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„Chang'e 5“
Chinesische Mondmission soll Gestein zur Erde bringen

Die Astronauten der Apollo-Missionen und unbemannte sowjetische Luna-Sonden haben in den 1960er und 1970er Jahren Gestein vom Mond zur Erde gebracht. Mit der Mission „Chang'e 5“ will China jetzt auch Mondmaterial zur Erde holen. Benannt ist die Mission nach der chinesischen Mondgöttin.

Von Guido Meyer | 23.11.2020
Der Rover Yutu-2 ("Jadekaninchen") der Mission Chang'e 5
Der Rover Yutu-2 („Jadekaninchen“) der Mission Chang'e 5 (CNSA)
Es war die letzte Mission ihrer Art: 1976 hat die Sowjetunion die Raumsonde Luna 24 zum Mond geschickt. Ihre Aufgabe: Dort Staub und Steine einzusammeln und zur Erde zu fliegen. Immerhin 170 Gramm Mondgestein war die Ausbeute. Doch weitere Luna-Missionen folgten danach nicht mehr. Auch die US-Amerikaner hatten ihr bemanntes Mondprogramm zu diesem Zeitpunkt schon eingestellt. Doch nun, nach vier-ein-halb Jahrzehnten, steht eine frische Lieferung Mondproben bevor.
"Wir werden die Mission Chang’e 5 starten. Das Ziel dieser unbemannten Sonde ist es, Material zur Erde zu fliegen, das sie vorher auf dem Mond eingesammelt hat."
Li Ming, der Vizepräsident der chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie in Peking, beschreibt einen Missionsablauf, den sein Land mit den bisherigen Chang’e-Missionen konsequent vorbereitet hat.
Eine der ehrgeizigsten Raumfahrt-Missionen Chinas
"Für unsere fünfte Mondmission mussten wir neue Technologien entwickeln. Wir brauchen einen Lander, der autonom Proben entnehmen kann. Nötig sind außerdem eine Wiederaufstiegsrakete, die die Proben in eine Mondumlaufbahn befördert, sowie ein Mutterschiff, das mit dem Gestein zurück zur Erde fliegt. Und schließlich brauchen wir eine Kapsel, die die Hitze beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre übersteht."
Damit dieses Projekt ein Erfolg wird, muss jeder einzelne Missionsschritt funktionieren. Dann – und nur dann – sollen am Ende etwa zwei Kilogramm Mondmaterial auf der Erde eintreffen.

"The bigger the sample, the better."
Je größer die Probe, desto besser – findet Clive Neal, Planetenwissenschaftler an der Universität von Notre Dame im US-Bundesstaat Indiana.
"Mir wäre es lieber, wenn die Chinesen eine größere Probe zur Erde brächten. Aber sie werden hauptsächlich Mondstaub transportieren, höchstens ein paar Steinchen, die sich im Boden befinden."
Vulkanische Mondproben aus zwei Meter Tiefe
Denn die Mondsonde wird keine Felsen einsammeln, die auf der Oberfläche liegen. Stattdessen wird ein Bohrer etwa zwei Meter tief in den Mondboden eindringen und von dort Proben entnehmen, das Ganze in der Nähe von Mons Rümker, also in einer mehr als ein-kilometer-hohen ehemaligen Vulkanlandschaft. Aber was können uns die neuen Proben sagen, was uns nicht schon die alten verraten haben?
"Der Mond ist klein. Entsprechend wenig Hitze ist nach seiner Entstehung im Innern noch übriggeblieben. Nach den Apollo-Missionen dachten wir, dass der Mond schon vor dreieinhalb Milliarden Jahren ausgekühlt sei. Aber in jüngster Zeit haben uns Raumsonden Hinweise auf Gebiete geliefert, in denen noch bis vor einer Milliarde Jahre Lava floss. Die Sonde soll also Proben des jüngsten Vulkangesteins entnehmen, das es auf dem Mond gibt. Wir sind zuversichtlich, so Material zu bekommen, das wir derzeit noch nicht haben."
Test für bemannte chinesische Mondmissionen
Genauer zu wissen, wie lange der Mond vulkanisch aktiv war, ist für Planetenwissenschaftler wichtig, weil sie daraus auch Rückschlüsse auf die geologische Vergangenheit ähnlicher Himmelskörper wie den Planeten Merkur und Mars ziehen können. Die vulkanischen Gesteinsproben vom Mond transportiert eine kleine Rakete zum Mutterschiff in der Mondumlaufbahn. Dieser Missionsschritt sei entscheidend, betont Li Ming von der chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie.
"Das Rendezvous und Andocken in der Mondumlaufbahn wird die Grundlage sein für spätere bemannte Missionen zum Mond. Chinesische Taikonauten werden dann beide Technologien wieder brauchen."
Läuft alles nach Plan, soll die Kapsel mit den frischen Proben vom Mond noch vor Weihnachten in der Inneren Mongolei landen.