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Bundestag
Giffey verteidigt geplantes Familiengesetz

Mehr Geld für Schulmaterial und den Nahverkehr, ein warmes Mittagessen, Nachhilfe: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen mit ihrem "Starke-Familien-Gesetz" gezielt fördern. Die Opposition im Bundestag kritisiert zu viel Bürokratie.

Von Frank Capellan | 14.02.2019
    Franziska Giffey (SPD), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, spricht bei der Sitzung des Bundestages zum Starke-Familien-Gesetz.
    "Es geht um starke Familien", sagte Franziska Giffey (dpa/picture alliance/Kay Nietfeld)
    "Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs zur zielgenauen Stärkung von Familien mit ihren Kindern, die Neugestaltung des Kinderzuschlags, und die Verbesserungen der Leistungen für Bildung und Teilhabe."
    Darum geht es also heute früh um neun zuallererst im Bundestag. Bundestagspräsident Wolfang Schäuble hält sich an das Ministerialsprech und erteilt dann das Wort einer Ministerin, die eigentlich gar nicht reden sollte. Gemeinsam mit dem Arbeitsministerium wurde das Gesetz zur Stärkung der Familien formuliert. Sozialdemokrat Hubertus Heil sollte es heute präsentieren. Doch es gab Nachfragen – muss sich die Familienministerin verstecken, weil sie um ihren Doktortitel fürchten muss? Am Ende spricht sie doch – Franziska Giffey, gewohnt offensiv, über ihr jüngstes Projekt:
    Kinderarmut anpacken
    "Das Starke-Familien-Gesetz. Der Präsident hat gerade den langen Titel vorgetragen. 22 Wörter. Wir haben uns entschieden, uns kurz zu fassen, und darüber zu sprechen, worum es geht, um starke Familien."
    Kinderarmut ist ein Thema in Deutschland, sagt die Sozialdemokratin, das packen wir an. Der Kinderzuschlag soll von Juli an von 170 und 185 Euro angehoben werden. Eine Leistung, die Eltern gezahlt wird, die zwar ohne Kinder gerade über die Runden kämen, wegen des Nachwuchses aber auf Hartz IV-Niveau abrutschen. Gerade Alleinerziehende sollen mehr als bisher gefördert werden, und wer den Kinderzuschlag erhält, kann noch mehr vom Staat bekommen: Das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket greift einkommensschwachen Eltern zusätzlich unter die Arme, und auch diese Leistungen will die Koalition ausbauen: Zur Einschulung soll es 150 statt bisher 100 Euro pro Kind geben, das Nahverkehrsticket wird bezahlt, ein warmes Mittagessen in der Schule vom Staat übernommen, Nachhilfe kann in Anspruch genommen werden, verspricht Giffey und preist dabei eine konkrete Verbesserung für das Kind:
    "Dass es endlich eine Lernförderung gibt, nicht erst dann, wenn das Kind versetzungsgefährdet ist, wie absurd ist das eigentlich? , sondern, wenn es das Kind braucht, und dass diese Lernförderung auch kostenlos ist!
    1,2 Millionen Kindern helfen
    Etwa eine Milliarde Euro will sich die Bundesregierung das Ganze kosten lassen. Bisher kommen etwa 800.000 Mädchen und Jungen in den Genuss der Förderung, die Ministerin will künftig 1,2 Millionen Kindern helfen. Katja Dörner von den Grünen allerdings macht eine andere Rechnung auf:
    "Heute nehmen 30 Prozent der Familien, die einen Anspruch haben auf den Kinderzuschlag diesen Kinderzuschlag gerade in Anspruch, und das bedeutet, dass 70 Prozent der Familien, die einen Anspruch hätten und diesen Kinderzuschlag bräuchten, die leben in verdeckter Armut und das kann aus unserer Sicht nicht so bleiben."
    Opposition: zu bürokratisch
    Die Grünen fordern, dass der Kinderzuschlag automatisch an Bedürftige Familien gezahlt wird. Viele Menschen wüssten nichts von der Förderung, zu bürokratisch sei die Beantragung, viele Mütter und Väter schämten sich dafür, ihre finanzielle Situation offenzulegen. Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linkspartei, fürchtet, dass sich daran auch mit einem neuen Gesetz zu wenig ändern wird.
    "Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, hat Ihr Gesetz als Starke-Bürokratie-Gesetz bezeichnet, das ist wahr, das verstehen nicht mal die, die es bearbeiten müssen, das ist doch das Problem, ich würde gern mal Frau Giffey hier sehen, wenn sie das hier ausfüllen soll, ob sie das in einer Stunde schafft, ich behaupte, sie würde daran scheitern!"
    Auch das Deutsche Kinderhilfswerk fordert heute umfangreiche Nachbesserungen am Gesetzentwurf. "Grundlegende Widersprüche im System der Förderung armer Kinder werden nicht behoben", klagt Geschäftsführer Holger Hofmann. Fördermöglichkeiten müssten auch für Sportverein oder Musikschule verbessert werden. CDU-Familienpolitiker Marcus Weinberg verspricht Nachbesserungen, mehr Geld auch für die monatliche Mitgliedschaft im Sportverein.