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Bundestag
Vier Tage Offline-Abgeordnete

Arbeiten wie in den 1970er-Jahren. Das steht Bundestagsabgeordneten bis Montag ins Haus. Keine E-Mails, nur ganz analoge Mittel wie Papier, Stift und Fax oder externe Rechner stehen zur Verfügung. Denn die IT-Systeme des Bundestags werden neu aufgesetzt. Grund ist ein Hacker-Angriff vor einigen Monaten.

Von Benjamin Hammer | 20.08.2015
    Südansicht des Reichstagsgebäudes in Berlin. Foto vom 11. August 2014.
    Der Bundestag ist bis kommenden Montag nicht online. (picture-alliance / dpa / Daniel Kalker)
    Ein abgeschaltetes Netzwerk im Bundestag. Das bedeutet eine Reise in die Zeit ohne Computer. Das Parlament wird weitgehend arbeiten, wie in den 1970er-Jahren. Man werde Dokumente mit externen Rechnern schreiben, ausdrucken und dann faxen, heißt es aus der Bundestagsverwaltung. Mitteilungen über den Stand der Wartungsarbeiten am Netzwerk sollen am Montag über Lautsprecher vermeldet werden. Niemand kann sich bis dahin auf den Rechnern anmelden. Abgeordnete und Mitarbeiter können keine E-Mails empfangen oder schicken. Eine Abwesenheitsnotiz, die den Absender über diesen Umstand informiert, wird es ebenfalls nicht geben. Am morgigen Freitag könnten die Bundestagsbüros so leer sein, wie schon lange nicht mehr. Die meisten Mitarbeiter, heißt es aus einem Abgeordnetenbüro, würden schlicht von zu Hause aus arbeiten.
    Gestern im Bundestag. Die Griechenland-Debatte war gerade beendet, da wandte sich Bundestagspräsident Norbert Lammert noch einmal an seine Kollegen.
    "Bevor wir jetzt zu den Abstimmungen kommen, habe ich noch einen wichtigen praktischen Hinweis mit Blick auf die Arbeitsfähigkeit der Büros."
    Am Donnerstagabend würden die IT-Systeme des Bundestages neuaufgesetzt. Bis zum Montag könnten damit naturgemäß die Netzwerke des Parlaments nicht zur Verfügung stehen. Nach dem Vorgang seien die Mitarbeiter der Abgeordneten gefragt.
    "Bei der ersten Anmeldung an das neue System ab Montag werden Sie beziehungsweise die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihrer Büros aufgefordert, Ihr Passwort zu ändern. So. Das setzt voraus, dass einer da ist. Ganz praktisch. So."
    Netzwerkattacke bereits im Mai
    Was im Bundestag für Heiterkeit sorgte, hat einen ernsten Hintergrund. Im Mai war bekannt geworden, dass sich Hacker das Netzwerk des Bundestages erfolgreich angegriffen hatten. Dies gelang ihnen – so berichten IT-Sicherheitsexperten – vermutlich über einen sogenannten Trojaner, schädliche Software also, die als solche auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Die Angreifer sollen mehrere Gigabyte an Daten abgegriffen haben, etwa E-Mails. Sie sollen außerdem sogenannte Administratorenkennworte gestohlen haben.
    Linus Neumann vom Chaos Computer Club.
    "Ab diesem Punkt gibt es wenig, was man als Angreifer nicht anstellen kann. Das Zugreifen auf Daten, das Zugreifen auf Tastatureingaben und damit auch Passwörter. Oder das Zugreifen auf Kameras und Mikrofone der Rechner ist damit kein Problem mehr. "
    Mit anderen Worten: Das Netzwerk des Bundestages ist so verseucht, dass es an mehreren Stellen komplett erneuert werden muss. Auf welche Teile der Software oder Hardware des Netzwerkes sich dieser Austausch bezieht, das wollte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage nicht mitteilen. Dieser Fall, so heißt es, zeige doch gerade, dass man keine Einzelheiten rausgeben dürfe.
    Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte sich in mehreren Mails an die Abgeordneten gewandt. Diese Mails liegen unserem Sender vor. Das Netzwerk werde für vier bis fünf Tage nicht zur Verfügung stehen, heißt es da. Fragen beantworte der IT-Support des Bundestages. Sämtliche Mails sind relativ knapp gehalten. Der Chaos Computer Club stellt der Bundestagsverwaltung ein schlechtes Zeugnis aus.
    "Dass ein Angriff erfolgt ist und dass auch mal ein Angriff erfolgreich war, ist nicht besonders peinlich. Peinlich ist, wie lange es gedauert hat, bis er erkannt wurde. Noch peinlicher ist, wie lange man sich Zeit gelassen hat, bis man die entsprechenden Gegenmaßnahmen ergreift. Und ganz besonders peinlich ist, wie die Nutzer, in dem Falle, unsere Parlamentarier, über diese Aufräumarbeiten in Kenntnis gesetzt wurden. Nämlich gar nicht. Sie haben bis heute kein Wissen darüber, welche Maschinen betroffen waren. Sie haben bis heute keine Kenntnis darüber, welche Daten extrahiert wurden. Und sie haben nur sehr rudimentäre Anweisungen bekommen, wie sie sich nach der Desinfektion der Systeme zu verhalten haben."
    Arbeitsweisen der 1970er-Jahre kommen zurück
    Ein abgeschaltetes Netzwerk im Bundestag. Das bedeutet eine Reise in die Zeit ohne Computer. Das Parlament wird weitgehend arbeiten, wie in den 1970er-Jahren. Man werde Dokumente mit externen Rechnern schreiben, ausdrucken und dann faxen, heißt es aus der Bundestagsverwaltung. Mitteilungen über den Stand der Wartungsarbeiten am Netzwerk sollen am Montag über Lautsprecher vermeldet werden. Niemand kann sich bis dahin auf den Rechnern anmelden. Abgeordnete und Mitarbeiter können keine E-Mails empfangen oder schicken. Eine Abwesenheitsnotiz, die den Absender über diesen Umstand informiert, wird es ebenfalls nicht geben. Am morgigen Freitag könnten die Bundestagsbüros so leer sein, wie schon lange nicht mehr. Die meisten Mitarbeiter, heißt es aus einem Abgeordnetenbüro, würden schlicht von zu Hause aus arbeiten.