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Bye-bye, Studienkonten

Studenten in Rheinland-Pfalz mussten meist nach 17 Semestern Studiengebühren bezahlen. Auf Betreiben der Grünen wurden nun die Studienkonten als besondere Form der Langzeitstudiengebühr abgeschafft.

Von Ludger Fittkau | 19.05.2011
    "Hier in Rheinland-Pfalz sah das so aus, dass man quasi einen gewissen Freibetrag hatte, an Semestern. Und dann wurden pro Semester quasi 'credit points' abgebucht. Und nach dem 17. Semester fing es dann an, das man Studiengebühren bezahlen musste. Die dann gleich allerdings in der Höhe von 600 Euro lagen, was natürlich ziemlich heftig ist."

    Melanie Fröhlich, die hochschulpolitische Referentin des Asta der Mainzer Universität, erklärt, wie Studienkonten in Rheinland-Pfalz seit acht Jahren funktioniert haben. Rund vier Millionen Euro zahlten rheinland-pfälzische Studierende jährlich an Langzeitstudiengebühren, weil sie ihre Studienkonten ausgeschöpft hatten, berichtet die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD). Die Ministerin, die in dieser Woche zehn Jahre im Amt ist, hätte die Studienkonten wohl nicht abgeschafft:

    "Der Impuls ist sicher auch von den Grünen ausgegangen, aber die Rahmenbedingungen haben sich so verändert, dass man glaube ich guten Gewissens diese Entscheidung treffen kann. Wir hatten nur Länder um uns herum, die Studiengebühren hatten und sie haben sie alle nacheinander abgeschafft."

    Bildungsgewerkschaften und Studierendenvertreter hatten die "Studienkonten" seit Langem als "verdeckte Studiengebühr" kritisiert. Die Öffentlichkeit, aber auch die Studierenden selbst seien oft nicht ausreichend darüber informiert gewesen, dass es in Rheinland-Pfalz zwar ein gebührenfreies Erststudium, aber mit den Studienkonten eine Langzeit-Studiengebühr gab. Das stellt Melanie Fröhlich bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit im Mainzer Asta fest:

    "Das Interessante war oftmals, gerade wenn wir Pressemitteilungen zum Thema rausgegeben haben, haben wir oftmals die Nachfrage bekommen: Ja, aber wir haben doch gar keine Studiengebühren bei uns, weil die auch nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind und man auch nicht darüber informiert wurde, wenn man angefangen hat zu studieren."

    Als Erfinder der Studienkonten gilt der heutige Berliner Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner, der zuvor Ressortchef in Mainz war. Zöllner hat sie Studienkonten später auch in Berlin als mögliche Alternative zu Gebühren im Erststudium ins Gespräch gebracht, aber diese Idee dann nicht mehr weiterverfolgt. Langzeitstudiengebühren ohne Studienkonten gibt es heute vor allem noch in CDU geführten Bundesländern wie Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen. In Mainz ist den Studierenden bewusst, dass die Studienkonten vor knapp zehn Jahren ein Versuch der SPD war, dem damals lauten politischen Ruf nach Studiengebühren ein wenig nachzugeben, ohne das Erststudium mit Gebühren zu belegen. Für die Lehramtsstudenten Sabrina Will und Maxell Fuller waren die Studienkonten kein gravierendes Alltagsproblem:

    "Ich würde sagen, dass es ein Kompromiss ist zwischen den Studiengebühren, wie es sie in den CDU- geführten Bundesländern gibt und den links geführten Bundesländern. Insofern fand ich die Idee an sich nicht schlecht."

    "Bei mir ist es jetzt so: Studienkonto – das ist alles okay. Regelstudienzeit packe ich zwar auch nicht mehr, aber bei Studiengebühren, da wäre für mich das Studium gelaufen. Weil ich es finanzieren müsste und das klappt so gar nicht."

    Der Asta der Uni Mainz fordert nach der Abschaffung der Studienkonten nun von der neuen rot-grünen Landesregierung, auch ein Zweitstudium gebührenfrei zu ermöglichen, um eine komplette Gebührenfreiheit an den Hochschulen zu erreichen. Melanie Fröhlich:

    "Der Bologna-Prozess impliziert, dass das Konzept des 'live long learning' – also des lebenslangen Lernens, an der Hochschule implementiert werden soll. Das kann ich nicht garantieren, wenn ich dann hingehe und sage, für mein Zweitstudium muss ich allerdings bezahlen. Auch das sind Summen, die sind nicht einfach aufzubringen, sage ich mal so.
    Und dementsprechend hoffen wir, dass die Koalition daran festhält, dass auch Zweitstudiumsgebühren endgültig vom Tisch sind."

    Diese Hoffnung der Studierendenvertreter könnte täuschen. Denn ein gebührenfreies Zweitstudium - so weit will die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen wohl nicht gehen:

    "Die Einzelheiten werden wir jetzt regeln. Aber das, was wir damit erreichen wollen, ist ein gebührenfreies Erststudium und das auch ohne zeitliche Beschränkung. Und ich denke, das muss man unterscheiden von Weiterbildungsangeboten oder eben auch von Zweitstudien."

    Aber auch, wenn für die meisten Studierenden in Rheinland-Pfalz ein gebührenfreies Erststudium ohne Zeitdruck das Entscheidende ist: Den Lehramtsstudenten Benjamin Klausmann begeistert die Abschaffung der "Studienkonten":

    ""Dass Rheinland-Pfalz nun wieder komplett gebührenfrei ist – find' ich cool!''"

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