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Bundesverwaltungsgericht
Streikverbot für verbeamtete Lehrer rechtens

Lehrer mit Beamtenstatus dürfen auch weiterhin nicht streiken. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig stellte in seinem Urteil jedoch einen Widerspruch zwischen deutschem und europäischen Recht fest. Der Gesetzgeber müsse das generelle Streikverbot reformieren.

27.02.2014
    Geklagt hatte eine Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen. Sie sollte wegen der Teilnahme an mehreren Warnstreiks im Jahr 2009 - insgesamt ging es um zwölf versäumte Unterrichtsstunden - eine Geldbuße von 1.500 Euro zahlen. Dagegen hatte sich die Lehrerin mit der Begründung gewehrt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe 2009 all jenen Beamten ein Streikrecht zugebilligt, die nicht wie Polizisten oder Soldaten "hoheitlich" tätig seien.
    Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte im Revisionsverfahren die Zulässigkeit der Geldbuße, senkte den Betrag jedoch auf 300 Euro. Auch gelte das Streikverbot nur für eine Übergangszeit bis zu einer Neuregelung. Denn der Gesetzgeber, forderten die Richter, müsse den inhaltlichen Widerspruch zwischen dem im Grundgesetz festgelegten Streikverbot und dem Urteil des EGMR auflösen. Schließlich sei Deutschland völkervertrags- und verfassungsrechtlich verpflichtet, den Urteilen des EGMR "in der deutschen Rechtsordnung Geltung zu verschaffen". Der Staat kann das Statusrecht für Beamte laut Urteil etwa so reformieren, dass er ein generelles Streikverbot für Polizisten und andere Bereiche der "hoheitlichen Staatsverwaltung" bestimmt.
    Derzeit ist es Beamten nach einer Ableitung aus dem Grundgesetz grundsätzlich verboten, sich an Streiks zu beteiligen. Sie sind der besonderen Loyalität gegenüber ihrem Dienstherren verpflichtet, wozu der Verzicht auf Streiks gehört. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hingegen sieht im Zuge der Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention ein grundsätzliches Recht der Staatsbediensteten auf Tarifverhandlungen über ihre Arbeitsbedingungen und ein daran anknüpfendes Streikrecht.
    Verbände kritisieren das Urteil
    Der Verband Bildung und Erziehung warnte vor einer Trennung der Beamten in jene mit und solche ohne hoheitliche Aufgaben oder Streikrecht. "Beamte erster und zweiter Klasse darf es nicht geben", erklärte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Außerdem müssten Lehrer grundsätzlich verbeamtet sein. "Länder, die einen Beamtenstatus verwehren, verhalten sich nicht verfassungskonform."
    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte, dass das Streikverbot vorerst bestehen bleibt. "Wir werden mit der Streikrechtsfrage jetzt vor das Bundesverfassungsgericht gehen", kündigte GEW-Vorstandsmitglied Andreas Gehrke an.