Mittwoch, 24. April 2024


Chance: Fifty-Fifty

Noch neun Tage. Fast nicht zu glauben, dass dieser Wahlkampf bald eine Ende hat. Ein Marathon, der praktisch kurz nach den Zwischenwahlen 2010 begann und – vor allem während der "Primaries" bei den Republikanern – reichlich kuriose Unterhaltung bot.

Von Klaus Remme | 29.10.2012
    Erinnerungen an die Cains, Perrys und Bachmanns dieser Welt sind glücklicherweise nur noch blass. Mitt Romney hat seine Kandidatur unterm Strich weitgehend gekauft, die "Parteifreunde" hatten seinen Millionen wenig entgegenzusetzen. Dennoch gilt nach wie vor: Der Weg ins Weiße Haus führt durch Scheunen und Wohnzimmer von Iowa ...

    Wer sich vor 15 Monaten in eine Höhle verkroch, nichts mit bekommen hat und heute wieder auftaucht, der hört in den Nachrichten: Obama oder Romney, Ausgang offen! Aha, nix passiert? Ein frustrierender Gedanke für mich, der ich als Korrespondent in Washington bis Juni jede Regung dieses Wahlkampfs verfolgt habe. Und der neue Blick von Berlin aus zeigt: Mitunter ist Distanz zum Objekt hilfreich. In einem Land, so riesig wie die USA, wird politisch um Millimeter gestritten, in etwa 40 von 50 Bundesstaaten ist das Rennen da facto so oder so entschieden. Umso heftiger wird in den verbleibenden zehn Staaten investiert. Bei über 300 Millionen Amerikanern kämpfen Obama und Romney um wenige Hunderttausend Wähler, die ansprechbar aber immer noch unentschieden sind. Zwei bis drei Milliarden Dollar hat der Wahlkampf dieser beiden verschlungen.

    Und immer noch stehen die Chancen 50/50.

    Ein schönes Indiz dafür, dass die Amerikaner anders ticken. Weltweit gesehen ist Obama auch nach vier Amtsjahren noch immer ungebrochen populär. Die Umfrage der BBC (PDF-download) zeigt, in 20 von 21 untersuchten Ländern führt der Präsident gegen den Herausforderer haushoch. (Für Deutschland lautet das Ergebnis in Prozentpunkten 64 zu 8!) Nur in Pakistan hat Romney mit 14 zu 11 gewonnen. Nutzlose Daten? Immerhin zeigen sie, dass Obama trotz der allgemeinen Ernüchterung angesichts seiner Bilanz, kaum Popularität eingebüßt hat. In sieben von damals 15 untersuchten Ländern sind seine Werte sogar gestiegen. Für all diejenigen, die es in den nächsten neun Tagen kaum noch auf dem Stuhl hält: Wir wissen inzwischen, dass Barack Obama nicht über Wasser gehen kann, Mitt Romney ist kein durchgeknallter Tea-Partygänger, auch wenn er sich zeitweise so geben musste! Und nicht vergessen: immer auch ein Auge auf den Kongress: Auch dort wird gewählt. Dafür sind auch noch mal Milliarden draufgegangen. Auch da sind die politischen Gräben tief, Brücken und Brückenbauer sind nicht in Sicht. Wenn die letzten vier Jahres eines gezeigt haben, dann die Machtgrenzen im Oval Office. Aufregend werden die nächsten neun Tage sicherlich. Weichenstellungen sind eher unwahrscheinlich. Wer immer gewinnt, hat die sehr knappe Hälfte des Landes gegen sich.


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