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CDU in Baden-Württemberg
Gesucht: Ein Herausforderer für Winfried Kretschmann

2016 will die CDU in Baden-Württemberg an die Macht. Doch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann sitzt fest im Sattel. Zudem konkurrieren mit Thomas Strobl oder Guido Wolf gleich zwei aus den eigenen Reihen um die Spitzenkandidatur. Erinnerungen an ein Debakel vor zehn Jahren werden wach.

Von Michael Brandt | 13.11.2014
    Die CDU-Politiker Thomas Strobl (l) und Guido Wolf stehen auf der Bühne einer CDU-Regionalkonferenz und blicken in die Kamera
    Die CDU-Politiker Thomas Strobl (l) und Guido Wolf - politisch einig, aber dennoch Konkurrenten (picture alliance/dpa/Uwe Anspach)
    Ein Abend vor ein paar Tagen in der Brauereigaststätte Adler in Dellmensingen bei Ulm. Flaches Land, rund 200 CDU-Mitglieder, und sie warten auf Thomas Strobl. "Herr Strobl, muss man hinzufügen, und so viel Zeit muss sein, er ist nicht nur Landesvorsitzender, sondern er ist auch stellvertretender Bundesvorsitzender, er ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag und, ja und jetzt … "
    Und was er jetzt ist, ist gar nicht so einfach zu erklären: Er ist Bewerber für die CDU-Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2016. Einer von zweien. Aber zwischen der Spitzenkandidatur und ihm liegt noch dieser Abend in Dellmensingen, liegen sechs Regionalkonferenzen seiner Partei, ein Mitgliederentscheid und der Verkehr um Ulm herum. Als Tomas Strobl dann mit einer guten halben Stunde Verspätung kommt, klingt er so:
    "Danke auch, dass Sie so fröhlicher Stimmung sind, obwohl ich mich als ein Opfer der grünen Verkehrspolitik etwas verspätet habe."
    Immer drauf auf Kretschmann und Hermann
    Die Landtagswahlen sind zwar erst in anderthalb Jahren, aber Wahlkampfstimmung ist schon jetzt. Immer drauf auf den beliebten Ministerpräsident Winfried Kretschmann und natürlich auf den Lieblingsfeind der Schwarzen: Landesverkehrsminister Winfried Hermann. "Jaja es gibt zwei, aber wer den einen Winfried wählt, kriegt den anderen immer frei Haus mitgeliefert, das ist der doppelte Winfried."
    Ein paar Tage später, gut 100 Kilometer entfernt in der Alten Kelter in Winnenden. Hier hält der andere Bewerber für die Kandidatur seine Rede. Er heißt Guido Wolf, ist derzeit Landtagspräsident, war zuvor Landrat in Tuttlingen. Während sich der Bundespolitiker Strobl gern sportlich gibt und im eleganten Anzug daherkommt, ist Wolfs Statur, Kleidung und sind auch seine Witze eher bodenständig. "Aber eins ist klar, und da bin ich ganz Schwabe, wir von der CDU gebet nix, auch nicht an die FDP."
    Zwei, die das Gleiche wollen
    Es ist ein kurioser Wahlkampf, der zurzeit in der CDU Baden-Württemberg stattfindet. Landesparteichef Strobl und Landtagspräsident Wolf wollen beide Spitzenkandidat werden, seit Wochen ziehen sie Abend für Abend durch Gaststätten und Veranstaltungssäle, um ihre Partei davon zu überzeugen, dass der jeweilige Bewerber der bessere Spitzenkandidat wäre. Inhaltlich unterscheiden sich die beiden kaum, sogar einige Pointen in ihren Reden sind fast identisch.
    Wolf: "Einen Winfried allein gibt es nicht. Wer Winfried Kretschmann wählt, bekommt Winfried Hermann im Rucksack gleich mitgeliefert."
    Sie wettern über Grüne und SPD, über die Schulpolitik, den Verkehr, die Polizeireform, obwohl es eigentlich viel zu früh für diesen Wahlkampf ist. Tatsächlich geht es zur Zeit um die Frage Wolf oder Strobl, aber nach zwei Stunden Guido Wolf und einer Stunde Thomas Strobl bleibt für diesen Dellmensinger CDU'ler die zentrale Frage offen: "Und mich würde jetzt eben interessieren, heute das ist ja eigentlich eine Wahlkampfveranstaltung zwischen Ihnen und Herrn Wolf, warum ich jetzt das Kreuz bei Ihnen und nicht bei dem Herrn Wolf machen soll. Ich möchte da etwas mehr Unterschiede sehen."
    Und Thomas Strobl tut sich hörbar schwer mit seiner Antwort: "Ich will einmal, ich darf vielleicht, ich sage einmal ganz kurz etwas zu meiner Person. Viele von Ihnen kennen mich."
    Und dann braucht er fast fünf Minuten für eine Antwort, die man mit zwei Stichworten zusammenfassen kann: Erstens: Er hat sich um die CDU verdient gemacht - das ist zweifellos richtig, denn er hat die Partei nach der Niederlage 2011 wieder auf die Füße gestellt. Zweitens: Er will dafür sorgen, dass Baden-Württemberg im Bund besser vertreten wird – dafür wäre er tatsächlich der Richtige, denn er ist in Berlin nicht zuletzt durch seinen Schwiegervater Wolfgang Schäuble bestens vernetzt. Bei Guido Wolf in Winnenden ist die Antwort auf diese Frage zwar fast genauso lang, aber doch ganz anders. Er berichtet davon, dass er als Landtagspräsident viel im Land unterwegs ist. "Und dann waren es immer mehr, die zu mir gesagt haben, Mensch, Du oder Dich oder Sie könnten wir uns gut vorstellen für die Rolle des Spitzenkandidaten. Und da habe ich gedacht, Mensch, wovon träumen die bei Nacht? Das habe ich nicht sofort ernst genommen."
    Mahnung vor dem innerparteilichen Scherbenhaufen
    Aber nach ein paar Monaten dann eben doch, und irgendwann sei dann die Entscheidung gefallen. Aber auch bei Wolfs Antwort fällt auf, dass kein auch nur annähernd kritisches Wort über den Mitbewerber fällt, es ginge eben darum, nicht den besseren, sondern den geeigneteren Kandidaten zu finden, sagt er. "Wer einen solchen Mitgliederentscheid besteht und ihn so besteht, dass kein Scherbenhaufen zurückbleibt, der hat auch die Chance nachher den Wahlkampf gegen Grün-Rot zu bestehen."
    Scherbenhaufen ist das Stichwort, denn die CDU in Baden-Württemberg erinnert sich noch an den Scherbenhaufen, vor dem sie vor zehn Jahren stand, als die Entscheidung, ob Annette Schavan oder Günther Oettinger als Ministerpräsident Erwin Teufel beerben soll, die Partei über Jahre hinaus spaltete. Das erklärt die Vorsicht der beiden aktuellen Bewerber, aber es gibt noch keine Antwort auf Frage, um der es der Landespartei eigentlich geht: Wer hat bessere Chancen gegen den populären Winfried Kretschmann? Sogar ein langjähriger CDU-Wähler sagt: "Die CDU allgemein wird es sehr schwer haben gegen den Winfried Kretschmann, der ist unheimlich populär, der ist sehr bodenständig, das wird schwer."
    Kretschmann entspricht dem Bild des Landesvaters, den auch viele CDU-Anhänger in Zeiten von Günther Oettinger und Stefan Mappus vermisst haben. Die Frage ist jetzt, ob da ein volksnaher Guido Wolf, der nebenher Mundartgedichte schreibt, bessere Chancen hat, oder ein bestens vernetzter Bundespolitiker wie Thomas Strobl.