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CETA
Streit um Freihandelsabkommen mit Kanada

Eigentlich sind die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) schon seit einem Jahr abgeschlossen. Gegner fordern jedoch, das Abkommen solle nicht ratifiziert werden. Jetzt werden sogar Stimmen in der Großen Koalition laut, die Nachverhandlungen fordern. Allen voran die SPD-Linke.

Von Johannes Kulms | 09.10.2015
    Eine Demonstration gegen die Handels- und Dienstleistungsabkommen TTIP, CETA und TISA.
    Eine Demonstration gegen die Handels- und Dienstleistungsabkommen TTIP, CETA und TISA. (picture-alliance / dpa / Peter Endig)
    Seit mehr als einem Jahr sind die Verhandlungen zu CETA - dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada – nun abgeschlossen.
    Doch da müsse man noch mal ran, fordert der Chef der SPD-Linken im Bundestag, Matthias Miersch.
    Es könne nicht sein, dass das Abkommen genau die privaten Schiedsgerichte enthalte, die die EU-Kommission bei TTIP bereits verworfen hat, sagte Miersch zur Deutschen Presse-Agentur.
    Auch SPD-Bundesvize Ralf Stegner sprach sich im "ARD-Morgenmagazin" dafür aus, CETA nachzuverhandeln.
    "Die SPD hat immer gesagt, es darf nicht sein, dass große Konzerne – Tabakkonzern, Energiekonzerne – sich gegen nationale Gerichte oder Parlamente durchsetzen können. Und deswegen muss das geändert werden. Das war der Druck der Sozialdemokraten, der gesagt hat, wir brauchen einen europäischen Handelsgerichtshof, einen internationalen Handelsgerichtshof.
    Das EU-Parlament hat das auf unseren Druck hin beschlossen für TTIP. Und das gilt auch für CETA. Was für TTIP nicht gilt, das geht auch für CETA nicht. Denn es muss immer gelten: Demokratisch legitimierte Politik muss sich durchsetzen und nicht das, was irgendjemand von einem privaten Schiedsgericht will."
    Gabriel in der Zwickmühle
    Dass die Verhandlungen zu CETA anders als bei TTIP schon abgeschlossen sind, lässt Stegner nicht gelten. Auch setzt er darauf, dass in Kanada in Kürze Wahlen anstehen.
    Sigmar Gabriel bringen solche Forderungen in einen Spagat: Denn als SPD-Chef muss er den linken Parteiflügel einbinden, aber auch die Gewerkschaften mitzunehmen.
    Als Wirtschaftsminister unterstützt Gabriel jedoch die beiden Freihandelsabkommen, wenngleich er gegen private Schiedsgerichte ist.
    Ziel der Bundesregierung sei ein erfolgreicher Abschluss von CETA, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums:
    "Also, derzeit läuft die Rechtsförmigkeitsprüfung, sogenanntes legal scrubbing. Und die Kommission will hier noch weitere Verbesserungen beim Investitionsschutz mit Kanada erreichen hat sie uns zugesagt. Und wir werden das prüfen, sobald legal scrubbing sozusagen abgeschlossen ist."
    Deutschland könne Investitionsvorschriften in CETA mittragen, wenn ausgeschlossen sei, dass der staatliche Gestaltungsspielraum dadurch eingeschränkt werde und Schiedsverfahren transparent und nach rechtsstaatlichen Verfahren durchgeführt würden, so die Sprecherin weiter.
    CETA nachverhandeln? Davon hält der Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit, Jürgen Hardt gar nichts. Der CDU-Abgeordnete sagte gegenüber diesem Sender:
    O3 Hardt: "Die Europäische Union hat sich an das gehalten, was ihr die Mitgliedstaaten mitgegeben haben. Es ist ein gutes Abkommen. Es wird Zeit, dass es unterschrieben wird. 13 Monate nach Abschluss der Verhandlungen, das finde ich zu lang. Wir sollten unseren kanadischen Freunden nicht zumuten, länger zu warten."
    50.000 Demonstranten erwartet
    Gleichzeitig sieht Hardt die Möglichkeit, dass bei einem internationalen Handelsgerichtshof, wie ihn die Kommission nun für das TTIP-Abkommen vorschlägt, auch CETA-Fälle behandeln werden könnten. Aber er hält nichts davon, dies jetzt zur Bedingung für eine Ratifizierung von CETA zu machen.
    So oder so scheint sicher: Morgen dürfte es in Berlin laut werden: Die Initiatoren der Demo gegen TTIP und CETA rechnen mit 50.000 Teilnehmern.