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Bundestagsbeschluss
Schärfere Kontrollen bei Schwarzarbeit

Der Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt liegt derzeit auf einem Tiefstand von elf Prozent - das sind rund 330 Milliarden Euro. Trotzdem sollen Zollbeamte mehr Befugnisse erhalten, um gegen Schwarzarbeit vorzugehen. Das hat der Bundestag beschlossen.

Von Paul Vorreiter | 16.12.2016
    Bauarbeiter arbeiten in Hamburg auf einer Baustelle.
    Schwarzarbeit ist im Baugewerbe am weitesten verbreitet. Andere Branchen, in denen die Schattenwirtschaft besonders ausgeprägt ist, sind das Taxigewerbe und die Gastronomie. (dpa / picture alliance / Daniel Reinhardt)
    Im Regierungsviertel in Berlin, wo sich Baustelle an Baustelle reiht, wird immer weiter gehämmert, geschraubt, gebohrt. Und auch wo die Hauptstadt aufgebaut wird, arbeitet manch einer am Fiskus vorbei. Der Bau ist die Branche, die am meisten von Schwarzarbeit betroffen ist in Deutschland, sagt Friedrich Schneider, Wirtschaftswissenschaftler von der Universität Linz. Dahinter folgen der Auto-, Reparatur- und Gastrobereich. Was den Umfang der Schwarzarbeit angeht, zeigen die Statistiken allerdings schon seit über zehn Jahren in die richtige Richtung.
    Laut dem Statistik-Amt beträgt der Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt aktuell nur noch knapp 11 Prozent: ein neuer Tiefstand. Doch: Haben die etwa 6800 Beamten der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" die Schattenwirtschaft in Deutschland wirklich im Griff?
    Zentrales Informationssystem für die Zollbeamten
    Das Gesetz will ein zentrales Informationssystem schaffen, auf das die Beamten automatisch zugreifen können. Vor allem bundesweit agierende Tätergruppen sollen so wirksamer verfolgt werden können. Die Ermittler sollen auf das zentrale Fahrzeugregister des Kraftfahrt-Bundesamtes zugreifen können. Insbesondere im Taxi- und im Speditions-Gewerbe, bei Kurierdiensten sowie Gastronomie-Lieferanten könnte das helfen, Verstöße aufzudecken.
    "Also ich könnte mein Handy heute in die Ecke werfen."
    In einem Büro in Berlin-Mitte. Für Dieter Dewes ist das heute ein anstrengender Tag gewesen, der Bundesvorsitzende der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft ist anlässlich des neuen Gesetzes ein gefragter Mann. Dewes' Haltung zum Gesetz ist ein "Ja, aber". Es erleichtere die Arbeit, aber:
    "Im Bereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit gibt es derzeit das Problem, dass wir die gesetzliche Aufgabe des Mindestlohnes dazu bekommen haben. Das bindet natürlich sehr viel Personal. Dieses Personal, das man uns zugestanden hat - 1.6 insgesamt - und es dauert noch ungefähr vier Jahre, bis überhaupt diese 1.600 Planstellen uns zulaufen, dazu muss man bemerken, dass wir derzeit noch 600 Stellen unbesetzt haben, die kämen auch noch on top drauf, das heißt also, uns fehlt doch ein großer Personalkörper".
    Mehr reguläre Jobs führen zu weniger Schwarzarbeit
    Doch nicht nur auf Behörden, auch auf die Beschäftigungslage kommt es an: Und die ist seit Jahren gut. Gestiegene Verdienstmöglichkeiten in der offiziellen Wirtschaft führen dazu, dass weniger Personen ihre Arbeitskraft in der Schattenwirtschaft anbieten.
    Doch wie steht es um Menschen, die noch keine Arbeitserlaubnis haben - wie Geflüchtete?
    Ein Besuch bei der Agentur für Arbeit in Berlin-Westend, wo sich ein Beraterteam auf Asylsuchende spezialisiert hat.
    "Ok, also das ist unser Gruppenraum. Montags und Dienstags sind das so um die 30 Leute pro Veranstaltung, und dort bekommen die Geflüchteten auch erste Informationen, wie sie in den Arbeitsmarkt einsteigen können. Es ist dann nach der Präsentation sehr interaktiv und hoffentlich auch informativ für die Geflüchteten."
    Sagt Ines Ben Said, Vermittlerin in der Arbeitsagentur. Sie und ihre Kollegin Ines Harbauer weisen ihre "Kunden" – wie sie sie nennen- stets und schnell darauf hin, dass Schwarzarbeit zur Ablehnung im Asylverfahren führen kann. Aber:
    "Also ich denke, dass die meisten Asylsuchenden, die hier herkommen, am Anfang gar nicht die Voraussetzungen haben, in allen Jobs zu arbeiten, das sind ja nur die Jobs, wo man noch nicht gut Deutsch sprechen muss, und die Schwarzarbeit ist ja ein Riesenbereich."
    Geflüchtete erwirtschaften nur einen Bruchteil des Gesamtumfangs
    Die Prognosen des Linzer Schwarzarbeits-Forschers Friedrich Schneider sprechen eine ähnliche Sprache. Wenn man davon ausgeht, dass 300.000 Geflüchtete in Deutschland schwarzarbeiten, dann erwirtschaften sie damit etwa 1,4 Milliarden Euro. Im Verhältnis zum geschätzten Umfang der Schattenwirtschaft von gut 330 Milliarden Euro ist das wenig. Schwarzarbeit ist eben ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, hebt Beraterin Ines Ben Said hervor.
    "Das sind Dinge, die für jeden Menschen nachvollziehbar sind, egal, aus welchem Land, also von daher ist das recht allgemein. Man kann jetzt nicht sagen, dass es nur die Asylsuchenden sind, das sind genauso gut die Deutschen, die Polen. Ich bin Polin, deshalb ist das nicht diskriminierend gemeint ...(lacht)."