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Centmünzen
Ungeliebtes Kleingeld

An Supermarktkassen wird es mitunter ungern gesehen, wenn passend mit den kleinen Kupfermünzen bezahlt wird. Selbst viele Banken nehmen sie inzwischen nur noch fertig abgezählt und gerollt an. Manche Händler und Banker würden die kleinen Centmünzen deshalb am liebsten abschaffen.

Von Daniela Siebert | 12.08.2014
    Mehrere Euro-Münzen liegen auf einem farbigen Papier, eine 20-Cent-Münze steht aufrecht
    Mit dem 20-Cent-Stück bezahlen noch viele, die Kupfermünzen jedoch sind unbeliebt. (dpa / Nicolas Armer)
    "Ich verwende die fast nie! Ich glaube es ist einfach viel zu viel Kleingeld, was man dann immer im Geldbeutel hat. Also mir ist es lieber, mit runden Zahlen zu arbeiten."
    "Also es ist auch zu schwer manchmal oder ich versuch sie gar nicht erst zu kriegen."
    "Ich sammel die oder leg sie Zuhause in der Küche wohin. Die machen den Geldbeutel kaputt sonst."
    "Ich liebe sie nicht und ich hasse sie nicht, die Preise sind so und ich arbeite damit. Ich habe ein bisschen Schwierigkeiten manchmal den Unterschied zu sehen, weil ich Brillenträgerin bin, aber ich hab mich dran gewöhnt."
    An den Ein- und Zwei-Cent-Münzen scheiden sich die Geister. Besonders beliebt sind sie nicht. Das zeigt sich auch an anderen Stellen: Manche Banken nehmen die Münzen in größeren Mengen nur gerollt, eventuell gegen Gebühr entgegen, andere stellen ihren Kunden praktische Münzeinzahlautomaten hin: Die Münzen werden einfach unsortiert in die Lade geschüttet, die Summe automatisch gezählt und dem Konto gutgeschrieben.
    Die Drogerie-Markt-Kette dm hat sich schon Mitte der 90er-Jahre von Ein- und Zwei- Pfennigstücken, später dann von den entsprechenden Centstücken verabschiedet. Dazu wurden die Preise entsprechend angepasst, erklärt dm-Geschäftsführer Erich Harsch per E-Mail:
    "Wir runden auch ab auf Nuller- oder Fünfer-Endung der Gesamtsumme, sollte sich aus rechnerischen Gründen im Einzelfall doch eine andere Summen-Endung ergeben."
    Dies soll den Kunden und unseren Mitarbeiterinnen an der Kasse eine komfortablere Kleingeldhandhabung ermöglichen. Darüber hinaus ist uns wichtig, unseren Kunden kein scheinbares (und rein lockendes) Unterschreiten von Preisschwellen zu suggerieren."
    Der Handelsverband Deutschland sieht in dm allerdings kein Vorbild für die Branche. Man brauche 99-Cent-Preise genauso wie die Cent-Stücke so ein Pressesprecher, beides sei wichtig und keineswegs auf dem Rückzug.
    In Finnland gibt es so gut wie keine kleinen Cent-Münzen
    In Finnland sieht man das ganz anders: Dort wurde wie bei uns 2002 das Euro-Bargeld eingeführt, aber so gut wie keine kleinen Cent-Münzen. Der Grund seien die Kostenkalkulationen gewesen, sagt Christian Heikinnen von der finnischen Botschaft in Berlin.
    "Es gab diese Berechnungen, dass wenn wir die Ein- und Zwei-Cent-Münzen abgeben, dann sparen wir insgesamt ungefähr 30 Millionen Euro pro Jahr!"
    In Finnland funktioniere der Alltag ohne Ein- und Zwei-Cent-Stücke bestens versichert Heikinnen. Der Gesamtpreis beim Einkauf wird dort jeweils auf volle Fünf- oder Zehn-Cent-Beträge auf- oder abgerundet. Statt 93 Cent zahlt der Kunde dann 95 Cent, statt 47 Cent zahlt er 45 Cent.
    Auch in den Niederlanden wird seit 2004 auf den nächstliegenden Fünf-Cent-Betrag gerundet. Also vielleicht ein Modell für ganz Europa?
    Debatte zur Abschaffung der kleinen Euro-Cent-Münzen in der EU
    Die EU-Kommission legte jedenfalls 2013 eine Untersuchung vor, die ernsthaft die Abschaffung der kleinen Euro-Cent-Münzen zur Debatte stellte. Als Argument für eine Abschaffung nannte die Kommission die hohen Produktionskosten der Münzen, die Herstellung sei ein Verlustgeschäft. Konkret: 1,4 Milliarden Euro Minus seit 2002.
    Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, findet das allerdings nicht nachvollziehbar.
    "Denn das Finanzministerium, welches zuständig ist für das Prägen der Münzen, erwirtschaftet auch mit den Klein-Münzen, mit den Ein- und Zwei-Cent-Münzen einen Gewinn und wenn in Deutschland ein Gewinn bei diesen Münzen erzielt wird, ist die Frage, wie in Europa ein Verlust entstehen kann und dann sogar in dieser Größenordnung, sodass diese Prämisse der Europäischen Kommission infrage zu stellen ist."
    2014 würden in Deutschland allein 800 Millionen Einer-, Zweier- und Fünfer-Cent-Münzen geprägt so Thiele. Mehr als 2013.
    "Also, ich persönlich bin wie auch der Präsident der Bundesbank es geäußert hat, dafür, diese Münzen beizubehalten."
    Auf europäischer Ebene scheint man nach einer Diskussion, die eher hinter den Kulissen stattfand, inzwischen zu dem gleichen Ergebnis gelangt zu sein. Jedenfalls heißt es von der Kommission auf Deutschlandfunk-Nachfrage:
    "Die Mehrheit der Mitgliedsstaaten hat den Wunsch vorgebracht, den Status quo beizubehalten. Daher wurde die Diskussion beendet. Die Kommission wird die Situation regelmäßig überprüfen."
    Deutsche Verbraucher: positive Einstellung zu Kleinmünzen
    Immerhin wurden auch schonmal ein paar Verbraucher nach ihrer Meinung zum Thema gefragt: von der Deutschen Bundesbank.
    "Nach einer Meinungsumfrage im Auftrag der Bundesbank aus dem Jahr 2011 hat die deutsche Bevölkerung eine positive Einstellung zu den Kleinmünzen und lehnt eine Rundungsregelung wie in Finnland und in den Niederlanden eher ab."
    Bliebe zu klären, wie eine Umfrage unter Finnland- und Holland-Reisenden ausfallen würde. Der Finne Heikinnen jedenfalls kennt sowohl das dortige als auch das deutsche System und ist sich sicher: ohne kleine Münzen wie in Finnland: Das sei praktischer.