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Auf Sommertour mit Guido Wolf

Er will im kommenden März den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ablösen: Guido Wolf ist Spitzenkandidat der CDU in Baden-Württemberg. Jetzt ist er auf Sommertour und damit auf Tuchfühlung mit seinen potenziellen Wählern.

Von Michael Brandt | 13.08.2015
    Der CDU-Politiker Guido Wolf bei der Bekanntgabe des Ergebnisses der CDU-Mitgliederbefragung für die Spitzenkandidatur 2016 in Baden-Württemberg.
    Bislang über die Landesgrenzen von Baden-Württemberg hinaus wenig bekannt: Guido Wolf (dpa /Bernd Weißbrod)
    Es ist heiß auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Die Zuhörer, meist älteren Semesters, haben es sich unter einem provisorischen Sonnensegel oder unter mitgebrachte Schirmen gemütlich gemacht. Aber Guido Wolf steht in dunklem Anzug und mit Krawatte in der prallen Sonne und wartet, bis er dran ist. Immerhin sind die Zuhörer klar auf seiner Seite:
    "Und so sollte, was ich hoffe, die CDU den nächsten Ministerpräsidenten stellen."
    Iris Ripsam, die Vorsitzende der Union der Heimatvertrieben und Flüchtlinge, erinnert an die Charta der Flüchtlinge, die vor 65 Jahren in Stuttgart unterzeichnet wurde, und Wolf ist als Festredner gekommen
    "Ihnen, den Vertriebenen, wurde das Menschenrecht auf Heimat genommen. Sie haben diese schmerzliche Erfahrung durchleiden müssen."
    Er erweist den Vertriebenen seinen Respekt und erklärt seine Liebe zur Heimat, aber er sorgt gleichzeitig dafür, dass die traditionell konservativen Vertriebenen nicht auf die Idee kommen, AfD oder noch weiter rechts zu wählen. Und nach 20 Minuten Reden und Schwitzen, bekommt er sein Dankeschön.
    "Ein Mann, der hier vorne diese Rede hält, im dunklen Anzug bei 34 Grad, mit Verlaub, der hat auch das Zeug, im nächsten Jahr Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu werden."
    Auf dem Schlossplatz war es ein Heimspiel für den Spitzenkandidaten der CDU; den Mann, der im kommenden März den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ablösen will. Keine leichte Aufgabe, denn Kretschmann ist beliebt im Land. Andererseits hat auch Guido Wolf innerhalb weniger Jahre den Durchmarsch vom Landrat und einfache Landtagsabgeordneten zuerst zum Landtagspräsidenten und dann zum Spitzenkandidaten und Fraktionsvorsitzenden geschafft.
    Einen Tag später in der Haltnau, einem Weinlokal bei Meersburg am Bodensee. Der Wirt ist langjähriges CDU-Mitglied, daher gingen hier auch Landespolitiker ein und aus - und wichtige Entscheidungen, insbesondere in der Regierungszeit von Erwin Teufel wurden hier und nicht am Kabinettstisch in Stuttgart getroffen.
    Wolf, auch diesmal im Anzug, wenn auch ohne Krawatte, fühlt sich trotz Hitze sichtbar wohl:
    "Ich bin gern unter Menschen, ich mag Menschen. Und natürlich ist es für mich als Politiker auch wichtig, deren Herzen zu erreichen."
    Aber der Besuch in der Haltnau ist für den 53-Jährigen auch die Gelegenheit, sich mit einigen Ex-Landespolitikern zu treffen, die in seiner Partei noch immer hohes Ansehen genießen. Vatikan-Botschafterin Annette Schavan ist gekommen und der langjährige Ministerpräsident Erwin Teufel.
    Die Abwahl als Regierungspartei im Jahr 2011 sei – so Teufel - eine Folge von Fukushima gewesen. Daher ist er überzeugt, dass seine CDU bei der Landtagswahl im März - trotz eines beliebten grünen Ministerpräsidenten - eine gute Chance hat.
    CDU will wieder den Ministerpräsidenten stellen
    "Ich will das nicht herunterspielen, dass es auch auf den Mann ankommt, aber da habe ich auch durchaus Vertrauen in Guido Wolf, den ich gut kenne, weil er einmal mein Mitarbeiter gewesen ist."
    Aber dennoch: Ein Heimspiel, wie bei den Vertriebenen, hat Wolf hier nicht. Die Menschen sind ihm zwar gewogen und lachen mit, als er seine Reden auf den Wirt namens Werner Endress mit einem Spontangedicht beendet:
    "Werner singt für uns und Oma
    zum Höhepunkt mal gern Paloma
    das klingt dann wie ein Wolf im Koma."
    Aber gerade im Oberland zwischen Schwäbischer Alb und Bodensee ist auch der bodenständige Kretschmann beliebt, selbst in einem Weinlokal mit langer CDU-Tradition.
    "Der Wolf, wir waren zufrieden, der hat seine Sache gut gemacht."
    "Hervorragend, der kommende Ministerpräsident."
    "Also ich habe ihn jetzt das erste Mal live gesehen, kommt sympathisch, aber mal schauen."
    "Gegen den Kretschmann anzutreten, wird schwer werden. Ich bin jetzt auch eher unionslastig, trotzdem sehe ich das eher realistisch und es ist nicht ganz einfach."
    Flüchtlingsthema könnte Wahlkampf bestimmen
    Es wird bei der Wahl, das sagen alle, auch auf die Themen ankommen. Möglicherweise vor allem auf eines: die Flüchtlingspolitik. Auch im wohlhabenden Baden-Württemberg ist die Situation schon jetzt schwierig und sie könnte kritisch werden, wenn im Laufe des Jahre Menschen nicht nur in leerstehenden Kasernen untergebracht werden, sondern auch in Sporthallen. Guido Wolf sagt zu dem Thema:
    "Ich bin dankbar, dass es unverändert eine große Welle der Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung gibt. Aber ich spüre natürlich auch die Sorge vieler, die sagen, wir können nicht der Zufluchtsort für alle sein. Menschen aus dem Balkan ohne Anerkennungsperspektive müssen schnell wieder zurückgeführt werden."
    Die andere Seite ist: Die Wirtschaft und auch einige Christdemokraten im Land fordern ein Einwanderungsgesetz. Noch sind viele Lehrstellen unbesetzt, für den Arbeitsmarkt wären Migranten hoch willkommen. Hier allerdings bremst der baden-württembergische Spitzenkandidat. Ziel dürfe nicht sein, sagt Wolf, dass noch mehr Zuwanderer ins Land kommen:
    "Bei der grün-roten Landesregierung habe ich das Gefühl, dass ein Einwanderungsgesetz dazu dienen soll, mehr Zuwanderung zu ermöglichen. Ich glaube, das ist im Augenblick das falsche Signal. Ich bin offen, darüber nachzudenken, wie können wir richtige Zuwanderung steuern."
    Wolf stellt auf der einen Seite selbst fest, dass es in Baden-Württemberg derzeit eine große Offenheit gegenüber Flüchtlingen gibt. Anders als in den 90er-Jahren.
    Auf der anderen Seite weiß er, dass die Asylkampagne von CDU und CSU dazu geführt hat, dass 1992 die rechtsextremen Republikaner in den Landtag einzogen. Gleichzeitig verlor die CDU damals die absolute Mehrheit und musste in die Große Koalition.