Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Bunte Klimaanlage

Biologie. - Tukane fallen vor allem durch ihre gewaltigen und bunten Schnäbel auf. Ihr Aufbau kostet immens viel Energie, doch den Erwachsenen hilft der Schnabel hervorragend bei der Regulierung der Körpertemperatur.

Von Volkart Wildermuth | 28.08.2009
    Der Ruf des Tukans. Er bekommt sicher keinen Preis für seine Sangeskünste, aber was schrille Schönheit betrifft, macht diesem Vogel so leicht keiner etwas vor. Der große Schnabel ist aber nicht nur ein weit sichtbares Aushängeschild, er vergrößert auch die Reichweite beim Pflücken leckerer Beeren. Schön und praktisch ist der Tukanschnabel und er ist warm, wie Glenn Tattersallvon der Brock University in Ontario, Kanada bei Jungtukanen bemerkt hat.

    "Man fühlt das in der Hand, die Jungen strömen Hitze aus. Also haben wir uns darangemacht, genau zu messen, wie viel Wärme sie über den Schnabel verlieren, und ob sie das kontrollieren können."

    Also setzen Glenn Tattersall und seine Kollegen Tukane in eine Wärmekammer, veränderten die Temperatur und verfolgten über eine Infrarotkamera, wie der Schnabel reagierte.

    "Wenn es kalt ist, fließt praktisch kein Blut in den Schnabel eines erwachsenen Tukans, er hat einfach Lufttemperatur. Wird es wärmer, nimmt der Blutfluss deutlich zu. Wenn die Adern ganz geöffnet sind und ein bisschen Wind weht, würden die Vögel theoretisch das Fünffache ihrer normalen Wärmeproduktion über den Schnabel verlieren."

    Der Vogelkörper ist durch die Federn gut isoliert. Am Schnabel liegen die Blutgefäße nur unter einer dünnen Hornschicht, keine Barriere für Wärme. Auf den Infrarotbildern hebt sich der Schnabel denn auch leuchtend gelb vom rötlichen Hintergrund ab. Auch in dieser Darstellung ist der Tukanschnabel ein Hingucker. Die Bilder entstanden unter sehr künstlichen Bedingungen, in der Natur nutzt der Tukan seinen Schnabel als Klimaanlage. Die Tiere sind ja nicht gerade aerodynamisch gebaut, Fliegen ist anstrengend für sie und so geben sie überschüssige Hitze nach einem Flug über den Schnabel ab. Und kurz vor dem Schlafengehen öffnet der Tukan nicht etwa ein Fenster in seiner Höhle sondern die Adern in seinem Schnabel um den Körper auf eine wohlige Ruhetemperatur abzukühlen. In der Nacht dann erwärmt sich der Schnabel immer wieder, vielleicht im Rhythmus der Tukanträume. Wie bei jeder Klimaanlage kommt es auch bei dem großen Schnabel auf die exakte Regulierung an. Die funktioniert bei den Jungvögeln nicht, deshalb konnte Glenn Tattersall den warmen Schnabel fühlen. Kein Wunder, das Jungtukane selbst bei 26, 27 Grad Außentemperatur zittern. Tattersall:

    "Wir glauben, das liegt daran, dass ihr Schnabel wächst. Das ist eine große Investition, er wächst fast ein Jahr. Und in der Zeit sind sie noch nicht in der Lage den Blutfluss zum Schnabel zu regulieren."

    Der Transport von Rohstoffen zum wichtigsten Organ des Tukans hat offenbar Vorrang vor der Temperaturkontrolle. Ein erwachsener Tukan könnte es sich aber nicht leisten, ständig so viel Wärme zu verlieren und achtet deshalb auf die Feinjustierung der Blutgefäße im Schnabel. Das können im Übrigen alle Vögel, die Glenn Tattersall bislang untersucht hat. Doch nur beim Tukan ist die Temperaturkontrolle lebenswichtig.

    "Wenn sie den Blutfluss nicht regulieren könnten, würden sie einen hohen Preis für ihren großen Schnabel zahlen, sie müssten sehr viel mehr fressen, um den Wärmeverlust auszugleichen."