Dienstag, 16. April 2024

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Callas-Ausstellung in Verona
Hinter der Fassade einer Diva

"Kein Kind, keine Familie, kein einziger Freund", schrieb die Operndiva Maria Callas in einem Brief kurz vor ihrem Tod im Jahre 1977. Ihr Leben war geprägt von künstlerischen Triumphen und privaten Rückschlägen. Das Opernmuseum in Verona widmet der Sopranistin jetzt eine umfangreiche Ausstellung.

Von Thomas Migge | 11.03.2016
    Das Bild vom 18.05.1963 zeigt Maria Callas während des Schlussapplauses nach dem Gala-Konzert in der Deutschen Oper Berlin.
    Maria Callas während des Schlussapplauses nach dem Gala-Konzert in der Deutschen Oper Berlin.. (dpa / Zettler)
    Maria Callas konnte so richtig aus der Haut fahren, wenn ihr, wie 1958 bei Proben an der MET in New York, etwas nicht passte. Dann wurde aus der ruhigen Callas eine Furie. Auch wenn sie in Interviews immer wieder erklärte, extrem cool und kontrolliert zu sein, beweist dieses rare Tondokument das genaue Gegenteil.
    Der Besucher in der Callas-Ausstellung in Verona bekommt diese und andere seltene Aufnahme zu hören – an einer der verschiedene Hörstationen. Es sind vor allem Tonraritäten, die das Besondere dieser Schau ausmachen.
    So gibt es auch eine Callas zu hören, die Wagners Isolde interpretiert. Heute undenkbar – nicht im deutschen Original, sondern in italienischer Sprache!
    Musik begleitet den Besucher durch jede der 14 Ausstellungsstationen, von Maria Callas’ Geburt 1923 in Griechenland, bis zu ihrem Tod 1977 in Paris.
    Augen- und Ohrenweide für Fans und Experten
    Die Veroneser Callas-Schau ist nichts für orthodoxe Musikpuristen, denen es um die reine Kunst geht. Dafür aber ist sie – und genau das macht ihren Reiz aus - eine Augen- und auch Ohrenweide für Fans und Experten, die hinter die Fassade des wohl ersten Megastars der modernen Opernszene blicken wollen. Es gibt soviel Persönliches wie in keiner anderen Callas-Ausstellung zu sehen - aus dem Nachlass der Diva und aus privaten Sammlungen ihrer Freunde. Einiges wird zum ersten Mal überhaupt ausgestellt. Wie etwa ein Foto von 1957, das Maria Callas beim Kaiserball im New Yorker Waldorf Astoria zeigt - prachtvoll als Pharaonin gekleidet. Oder ein Diamantencollier, das sie 1951 in Mexico City erwarb, und dort in Verdis Trovatore-Inszenierung trug. Die Schau präsentiert Fotografien, Poster, Tonaufnahmen, Briefe, Schmuck, Kleidung für die Bühne und das Boudoir, Hüte und Tonaufnahmen.
    Ausgestellt wird auch ein kostbarer kleiner Gegenstand, weiß der römische Musikkritiker Franco Soda:
    "Am 1. August 1947, vor ihrem Debut mit Ponchiellis ‚La Gioconda’ in der Arena von Verona, bekam sie von ihrem ersten Ehemann Giovanni Battista Meneghini ein sehr kleines Gemälde geschenkt, dass die Heilige Familie darstellt, ein Werk aus dem 18. Jahrhundert Maria trug es immer bei sich. Dieses Bild war zum Talisman geworden, der ihre Karriere beschützen sollte."
    Ein Bereich der Ausstellung ist dem Thema Callas und La Scala gewidmet. Kein Wunder, denn am Mailänder Opernhaus war sie zwischen 1950 und 1962 der absolute Star: Maria Callas sang dort in 23 verschiedenen Opern die Hauptrolle.
    In Mailand ließ sie sich auch einkleiden, bei der Modemacherin Elvira Leonardi Bouyeure, die als "Biki" international berühmt wurde. Die Ausstellung zeigt einige der eindrucksvollsten Callas-Roben. 1957 wurde die Sängerin übrigens von der Zeitschrift Vogue zur elegantesten Frau der Welt gekürt.
    Künstlerischen Triumphe und private Rückschläge
    Auf Meneghini folgte Onassis, auf Opern folgten Filme mit ihrem Freund Pier Paolo Pasolini. Dank ihres immensen Ruhms konnte sich die Sängerin ihre Rollen schließlich selbst aussuchen und sich auch als Filmschauspielerin versuchen. Doch auf die zahllosen künstlerischen Triumphe folgten private Rückschläge. Franco Soda:
    "Nach ihrer letzten Welttournee 1973-74 war eine weitere Operninszenierung geplant. ‚Tosca’ in Yokohama. Doch sie warf das Handtuch, hatte begriffen, dass ihre Stimme nicht mehr ihrem Perfektionismus entsprach. Dann starben 1975 Onassis und Pasolini und ein Jahr später ihr enger Freund Luchino Visconti"
    Diese Verluste setzten der Künstlerin schwer zu. Hinter den verdunkelten Fenstern ihres Pariser Apartments verbrachte sie ihre letzten Jahre in einer Traumwelt, und hielt Zwiesprache mit Toten. In einem Brief, der in Verona wie eine Ikone ausgestellt wird, schrieb sie kurz vor ihrem Tod im September 1977 mit nur 53 Jahren: "Kein Kind, keine Familie, kein einziger Freund".