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Caritas-Ausbildungsprojekt zuende
Keine jungen Spanier mehr in der Altenpflege

Jungen Spaniern eine Ausbildung zum Altenpfleger zu ermöglichen - das war das Ziel des Projekts "Oportunidad", zu deutsch "Chance". Jetzt ist die erste Generation fertig, doch die Caritas, die das Projekt ins Leben gerufen hat, wird es nun einstellen. Gemessen am Aufwand ist der Output zu niedrig.

Von Andrea Lueg | 27.12.2016
    Eine Frau wird in einem Seniorenheim von einer Pflegerin betreut.
    Arbeitslosen Jugendlichen in Spanien helfen und zugleich den eigenen Fachkräftemangel in der Pflege eindämmen, das war das erklärte Ziel des Caritas-Projekts "Oportunidad". (dpa/picture alliance/Jens Kalaene)
    "Ich konnte gar nichts, ich erinnere mir, meine erste Wort war "Danke", aber ich hab immer Tanke gesagt also komplett falsch ne?"
    Alejandra Motato Paez ist eine mutige Frau. 2012 kam die gelernte Krankenschwesterhelferin nach Deutschland, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, um sich eine Perspektive aufzubauen, die es in Spanien mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 50 Prozent nicht gab.
    "Am Anfang, ich war voll mutig, aber ich war auch ein bisschen traurig wegen meiner Familie, aber mit der Zeit hat gut geklappt."
    In gut drei Jahren hat die damals 19-Jährige Deutsch gelernt und eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert. Alles im Rahmen des Projektes Oportunidad, auf Deutsch "Chance", das die Kölner Caritas initiiert hat. Sie wollte arbeitslosen Jugendlichen in Spanien helfen und zugleich den eigenen Fachkräftemangel in der Pflege eindämmen, erklärt Projektleiter Guido Geiss.
    "Wir haben ein sehr aufwendiges Assessment Center gemacht in Spanien mit Hilfe auch der dortigen Stadtverwaltung über drei Tage, wir hatten insgesamt 100 Bewerber und davon haben wir 30 ausgewählt, mit denen wir dieses Assessment Center gemacht haben."
    Am Ende blieben acht Teilnehmer übrig, die nach Deutschland kamen und erst mal ein sechsmonatiges Praktikum mit Integrationskurs absolvierten. Anschließend gingen alle in die Ausbildung zum Altenpfleger. Für Alejandra Motato war schnell klar, dass dieser Job genau der richtige für sie ist.
    Engmaschige Betreuung durch die Caritas
    "Das Gefühl, den alten Leuten zu helfen, weil es gibt viele Leute, die haben vielleicht keine Familie oder keine Angehörigen und wir können sie begleiten bis Ende ihres Lebens, das finde ich schön, die bleiben nicht alleine, weil die alt sind oder keiner sich um die kümmert."
    Die Kollegen im Altenheim, von denen viele selbst einen Migrationshintergrund haben und die alten Menschen im Heim – alle standen dem Projekt offen gegenüber, erzählt Betreuerin Hanna Koledo.
    "Denen haben wir das auch alles erklärt, dass es ein Projekt ist mit Jugendlichen aus Spanien und die fanden das alles prima. Es gab eine Bewohnerin, die zwischendurch Alejandra geholt hat und mit ihr Deutsch gelernt hat."
    Die Caritas hat die jungen Spanier engmaschig betreut, bei der Wohnungssuche geholfen und vor allem bei vielfältigen bürokratischen Hürden. Der Aufwand sei enorm gewesen sagt Projektleiter Geiss und resümiert:
    "Über die drei Jahre sind am Ende drei von den acht, die die Ausbildung fertig gemacht haben und heute examinierte Altenpfleger sind."
    Zwei Teilnehmer arbeiten noch in der Altenpflege als Helfer, die restlichen drei sind nach Spanien zurückgegangen. Die Caritas wird das Projekt nicht fortsetzen. Der Aufwand ist gemessen am Erfolg einfach zu hoch. Ein Grund dafür:
    "Ein Resümee ist schon, dass eine Auswanderung eine sehr existenzielle Entscheidung ist und bei den dreien, die jetzt auch durchgehalten haben, bei den dreien war auch schon vorher diese Entscheidung gereift."
    Mit denen arbeiten, die schon hier sind
    Inzwischen, so Projektleiter Geiss, sei die Situation in Deutschland zudem eine andere.
    "Jetzt haben wir sehr viele Menschen die hier her kommen, ob das aus Europa ist, ob das aus der ganzen Welt ist, obs Flüchtlinge sind, viele Menschen, die sich entschieden haben, hier nach Deutschland zu kommen, weil sie hier eine Chance suchen und ich glaube, da ist der erste Schritt getan und mit denen zu arbeiten, ich glaube, das ist effektiver."
    Doch auch dann wird sich ein zentrales Problem nicht so schnell lösen lassen, fürchtet Guido Geiss. Und das ist der Umgang mit den formalen Anforderungen.
    "Also eigentlich war das Ganze nur ein behördliches oder ein formales Problem. Das hat einen manchmal echt in die Tischkante beißen lassen vor Verzweiflung."
    Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse
    Weil die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland, wie Geiss sagt, immer noch fast unmöglich ist, hatte die Caritas sich entschlossen, eine Ausbildung anzubieten. Doch auch die Anerkennung von Schulabschlüssen geriet schon zum Großprojekt und die vielfältigen Bestimmungen für Integrationskurse hätten beinah verhindert, dass die Spanier parallel dazu ein Praktikum machten. Selbst als Unterstützung gedachte Programme hätten sich nicht als hilfreich erwiesen, sagt Geiss.
    "Es gab dieses MobiPro Programm, wo man Unterstützung kriegt – wir haben's irgendwann gelassen, das war so kompliziert und aufwendig. Als wir das Projekt dann eingestellt habe , haben sie uns dann angeschrieben, ob wir denn nicht weitermachen wollen, da waren aber schon vier Jahre vergangen und wir haben gesagt: Nee, jetzt wollen wir nicht mehr."
    Guido Geiss sieht Oportunidad keineswegs als Misserfolg. Man habe sehr viel gelernt im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen und das werde man auch in Zukunft nutzen. Und im Kardinal Frings Altenheim will niemand mehr Alejandra Motato missen:
    "Es war etwas Neues und ich bin froh, dass ich daran teilnehmen konnte und wir können nur stolz sein, dass die Altenpflege so eine tolle Fachkraft hat."