Dem Gesetz fehle "ein solidarisches Finanzierungskonzept", sagte Verbandspräsident Adolf Bauer. Dies sei "mit Blick auf die steigenden Armutsrisiken in der Pflege ein Verhängnis".
    Zweifel an Darstellung der Regierung
    Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bezweifelt außerdem, dass niemand durch die Reform schlechter gestellt wird. "Von 2017 an erhalten neue Antragsteller, die ins Pflegeheim müssen, deutlich weniger Geld von der Pflegekasse", erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Das betreffe die bisherigen Pflegestufen I und II.
    Der Opposition im Bundestag geht die Reform ebenfalls nicht weit genug. Die Grünen fordern vor allem mehr Personal. Auch die Linke kritisierte, das Gesetz sei "kein großer Wurf". Vor allem Menschen in den unteren Pflegegraden würden benachteiligt.
    In der ersten Stufe der Pflegereform waren bereits zum vergangenen Jahreswechsel Leistungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige verbessert worden.
    (pr/fwa)