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Bunnys, Bordelle und Brüste

Michael Jackson griff sich zu Lebzeiten gerne auf der Bühne in den Schritt, Rihanna macht mehr Furore mit ihren Outfits als mit ihrer Stimme und schon bei Elvis' Hüftschwung fielen die Frauen in Ohnmacht. Sex und Rock'n'Roll gehören untrennbar zusammen, wie nun auch das neue Buch von Hollow Skai zeigt.

Von Knut Benzner | 27.10.2011
    Willkommen in der Welt der Bunnys, Brüste und Bordelle, der Emanzipation, des Exhibitionismus und der Ekstase. Willkommen im Dschungel, willkommen im Rock'n'Roll. Kann man das so sagen? War Elvis Sex oder das Landei aus der Provinz? Gibt es die Ladykiller tatsächlich? Und warum sind Popstars - oder die, die es sein wollen - so oft mit Pornosternchen liiert? Ein Buch mit dem Titel "Sex, Love & Rock'n'Roll" hat sich dem Thema gewidmet. Sex, Liebe und Rock'n'Roll ist so alt wie der Rock'n'Roll selbst - oder älter. Hollow Skai hat das Buch geschrieben.

    Sex sells.

    "Ja hoffentlich, ha, ha, ha, ha."

    Natürlich. Sex verkauft sich. Aber im Falle von "Sex, Love & Rock'n'Roll" geht es nur am Rande darum, ob, sagen wir, Madonna sich in Bustiers von Jean Paul Gaultier zeigt, um ein paar Dollar mehr zu machen, kann sein, aber darum geht es nicht. Hollow Skai:

    "Ja, es ist eine Sammlung von ganz vielen Geschichten zum Thema Sex und Rock'n'Roll, ich habe es ein bisschen sortiert, Geschichten über Orgien, Trennungen, Abtreibungen, Scheidungen, Rosenkriege, alles, was ich zu dem Thema finden konnte."

    Skai, 57, hat einiges gefunden nicht nur Ian Dury und Sex and Drugs and Rock and Roll - der ist letztlich nur eine Geschichte von vielen, immerhin landete der Song 1977 noch auf dem Index der BBC. Das Beispiel Dury ist quasi harmlos. Manches ist verrückt, anderes zum Lachen, einiges ist skurril, weniges schockierend.

    "Man errötet da, glaube ich, nicht, wenn man das liest. Also ich habe zwar zum Teil eine sehr offensive Sprache, aber so redet heute jeder 15, 16-Jährige. Wörter, die wir früher nicht in den Mund genommen haben, sind heute Teil der Alltagssprache und haben auch von daher eine andere Bedeutung."

    Die Four-Letter-Words sind gemeint, die, je nach Praktik, durchaus auftauchen. Und zwar ausdauernd.

    Die sexuellen Präferenzen scheinen bei denen, die auftauchen - es tauchen alle auf -, ausgeprägter als bei anderen Mitgliedern der Gesellschaft. Hollow Skai:

    "Das mag sein, weil die natürlich auch immer wieder auf der Suche nach einem neuen Kick sind, und wahrscheinlich auch die Verlockungen, die Rockstars haben, viel größer sind und diese Möglichkeiten hat Otto Normalbürger häufig nicht so sehr."

    Nicht in diesem Ausmaß. Es bleibt der Arbeitskollege und dessen weibliches Pendant.

    "Andererseits sind Rockstars nur Gradmesser einer Entwicklung, in der Werbung, im Internet, im Fernsehen, so wie Rihanna, wie die sich kleiden auf der Bühne und eigentlich die Musik pornografisieren, die sind natürlich auch ein Trendsetter für eine Entwicklung in der Gesellschaft, das war schon immer so."

    Gleichzeitig ist doch nicht nur diese unsere Gesellschaft, sondern insbesondere trotz Rihanna, trotz Christina Aguilera und trotz der, wie sie alle heißen mögen, einerseits völlig entsexualisiert. Christina Aguilera war ein Kinderstar und hat nun ein Image.

    "Das Bad Girl, die Schlampe, selbst Shakira, also da scheint kein Popstar mehr drum rum zu kommen."

    Andererseits:

    "In Deutschland ist es ja doch ein ganz anderes Thema, hier geben sich die Stars ja doch weniger sexualisiert oder sie treten nicht in Outfits wie Beyoncé auf oder Lady Gaga halt, 'Wir sind Helden' oder Silbermond sind ja im Verhältnis dazu richtig brav und züchtig und bieder und das wundert mich eigentlich immer, wo wir uns doch für die aufgeklärtere Gesellschaft halten."

    Geschichten in seinem Buch von deutschen? Kaum.

    "Ich will Sex mit deiner Schwester, von Neujahr bis Sylvester." (Klaus & Klaus)

    Skai kommt aus der Punkszene: aufrührerisch, provokant, anti-Rock'n'Roll, der Übergang von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl.

    "Die haben die Möglichkeiten von Sexualität eigentlich erweitert."

    Die Punks, nicht Kohl und Schmidt.

    "Und sich nicht drauf beschränkt, dass man wartet auf die große Liebe, mit der man dann bis zum Lebensende zusammen ist, und dann sehr realistisch gesehen, dass heutzutage keine lebenslangen Beziehungen mehr möglich sind. Und dass sie natürlich auch die Geschlechtergrenzen überwunden haben, dass also Frauen sich wie Männer gekleidet haben und Männer eben auch Frauenkleider trugen oder Accessoires. Das hat's früher so auch noch nie gegeben, also dass Elvis irgendwie, äh, äh sich, äh, mit weiblichen ..."

    Na, na, na, der hatte sich immerhin die Lider geschminkt.

    Und Songs aus seiner Zeit wie "Rock Me" oder "Spoonful" oder "Sixty Minute Man".

    Jimmie Davis, Sänger und ehemaliger Gouverneur von Louisiana, schrieb den Evergreen "You Are My Sunshine" übrigens nicht für seine Frau, sondern für sein Pferd.

    "Sex, love & Rock'n'Roll" von Hollow Skai ist bei Hannibal erschienen, hat 320 Seiten, zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotografien und kostet 14,99 Euro.