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Bundestag debattiert Emissionshandel

Am späten Montagabend in dieser Woche hatten die Fachpolitiker der Fraktionen von Union und SPD den Weg frei gemacht für die Versteigerung von Verschmutzungsrechten, um damit den Klimaschutz effektiver voran zu bringen. Für die Handelsperiode von 2008 bis 2012 sollten knapp zehn Prozent der CO2-Zertifikate nicht mehr kostenlos zugeteilt, sondern verkauft oder versteigert werden. Außerdem wurden Braunkohlekraftwerke nicht bevorzugt. Nach diesem Beschluss begann die Arbeit der Interessenvertretungen und mittlerweile gibt es Unmut gegen diese Regelung von vielen Seiten. Bevor sich im Juli die Länderkammer mit dem Gesetz befasst, hat heute der Bundestag den Entwurf verabschiedet.

Von Dieter Nürnberger | 22.06.2007
    Wer oder welche Partei ist der beste Klimaschützer im Land? Die heutige 2. und 3. Lesung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Emissionshandel drehte sich vor allem um diese Frage. Eine Debatte, die vielfach noch einmal alte Fragen und alte Vorschläge aufgriff. Der umstrittene Gesetzentwurf regelt den Emissionshandel in den Jahren 2008 bis 2012. Für Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ist das Gesetzeswerk vor allem wichtig, weil dadurch die deutschen Verpflichtungen im Kyoto-Protokoll erreicht würden. Hier wurde eine Reduzierung des CO-Ausstoßes von 21 Prozent bis 2012 gegenüber 1990 festgeschrieben. Der Bundesumweltminister:

    " Dieser Emissionshandel gehört zu den echten Erfolgsgeschichten dieser großen Koalition. Darauf können beide Fraktionen auch stolz sein. "

    Nach dem Gesetzentwurf müssen Energieversorger und auch die Industrie von 2008 bis 2012 ihren CO-2-Ausstoß stärker reduzieren als in der aktuellen ersten Periode. Die Höchstgrenze soll ab kommendem Jahr rund 450 Millionen Tonnen CO-2 betragen, das sind 57 Millionen Tonnen weniger pro Jahr. Reinhard Loske von den Grünen sieht gute und schlechte Punkte beim Gesetzentwurf:

    " Die Ziele sind zu lasch - das haben wir gesagt und auch die EU-Kommission. Das ist nun verändert worden - das ist gut, da üben wir keine Kritik mehr. Der zweite Punkt: Sind die Regeln nach wie vor zu kohlefreundlich? Ich würde sagen, ja, sie sind eindeutig zu kohlefreundlich. Dritter Punkt: Die bisherige Nicht-Nutzung der Versteigerungsrechte. Nun nutzen Sie diese Möglichkeit, knapp 10 Prozent der Zertifikate zu versteigern - das ist ein ganz passabler Vorschlag. "

    In der Debatte ging es auch darum, wer wen zu welcher Entscheidung gedrängt habe. Erste Vorschläge der großen Koalition sahen noch etwas anders aus - auf Druck der EU-Kommission wurde beispielsweise die Obergrenze für den CO-2-Ausstoß gesenkt. Zudem dürfen nun auch knapp 10 Prozent der Handels-Zertifikate versteigert werden. Die Bundesregierung habe sich hier dem Druck beugen müssen, so Michael Kauch von der FDP-Fraktion:

    " Derselbe Bundesumweltminister, der sich monatelang hier im Plenum hingestellt hat und uns gewarnt hat, was alles passieren würde, wenn die Versteigerung kommt, der sackt nun die Versteigerungserlöse ein. Aber was genau damit gemacht wird, darüber hat die Koalition nicht entschieden. Der Verteilungskampf beginnt deshalb bei den Haushaltsberatungen erneut. "

    Umstritten ist der Entwurf auch deswegen, weil vor allem aus dem Lager der CDU Kritik kommt. So hat beispielsweise Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zum wiederholten Mal deutlich gemacht, dass er das Gesetz ablehne. Er warnt vor einer massiven Benachteiligung der Kohlebranche im Energiesektor. Katharina Reiche von der CDU äußerte Verständnis für diese Position. Allerdings war ihre Vorgabe für die eigene Bundestagsfraktion klar:

    " In der nächsten Handelsperiode wird der Emissionshandel, im Vergleich zur ersten Periode, einfacher, transparenter und auch effizienter werden. Und wir werden deshalb dem Entwurf zustimmen. "

    Der Gesetzesentwurf muss noch in den Bundesrat, er könnte dort noch verzögert werden, allerdings ist das Gesetz nicht zustimmungspflichtig. Fachleute sagen aber, dass eine rechtzeitige Verabschiedung notwendig sei, um den Start des Emissionshandels zum 1. Januar 2008 nicht zu gefährden. Der Gesetzentwurf ist auf jeden Fall ambitionierter als der Zuteilungsplan der ersten Handelsperiode. Er muss es auch sein, weil die Ziele beim Klimaschutz anspruchsvoller werden. Den ersten Plan hatte die damalige rot-grüne Regierung zu verantworten. Heute geäußerte Kritik sieht der Bundesumweltminister deshalb als heuchlerisch an. Sigmar Gabriel - er wandte sich vor allem an die Grünen:

    " Die EU-Kommission hat gesagt, Deutschland hat in der ersten Handelsperiode zu viel Zertifikate ausgegeben. Daran waren Sie mit beteiligt. Deutschland hatte eine 14-Jahres-Regelung ausgegeben. Das haben Sie auch kritisiert, auch daran waren Sie mit beteiligt. Deutschland hat auch eine zu geringe Reserve gehabt. Damals 3 Millionen Tonnen pro Jahr, jetzt haben wir 23 Millionen Tonnen. Diese damals geringere Reserve haben Sie auch mit zu verantworten. "

    Vor einer Stunde hat der Bundestag in 2. und 3. Lesung das Gesetz verabschiedet. 360 Abgeordnete votierten dafür, 180 dagegen. Es gab 6 Enthaltungen. Damit ist das Gesetz auf den Weg gebracht. Der Streit darüber dürfte aber weitergehen.