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CDU-Chefin
Kramp-Karrenbauer: Man hätte Maaßen früher entlassen müssen

Der Umgang mit dem früheren Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen sorgt für Streit in der Union. Im Deutschlandfunk kritisierte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer Maaßens Absolutheitsanspruch. Schon früher hätte er als Behördenchef entlassen werden müssen.

Annegret Kramp-Karrenbauer im Gespräch mit Klaus Remme | 25.08.2019
Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Bundesvorsitzende, steht in einem roten Blazer vor Journalisten an einem Rednerpult.
Die Vorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer (dpa /Jörg Carstensen)
Die CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre Kritik am ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, bekräftigt. Es gehe nicht darum, dass einzelne Positionen in der CDU nicht ausgesprochen werden können, sagte Kramp-Karrenbauer im Deutschlandfunk-Interview der Woche.
Kritik an Maaßens Äußerungen zu Chemnitz
Neu sei eine Haltung, die für die eigene politische Position in der CDU einen Absolutheitsanspruch stelle, eine solche Haltung sei der CDU nicht angemessen. Kramp-Karrenbauer erinnerte an die Vorgänge von Chemnitz und die Einlassungen Maaßens - nicht auf dem Dienstweg, sondern über die Öffentlichkeit. Die CDU-Chefin und Bundesverteidigungsministerin sagte weiter: "Die Konsequenz hätte eigentlich die Entlassung sein müssen."
Maaßen war im Spätsommer 2018 als Präsident des Bundesverfassungsschutzes in die Kritik geraten, nachdem er die Echtheit eines Videos bezweifelt hatte, das nach der Tötung eines Mannes in Chemnitz eine Attacke gegen Migranten zeigt. Im November 2018 versetzte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Maaßen in den einstweiligen Ruhestand, nachdem dieser laut einem Redemanuskript von teils "linksradikalen Kräften in der SPD" gesprochen hatte. Maaßen hat seine Kritik an der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Bundesregierung auch zuletzt immer wieder bekräftigt.

Das Interview in voller Länge:
Remme: Frau Kramp-Karrenbauer, ich freue mich, dass Sie hier sind, vielen Dank für Ihre Zeit.
Kramp-Karrenbauer: Bitte schön.
Remme: Ich schaue auf die Liste des Kabinetts. Peter Altmaier, Heiko Maas und Sie, mit Ihnen sitzen inzwischen drei Minister aus dem Saarland im Kabinett. Eberhard Zorn, der Generalinspekteur, wenn ich es recht erinnere, ist auch aus Saarbrücken. Haben Sie eine Erklärung für diese ungewöhnliche Konzentration politischer Spitzenjobs?
Kramp-Karrenbauer: Das ist im Moment sicherlich ein Zufall auch der zeitlichen Abfolgen, und am Ende des Tages, auch bei allem Regionalstolz, kommt es natürlich darauf an, was man in seinem Amt und aus seinem Amt macht und weniger woher man kommt.
Remme: Ich habe gestern noch mal nachgeschaut, Sie alle, die Namen, die ich genannt habe, trennen nur ganz wenige Jahre. Kennen Sie sich von dort?
Kramp-Karrenbauer: Ja, wir kennen uns gut. Mit Peter Altmaier verbindet mich natürlich eine lange Parteifreundschaft und auch persönliche Freundschaft. Wir kommen aus der gleichen JU-Generation, und mit Heiko Maas verbindet mich eine persönliche Freundschaft. Wir haben zusammen eine Regierung gebildet unter nicht einfachen Bedingungen, haben gut zusammengearbeitet, und diese persönliche Achse besteht bis heute, und bei Eberhard Zorn bin ich sehr froh, dass er nicht mehr mein Generalinspekteur ist, sondern auch ein ausgewiesener und anerkannter und ernannter Saarlandbotschafter, so nennen wir das Netzwerk an herausragenden Persönlichkeiten, die insbesondere auch für die Interessen des Saarlandes weltweit eintreten.
Remme: Das gibt es tatsächlich?
Kramp-Karrenbauer: Das gibt es tatsächlich. Wir haben eine Stiftung, Saarländer für Saarländer, und wir haben wirklich weltweit ganz hervorragende Persönlichkeiten, die als ausgewiesene Saarlandbotschafter wirklich auch sehr aktiv sich für die Interessen der Region einsetzen.
Remme: Wenn wir einmal auf Ihr neues Amt schauen, Sie wurden fast auf den Tag genau vor einem Monat als Verteidigungsministerin vereidigt. Alle Eindrücke sind noch frisch. Gab es einen Moment, der in der Erinnerung herausragt?
Kramp-Karrenbauer: Das war ganz sicherlich der 20. Juli, das Gelöbnis, das Gedenken auch an die Attentäter gegen Hitler, und das war ganz sicherlich auch der große Zapfenstreich zur Verabschiedung von Ursula von der Leyen, weil an diesem Tag und vor allen Dingen auch bei dem Vorempfang noch einmal in der Gesamtschau deutlich geworden ist, wie groß die Trendwende ist, die die Bundeswehr unter ihrer Leitung auch seit 2014 eingeleitet hat und wie dieser Pfad vorgezeichnet ist, der jetzt eben konsequent und noch schneller als bisher auch umgesetzt werden muss.
Remme: Sie sind in der Nacht auf Donnerstag aus dem Irak zurückgekommen und waren das erste Mal überhaupt in der Region, mit dabei ein handfestes innenpolitisches Problem, nämlich die Zukunft der Bundeswehr in der Region, ein Dissens, der in der Koalition völlig offensichtlich ist. Sehen Sie nach dieser Reise eine Lösung für das Problem, die vorher nicht erkennbar war?
Kramp-Karrenbauer: Ich habe die Reise deswegen ja bewusst auch zu diesem Zeitpunkt angetreten, weil wir erst einmal objektiv vor der Situation stehen, dass das jetzige Mandat, auf deren Grundlage wir im Irak auch engagiert sind, zum Ende Oktober auslaufen wird, und in dem Text ist ausdrücklich vermerkt, dass es letztmalig bis zu diesem Zeitpunkt verlängert worden ist. Das heißt, wir stehen vor der Situation, dass wir aus meiner Sicht ein neues Mandat aufsetzen müssen, denn das will ich vorwegschicken, ich bin der festen Überzeugung, dass wir auch weiter in der Region präsent sein sollten und uns engagieren sollten.
Remme: Der Auffassung waren Sie auch vorher schon.
Kramp-Karrenbauer: Dieser Auffassung war ich auch vorher schon und mir ging es bei dieser Reise zum einen darum, mir ein eigenes Bild zu machen, was tun wir vor Ort, wie wird das auch wahrgenommen, was sind die Effekte und zum Zweiten, was sind auch die Fortentwicklungen, damit wir bei einem Neuaufsetzen des Mandates eben nicht nur darüber reden, was ist der Status quo, sondern auch darüber reden, was ist unsere Strategie, wohin wollen wir. Ich glaube, bei dieser Reise ist sehr deutlich geworden bei allen Gesprächen, militärisch aber auch mit den politischen Vertretern, dass es drei Kernbotschaften gab und die Botschaften waren, es ist gut, dass die Bundeswehr in der Region ist, das ist hoch anerkannt, überall. Es ist der einhellige Wunsch, dass die Bundeswehr auch dort bleibt, insbesondere auch mit Blick auf die Frage, wie nachhaltig ist der IS besiegt, wie nachhaltig können wir ihn weiter unter Druck halten, und es ist die Bitte gekommen, dass wir uns noch stärker engagieren, und zwar nicht nur militärisch, sondern vor allen Dingen dann auch in der längeren Folge zivil und auch mit entsprechenden wirtschaftlichen Kontakten.
"Voraussetzungen schaffen, dass der IS besiegt bleibt"
Remme: Jetzt haben Sie es eben schon erwähnt. In dem Mandatstext steht die Beendigung des Einsatzes zum 31.10. Das ist ja ein Mandat, das muss man vielleicht einigen auch noch mal erklären, mit unterschiedlichen Elementen, völlig unterschiedlichen Elementen, dazu auch noch mit Stützpunkten in zwei benachbarten Ländern. War es ein Fehler, durch diese Formulierung zumindest den Eindruck zu erwecken, dass die Bundeswehr danach nach Hause kommt?
Kramp-Karrenbauer: Ich habe diese Formulierung auch so verstanden, dass es die Brücke war, die schon im vergangenen Jahr gebaut werden musste, damit man das Mandat bis zum jetzigen Zeitpunkt verlängern konnte. Es war auch damals schon umstritten. Ich darf daran erinnern, dass es auch ja eine Debatte zwischen Regierung und Opposition gab.
Irak, Erbil: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Verteidigungsministerin, steht zwischen Peschmerga Soldatinnen
Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer im Nordirak (Michael Kappeler/dpa)
Jetzt sehen wir, dass mit Blick auf das Thema Luftaufklärung diese Luftaufklärung und die hoch spezialisierten Auswerter, die wir stellen, deswegen gebraucht werden, um die letzten Schlupflöcher der IS-Terroristen in weit entlegenen Gebieten ausfindig machen zu können, aber eben auch, das ist ein Ergebnis auch der Reise gewesen, aber eben auch, um zum Beispiel den zivilen Behörden zu helfen bei der Verwaltung der Flüchtlingslager und um den NGOs auch zu helfen bei der Einordnung, wo können sie sich bewegen und wo ist es nicht sicher. Der Ausbildungsteil ist deshalb so wichtig, weil ja unser Ziel nicht ist, auf Dauer in der Region zu bleiben, sondern unser Ziel ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Wir wollen, dass die irakischen Sicherheitskräfte so ausgebildet werden, dass sie selbst in der Lage sind, auch ohne Unterstützung von außen, auf Dauer den Kampf gegen den IS bestehen zu können, und deswegen ist der Ausbildungsteil eben auch ein ganz wichtiger Teil.
Remme: Mir ist klar, dass ich ja eigentlich mit Blick auf Ihre Amtsführung über Altlasten spreche. Sie waren nicht beteiligt, als diese Entscheidung getroffen wurde, aber dennoch. War es dann kluge Politik zu sagen, wir brauchen hier dringend einen Kompromiss und deswegen schreiben wir das da rein, wohlwissend, dass das Problem ja dann lediglich aufgeschoben wird und jetzt eben, ein Jahr später, umso dringender.
Kramp-Karrenbauer: Es war zuerst einmal eine kluge Entscheidung, dass das Mandat überhaupt verlängert werden konnte. Das hat man auch noch mal sehr deutlich gemerkt in der Hochachtung für die Leistung der Deutschen Bundeswehr und der Soldatinnen und Soldaten vor Ort, aber auch der zivilen Kräfte, die wir in der Region haben, etwa über die GIZ oder das THW, das darf man nie vergessen, weil wir für deren Sicherheit mit der Bundeswehr eben auch sorgen. Der zweite Punkt ist aber, dass wir sicherlich auch in den letzten Monaten durch die Entwicklung in Syrien, aber auch durch den zunehmenden Konflikt zwischen dem Iran und den USA und auch durch die Tatsache, dass der IS, und das ist eine Erkenntnis aus der Region, sich durchaus schneller wieder erholt und nicht so durchgreifend geschlagen ist, wie man das vielleicht noch vor einem Jahr gedacht hat, dass diese Erkenntnisse jetzt eben auch noch mal dazukommen und deswegen muss man die Lage jetzt aus meiner Sicht eben auch noch mal bewerten.
Remme: Das wird in den nächsten Tagen und Wochen geschehen. Die Entscheidung muss ja nun irgendwann fallen, und zwar bald. Sind Sie, ist die Union in dieser Diskussion bereit, um der SPD entgegenzukommen, das Mandat umzustrukturieren, ja, aber auf gewisse Teile zu verzichten? Wir hören aktuell, dass die Abgeordneten, die Sie begleitet haben, insbesondere sehr, sehr kritisch auf die Ausbildung im Irak schauen, weniger kritisch auf die Aufklärungsflüge. Bahnt sich hier so gesehen eine Lösung an?
Kramp-Karrenbauer: Das Mandat hat ja drei Teile. Es hat die Aufklärung, es hat die Ausbildung und es hat im Übrigen auch die Stabsarbeit, die zivilmilitärische Zusammenarbeit. Ich glaube, gerade dieser letzte Punkt muss gestärkt werden, weil wir wollen ja einen Prozess, in dem auch es die Entwicklung von zivilen Strukturen gibt, die dem Land Stabilität und Sicherheit geben, damit zum Beispiel die Frage der Flüchtlinge auch im Land stabil gelöst werden kann. Bei dem Thema Ausbildung muss man noch einmal unterscheiden. Wenn man in die Region um Erbil schaut, dann haben wir dort einen Prozess gestartet, bei dem es zuerst um die Grundausbildung auch der Peschmerga ging.
Remme: Erbil, ich will das kurz dazu sagen, das ist im Norden des Landes und betrifft die Zusammenarbeit mit den Peschmerga.
Kramp-Karrenbauer: Genau, die zweite Phase, in der sind wir jetzt, dass wir jetzt die Ausbilder ausbilden, die sozusagen aus eigener Kraft die Streitkräfte ertüchtigen und wir wollen eine dritte Stufe erreichen, die Ausbildung sozusagen derjenigen, die dann auch die gesamte Konzeption erstellen, sodass wir auf Dauer nur noch beratend und in einem Monitoring betätigt sind. Deswegen sollte man diesen Prozess auch weiter unterstützen.
Remme: Okay, aber die SPD scheint da ganz anderer Meinung zu sein. Deswegen die Frage, diese Elemente verzichtbar?
Kramp-Karrenbauer: Diese Elemente sind aus meiner Sicht anpassbar, denn wenn wir uns zum Beispiel in Erbil sozusagen stärker in die Monitoring-Rolle weiterentwickeln, können wir über spezialisierte Ausbildung, zum Beispiel beim Thema Umgang mit Munition, reden, können auch über Sprachausbildung das eine oder andere, etwa hier in Deutschland, auch tun, also da gibt es Weiterentwicklungspotenzial. Worauf man im Irak immer achten muss, ist, dass das Gleichgewicht zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der Regionalregierung in Erbil, also den Kurden, dass das einigermaßen erhalten bleibt, denn wir haben einen Gürtel eines umstrittenen Gebietes zwischen Bagdad und Erbil, und in diesem Gürtel zieht sich im Moment der IS massiv zurück, und diese Befriedung, dieses Gleichgewicht, ist ein wesentlicher Faktor für den auch innenpolitischen Erfolg im Irak, damit wir Voraussetzungen schaffen, dass der IS und dass sein Terror auf Dauer auch wirklich besiegt bleibt.
Remme: So, jetzt ist dieser Einsatz bei Weitem nicht der einzige. Es gibt, korrigieren Sie mich, 13 laufende Einsätze der Bundeswehr. Reisen Sie die jetzt alle zeitnah ab? Sie haben ja auch noch einen zweiten Vollzeitjob als Parteivorsitzende.
Kramp-Karrenbauer: Also es ist in diesem Jahr auf jeden Fall noch in der Planung, dass ich zu unseren Soldatinnen und Soldaten nach Mali reisen will. Ich werde auch in Verbindung mit einer Sicherheitskonferenz im Baltikum sein, denn auch dort machen wir Air Policing, unterstützen wir die Kräfte vor Ort, natürlich Afghanistan, weil wir dort auch in einem Prozess stehen und auch eine unserer Seemission. Also, ich will immer in einem sehr regelmäßigen Wechsel mir die Bundeswehr im Grundbetrieb insbesondere auch anschauen hier in Deutschland. Deswegen wird es da auch sehr viele Vor-Ort- und Truppenbesuche geben, aber eben auch dort, wo wir in internationalen Verpflichtungen stehen.
Remme: Sie hören das Interview der Woche im Deutschlandfunk und mein Gast ist die neue Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Frau Kramp-Karrenbauer, kennen Sie schon Ihren Amtskollegen in Washington, Mark Esper?
Kramp-Karrenbauer: Wir haben schon miteinander telefoniert, einen Tag, nachdem er seine Bestätigung durch die amerikanischen Gremien erhalten hat.
"Saarland ist genauso unverkäuflich wie Grönland"
Remme: Wann sehen Sie sich das erste Mal?
Kramp-Karrenbauer: Wir sind im Moment gerade in einer Terminabstimmung entweder eine Reise von mir nach Washington oder eines Termins möglicherweise von ihm hier in Berlin. Das gestaltet sich auch mit Blick sicherlich auf aktuelle Entwicklungen, vor allen Dingen auch für die amerikanische Seite, etwa der Debatten um die Friedensverhandlung in Afghanistan, gar nicht so einfach, aber ich hoffe, dass wir das im Laufe der nächsten Wochen finalisieren können.
Remme: Und wenn Sie sich sehen, was wenn er im Auftrag Trumps das Saarland kaufen soll?
Kramp-Karrenbauer: Das Saarland ist genauso unverkäuflich wie Grönland.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Parteichefn Annegret Kramp-Karrenbauer, Saarlands frühere Ministerpräsidentin
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, Saarlands frühere Ministerpräsidentin (Kay Nietfeld / dpa )
Remme: Oder Bayern?
Kramp-Karrenbauer: Und Bayern ist noch viel unverkäuflicher und im Übrigen unbezahlbar.
Remme: Sie merken, worauf ich hinaus will, nämlich dass es eigentlich zutiefst erschreckend ist, dass es eine Grundlage für solche Fragen gibt, oder?
Kramp-Karrenbauer: Es ist zumindest ungewöhnlich, dass man sich in einer ernsthaften politischen Sendung mit dem Verkauf von Grönland befasst, aber ich kann nur nach den ersten Kontakten mit dem amerikanischen Kollegen und auch dem Pentagon sagen, und das ist, glaube ich, auch die Erfahrung aus den letzten Jahren, dass insbesondere die Beziehung auch der beiden Verteidigungsministerien immer sehr gut waren, dass das Verteidigungsministerium in den Vereinigten Staaten auch immer eine große Rolle für auch eine stabile Politik gespielt hat. Man darf nie vergessen, dass ein Teil unserer Sicherheit eben vor allen Dingen gewährleistet wird durch die NATO und dort insbesondere auch durch die transatlantische Freundschaft und die transatlantischen Beziehungen, und das ist tiefer und geht weiter als die aktuellen Einlassungen des amerikanischen Präsidenten.
Remme: Jetzt kann man aber das Weiße Haus nicht völlig ignorieren, auch Sie können das nicht. Da sitzt Donald Trump, der sich mal als gefährlicher Clown und mal als Rassist präsentiert. Finden Sie deutliche Worte für ihn?
Kramp-Karrenbauer: Es ist sicherlich eine der Ebenen, mit der ich mich unter anderem auch als Parteivorsitzende auseinandersetze, und ich habe das ja an der einen oder anderen Stelle auch getan. Im Übrigen tun wir es auch dadurch, dass wir zum Beispiel bei der sehr zerbrechlichen und fragilen Situation um den Iran herum als Europäer, aber insbesondere in Abstimmung zwischen Großbritannien, Frankreich und Deutschland, ja einen erkennbaren anderen politischen Ansatz fahren, als das die amerikanische Regierung tut, aber aus dem Amt der Verteidigungsministerin heraus ist natürlich mein Counterpart der Kollege in Washington und die Beziehungen insbesondere auf dieser Ebene, auch zwischen den Administrationen, die sind stabil und die sind gut.
"Die erste Zielmarke im Jahr 2024 ist 1,5 Prozent"
Remme: Heiko Maas hat es ja in der Hinsicht vielleicht etwas einfacher. Er kann diesen Umweg gehen und tut dies ja auch ganz stark, indem er diese Allianz für Multilateralisten versucht zu schmieden gegen Unilateralismus, man könnte auch sagen gegen die Putins und die Trumps. Bei Ihnen im Amt ist das schwieriger, denn so wie ich es sehe, hängt doch Europa auch zweieinhalb Jahre nach dem Amtsantritt von Donald Trump sicherheits-, verteidigungspolitisch immer noch am Tropf der Amerikaner.
Kramp-Karrenbauer: Aber wenn Sie die NATO sehen, dann ist die NATO natürlich auch ein Ausdruck von Multilateralismus, denn es ist nicht nur die Beziehung bilateral zu den Vereinigten Staaten, sondern es ist ein Bündnis von vielen Ländern. Wenn wir vorhin über den Irak gesprochen haben, der Kampf gegen den IS wird dort von einem internationalen Bündnis, von 75 Staaten und vier internationalen Organisationen geführt als ein Ausdruck von Multilateralismus, und deswegen ist es so wichtig, dass das, was wir in der NATO miteinander vereinbart haben, etwa in der Frage, in welcher Höhe leisten wir welchen Beitrag, dass diese Vereinbarungen auch eingehalten werden. Wir können nicht auf der einen Seite sagen, wir sind für Multilateralismus, wir sind dafür, dass Vereinbarungen und Verträge, die man geschlossen hat, auch eingehalten werden, und auf der anderen Seite, dort, wo wir das getan haben, diese Vereinbarungen dann einfach zur Seite legen.
Remme: Dann verfolgen wir diesen Weg. Wann können Sie unseren NATO-Verbündeten sagen, dass wir 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben?
Kramp-Karrenbauer: Das ist ein Prozess, den wir angelegt haben. Die erste Zielmarke ist im Jahr 2024 1,5 Prozent.
Remme: Das ist eine deutsche Zielmarke.
Kramp-Karrenbauer: Das ist eine Zielmarke, die wir an die Gremien der NATO gemeldet haben, die dort auch so akzeptiert worden ist. Im Übrigen ist die Frage, was verbirgt sich hinter dieser Kennziffer und was verbirgt sich hinter den Verpflichtungen der NATO, nicht nur eine Frage des reinen Geldes, des Bargeldes, wenn Sie so wollen. Es ist eine Frage, welche Fähigkeiten haben wir, bringen wir ein und welche Verpflichtungen im Rahmen der NATO haben wir zugesagt und erfüllen wir. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz in Afghanistan. Wir sind im Norden des Landes die Führungsnation. Wir sind der zweitgrößte Truppensteller. Auch das ist eine Erfüllung unserer Verpflichtungen in der NATO.
Remme: In Wales hat man sich seinerzeit verabredet, dort ist dieses Zwei-Prozent-Ziel – so umstritten es ist – nun einmal formuliert worden. Die Bundesregierung hat daraus bis 2024 ein 1,5-Ziel gemacht. Die mittelfristige Finanzplanung gibt selbst das nicht her. Wie soll es weitergehen?
Kramp-Karrenbauer: Wir müssen, das habe ich sehr deutlich gesagt, auch schon vor der Amtsübernahme, sicherstellen, dass wir die 1,5 Prozent erreichen. Das brauchen wir auch, weil davon abhängig ist, dass das, was festgelegt worden ist, für die Weiterentwicklung der Bundeswehr, für die Ausstattung, für den personalen Aufwuchs auch wirklich finanziert werden kann, und das muss sich auch aus meiner Sicht in der mittelfristigen Finanzplanung abzeichnen, denn ohne, dass Sie entsprechende Planungssicherheit haben, dass Sie Verpflichtungsermächtigung haben, können Sie keine langfristigen Verpflichtungen etwa bei großen Rüstungsprojekten angehen. Wenn wir die eben zeitverzögert erst beauftragen können, dann ergibt sich nach hinten hin ein Delta zwischen auslaufendem alten Material und noch nicht zur Verfügung stehenden neuen Systemen, und das gefährdet die Sicherheit vor allen Dingen zuerst einmal unserer Soldatinnen und Soldaten.
"Rechtsextremer Bodensatz rund um Höcke"
Remme: Also ich halte fest, dieses 1,5-Ziel ist für Sie absolut hart und rein rechnerisch bedeutet das, dass Sie in den nächsten Jahren Dutzende von Milliarden beim Finanzminister einfordern müssen?
Kramp-Karrenbauer: Das ist in der Tat so. Diese 1,5 Prozent sind ja keine Erfindung jetzt nur des Verteidigungsministeriums. Sie sind die Ableitung dessen, was wir in dem Weißbuch und darauf aufbauend in dem sogenannten Fähigkeitsprofil der Bundeswehr auch politisch miteinander vereinbart haben. Darin ist festgelegt, was muss die Bundeswehr in Zukunft eigentlich können, um das Land verteidigen zu können, um die Bündnisverpflichtung einzugehen und um europäische Initiativen, die wir ja auch gestartet haben, mit abbilden zu können. Dafür gibt es Margen mit Blick auf Personal, wie viele Soldatinnen/Soldaten brauchen wir, was brauchen wir an Ausstattung, an Ausrüstung, und dafür brauchen wir diese 1,5 Prozent. Das ist also ein ureigenes sicherheitspolitisches Interesse Deutschlands, und darüber lohnt es sich dann auch in der Bundesregierung und auch mit dem Finanzminister zu streiten.
Remme: Frau Kramp-Karrenbauer, lassen Sie uns noch einige Minuten in diesem Gespräch über Ihre Partei im Vorfeld der Wahlen nächste Woche reden. Wie ernst ist die Herausforderung durch Rechtspopulisten für die CDU?
Kramp-Karrenbauer: Also zuerst einmal sehen wir jetzt in den aktuellen Umfragen der letzten Tage, dass wir doch auch in dem Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger noch mal sehr viel stärker auf das Thema Landtagswahlen kommen, Sachsen-Wahlen, Brandenburg-Wahlen, dass es um die Frage geht, wer soll Ministerpräsident bleiben oder werden und was sind landespolitische Themen. Da sieht man zum Beispiel in Sachsen, dass die CDU sich ja auch gut nach oben entwickelt. Bei der Auseinandersetzung der AfD gilt es sehr grundsätzlich, eben auch noch mal zu schauen oder zu sehen, was sind die Gründe von Bürgerinnen und Bürgern, die AfD zu unterstützen, jetzt unabhängig davon, ob es in den westlichen oder in den östlichen Bundesländern ist, und ich glaube, das ist eine Mischung. Wir haben auf der einen Seite sicherlich, sagen wir einmal, an den extremen Positionen den rechtsextremen Bodensatz rund um Höcke. Wir haben diejenigen, die eine Aversion, eine Abneigung haben gegen alles Neue, Fremde, aber auch gegen die sogenannten Eliten. Das sind Punkte, die man mit einer vernünftigen Politik sozusagen auch nicht abmildern kann. Da kann man nur eine ganz klare Haltung dagegen auch einnehmen.
Remme: Diese Beschreibung ist bekannt. Meine Frage war, wie gefährlich ist diese Situation, die Sie beschrieben haben, für Ihre Partei, für die CDU?
Kramp-Karrenbauer: Diese Beschreibung ist bekannt, Sie haben vollkommen Recht. Sie lässt aber im Moment außen vor, dass es in diesem Bestand derjenigen, die die AfD unterstützen und stark machen, eben auch die Gruppe derjenigen gibt, die von Verlustängsten geplagt sind oder wirkliche soziale oder wirtschaftliche Probleme haben, und das ist genau die Gruppe, bei der sozusagen die CDU auch mit ihrer Politik wirklich auch überzeugen kann, ohne dass sie dafür ihre Parteiseele auch verraten muss. Diesen Kern, diese Auseinandersetzung zu führen, das ist die große Herausforderung, vor die die AfD auch die CDU stellt und der wir uns stellen, und zwar nicht nur jetzt aktuell in den Landtagswahlen, sondern in der Politik generell.
Kürzel AKK? "Vollkommen normal"
Remme: Konkret hat sich in der letzten Woche diese Debatte schnell am Namen Hans-Georg Maaßen entzündet. Sie haben ihn und seine politischen Positionen deutlich kritisiert. War das mit Blick auf den Wahlsonntag klug?
Kramp-Karrenbauer: Es ist eine Haltungsfrage. Es geht nicht darum, dass einzelne Positionen in der CDU nicht ausgesprochen werden können. Wir waren schon immer eine Partei, die sehr unterschiedliche Positionen unter einem Dach vereinbart hat. Das hat uns als Volkspartei bisher immer ausgemacht. Das wird uns auch in Zukunft ausmachen und diese Stärke haben wir auch, das auszuhalten und damit umzugehen. Was neu ist an dem gesamten Auftreten, und da ist sicherlich derjenige, den Sie eben genannt haben, nur ein Beispiel für andere, ist eine Haltung, die für die eigene politische Position in der CDU einen Absolutheitsanspruch stellt, die mit denjenigen, die diese Position nicht teilen, sozusagen die als einen politischen Gegner betrachtet, obwohl man der gleichen Partei angehört, und das ist eine Grundhaltung, die der CDU nicht angemessen ist und ich bin der Auffassung, dass es durchaus auch die Aufgabe der Parteivorsitzenden ist, darauf hinzuweisen.
Remme: Ist Herr Maaßen, wenn Sie zurückschauen, zu lange im Amt geblieben?
Kramp-Karrenbauer: Ich hätte mir sicherlich gewünscht, dass wir auch rund um die Vorkommnisse von Chemnitz und die Tatsache, dass sozusagen aus dem Bundesverfassungsschutz der Präsident sich damals geäußert hat, und zwar nicht auf dem Dienstwege, sondern über die Öffentlichkeit. Ich hätte mir damals, aber auch jetzt im Nachhinein betrachtet, gewünscht, dass wir die Kraft gehabt hätten, ganz klar zu sagen, das ist kein Umgang, den sozusagen der oberste Repräsentant einer so wichtigen Sicherheitsbehörde zeigen sollte, und die Konsequenz hätte eigentlich die Entlassung sein müssen.
Portraits von Hans-Georg Maaßen und Annegret Kramp-Karrenbauer
CDU-Mitglied Hans-Georg Maaßen und Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer (imago/Montage: DLF24)
Remme: Jetzt gibt es ja Teile der Partei, die sich nun wirklich stärker nach rechts öffnen wollen, konkret Richtung AfD. Das wird ja mit dem Wahlsonntag eigentlich, egal wie das Ergebnis ausfällt, nicht weggehen. Wie wollen Sie diese Gruppe mit der Partei versöhnen? Sie haben in einem Interview das Beispiel Tea Party erwähnt. Sie haben das Wort Aushöhlen von innen benutzt. Da scheint es mir doch sehr, sehr existenziell um die Partei zu gehen.
Kramp-Karrenbauer: Die CDU und das, wofür CDU steht, ist mit der AfD, und ich habe ja eben die unterschiedlichen Schichten der AfD auch genannt, wobei im Moment sicherlich festzustellen ist, dass leider gerade der rechtsextreme Teil sich massiv auch nach vorne bewegt, ist mit der CDU nicht vereinbar, und deswegen gibt es eine klare Beschlussfassung auf dem Bundesparteitag einstimmig. Es gibt die klaren Beschlussfassungen in den Gremien. Es gibt die klare Unterstützung dafür und deswegen kann es keine formale Zusammenarbeit mit der AfD geben.
Remme: Wir kommen zum Ende des Interviews. Ich bedanke mich für Ihre Zeit. Etwas, das wollte ich gleich ganz am Anfang fragen, ich habe es vergessen, es ist unser erstes Gespräch. AKK, diese Abkürzung Ihres Namens mit 24 Buchstaben, ist das eigentlich etwas, das Sie in der Berichterstattung störend oder unangemessen finden?
Kramp-Karrenbauer: Nein, gar nicht, denn AKK ist ja entstanden eigentlich aus meinem Twitter-Kürzel. Als ich angefangen habe zu twittern, war es das Kürzel, das ich selbst gewählt habe. Es ist im Übrigen auch mein Kürzel, mit dem ich abzeichne, zum Beispiel auch Vorgänge. Also für mich ist das vollkommen normal und insofern stört es mich nicht.
Remme: Vielen Dank für das Gespräch.
Kramp-Karrenbauer: Bitte.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.