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Bundeswehr
Gute Jobchancen bei der Marine

Die Deutsche Marine ist mit etwa 16.000 Soldaten die kleinste der drei Teilstreitkräfte der Bundeswehr. Um ihren Nachwuchs muss sie werben, zum Beispiel mit der Aussicht auf Karriere. Ob Nautik, Medizin, Informationstechnologie - wer bei der Marine in die Lehre geht, hat anschließend gute Jobchancen. Allerdings auch in der freien Wirtschaft.

Von Silke Hasselmann | 09.06.2016
    Oberleutnant zur See Paulina Janischewski mit Kommandant Köster beim Anlegen der Korvette "Ludwigshafen" im Marinestützpunkt Hohe Düne in Mecklenburg-Vorpommern.
    Oberleutnant zur See Paulina Janischewski mit Kommandant Köster beim Anlegen der Korvette "Ludwigshafen" im Marinestützpunkt Hohe Düne in Mecklenburg-Vorpommern. (Deutschlandradio/ Silke Hasselmann)
    Der Name hält, was er verspricht: Hohe Düne liegt direkt hinter hohen Sanddünen der mecklenburgischen Ostseeküste. Die Fähre bringt einen in zwei Minuten von Rostock-Warnemünde in den Ortsteil Hohe Düne und somit auch zum Marine-Stützpunkt des 1. Korvettengeschwaders.
    Dort liegt zur Zeit mit der "Ludwigshafen am Rhein" die jüngste der insgesamt fünf Korvetten. Anfang April kam das graue Kriegsschiff zurück von seinem jüngsten Einsatz, erklärt Kapitänleutnant Daniel Fischer:
    "Sie war im Einsatz SOPHIA in der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer unterwegs. Die Besatzung hatte erstmal ihren Urlaub, um sich wieder ein bisschen zu erholen, und bereitet sich jetzt vor im September wieder auszulaufen Richtung der SNMG II."
    "Na, das müssen Sie uns übersetzen."
    "Das ist die Standing NATO Maritime Group II. Das ist eine NATO-Verpflichtung von uns. Die findet auch im Mittelmeer statt, derzeit in der Ägäis, und geht momentan auch ein bisschen um die Flüchtlingshilfe."
    Im Zweifel Überwasserkrieg
    Flüchtlingshilfe - das ist die Bundeswehr mit menschlich-freundlichem Antlitz. Doch die knapp 60-köpfige Besatzung ist ausgebildet, um im Zweifel Überwasserkrieg zu führen. Auch Paulina Janischewski, Oberleutnant zur See.
    Ihr Vater habe sie auf die Idee mit der Bundeswehr gebracht, erzählt die Sächsin, die 2009 ein von der Bundeswehr bezahltes Nautik-Studium begann. Heute ist die 25-Jährige auf der "Ludwigshafen" als Navigationsoffizier tätig. Sie darf das 90 Meter lange und in der Regel schwer bewaffnete Schiff bereits selbstständig beim An- oder Ablegen manövrieren. Vor allem die langen Einsatzzeiten hätten sie überrascht, sagt Paulina Janischewski. Dennoch wolle sie weitermachen.
    "Es ist einfach - du siehst Ausland, du siehst andere Häfen und es ist auch einfach der Dienst hier an Bord. Man ist schnell in einer Führungsposition. Das reizt mich daran, dass man sehr früh, in einem frühen Alter vor allem, auch schnell Verantwortung übergeben bekommt."
    "Für wie viele Leute sind Sie im Moment zuständig?"
    "Ich habe jetzt insgesamt neun, auf die ich 'aufpassen' muss."
    "Der nächste Karriereschritt, wenn er denn käme - was würde das für Sie bedeuten?"
    "Anschließend werde ich weiter auf die B-wertigen Lehrgänge gehen. Das sind weiterführende Lehrgänge, um ein höherwertiger Offizier zu werden. Ich würde dann wieder zurück an Bord kommen in einem anderen Dienstposten, und würde versuchen irgendwann einmal Kommandant zu werden."
    Karriere beim Militär geht vergleichsweise schnell
    Ob Nautik, Medizin, Informationstechnologie - das mit der Karriere gehe beim Militär schon deshalb vergleichsweise rasch, weil Studenten der bundeswehreigenen Universitäten und Hochschulen schneller fertig sind als ihre Altersgenossen in der zivilen Welt, sagt Personaloffizier Daniel Fischer:
    "Wir studieren in Trimestern, nicht in Semestern. Das heißt, man ist ein bisschen schneller rum, weil man sich nicht noch um andere Sachen kümmern muss wie zum Beispiel arbeiten gehen, weil man schon durch die Bundeswehr bezahlt wird. Dadurch verpflichtet man sich natürlich für 13 Jahre bei der Bundeswehr, um nachher das Wissen gewinnbringend für die Bundeswehr einzusetzen."
    Doch wie die jüngste sogenannte Stärkemeldung aus dem Bundesverteidigungsministerium ausweist, fehlten der Bundeswehr mit Stand Februar 2016 insgesamt 2100 Berufs- und Zeitsoldaten. Auch die Marine kann ihren Personalbedarf seit Jahren nicht vollständig decken. Je nach Verwendung klappt es nur zu 75 bis 90 Prozent.
    Ein Grund für das Problem, so Personaloffizier Daniel Fischer: Seit die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt worden ist, kämen deutlich weniger Menschen mit der Marine in Berührung.
    "Das ist aber auch dadurch bedingt, dass es sehr begehrte Verwendungen sind, die auch im Zivilen gern genutzt werden wie Techniker oder IT-Personal. Das wird überall händeringend gesucht, und das stellt auch für die Marine zum Teil ein Problem dar."
    Viele Millionen Euro fließen in die Werbung. Für den "Tag der Bundeswehr" am kommenden Sonnabend wird auch am Marinestützpunkt Hohe Düne geklotzt und nicht gekleckert – unter anderem mit Führungen durch zwei Korvetten. Schon seit vier Jahren bietet die Seestreitkraft "Marine live" - einen praktikumsähnlichen Schnupperkurs auf See, bei dem junge Menschen von der Marine eingestellt werden, ohne dass die sich bereits auf eine klare Verwendung festlegen müssen.
    IT-Fachmann - gefragt bei der Marine und im Zivilen
    Bei Hagen Strahl hat das funktioniert. Vorerst. Der 26-jährige IT-Fachmann aus Neustrelitz hatte sich nach einer solchen Tour freiwillig zum Wehrdienst bei der Marine verpflichtet und fährt seit November vorigen Jahres auf der Korvette "Ludwigshafen am Rhein". Nun würde Hagen Strahl gern studieren – und ist begehrt.
    Obergefreiter Hagen Strahl auf der Korvette Ludwigshafen.
    Obergefreiter Hagen Strahl auf der Korvette Ludwigshafen. (Deutschlandradio/ Silke Hasselmann)
    "Gerade weil ich mich hier jetzt auch ein bisschen profilieren konnte und selber auch Verantwortung in die Hand genommen habe, ist es doch so gewesen, dass ich öfter gefragt wurde, ob ich denn nicht Offizier werden möchte."
    "Und der Zivilbereich ist aber auch an Ihnen dran?"
    "Natürlich. Der zivile Bereich ist auch an mir dran. Ja."
    Kein Wunder - qualifizierte Techniker und IT-Leute sind gesucht. Und die Privatwirtschaft zahlt oft besser. Dazu kommt bei der Marine die oft abschreckende Gewissheit, das Leben oft auf engstem Raum mit anderen Soldaten und Offizieren teilen müssen, die allesamt einer Befehlsgewalt unterliegen. Dazu kommen Immer mehr gefährliche Einsätze in Kriegs-, Krisen- oder Piratengebieten. Hagen Strahl und Paulina Janischweski:
    "Nein, schönmalen braucht man es nicht. Es ist wirklich sehr wichtig, dass man aufeinander eingeht, dass man ein eingespieltes Team ist. Auf jeden Fall."
    Strahl:
    "Diese Erfahrung, die ich da gesammelt habe im Einsatz, das möchte ich auf jeden Fall nicht missen: Was bedeutet Kameradschaft? Wirklich einmal zwölf Stunden am Tag zu arbeiten und zusätzlich noch Flüchtlinge aufzunehmen? Allein diese Erfahrung und das Ausloten der eigenen Grenzen - das hat mir wirklich schon sehr viel gebracht für mein eigenes Leben."
    Das hören die Personalchefs der Marine wohl gern und noch lieber, dass der Obergefreite seine IT-Karriere in der militärischen Welt fortsetzen will. Doch genau dazu konnte sich der junge Mann noch nicht durchringen.