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Chansons
Neue Alben von Fredda und Marianne Dissars

16.08.2014
    "Das Chanson "Habitué à moi" ist persönlich. Im Zentrum steht die Beziehung zu meinem Freund: das Leben als Paar und die seit Jahren andauernde Liebe, die aber auch ständigen Änderungen unterworfen ist. Ein aktuelles Thema, wenn man wie ich über 40 ist."
    Die französische Sängerin Fredda mit dem Song "Habitué à moi" auf ihrem neuen Album "Le Chant Des Murmures" - 13 Songs auf Französisch.
    ""Le chant des Murmures" - das klingt so poetisch. Da steckt auch das Wort "chant" - zu Deutsch Gesang und Singen - drin. Auf diesem Album stehen viele Lieder über die Liebe im Fokus: wie etwa die wiedergefundene Liebe, das Warten auf die Liebe oder der zeitliche Aspekt der Liebe. Außerdem habe ich unter anderem eine mexikanische Fabel "Calavera" und ein an den Mythos von Orpheus angelehntes Liebeslied aufgenommen."
    Fredda ist eine minutiöse Beobachterin und schreibt fast alle Lieder selbst. Sie erzählt von Erlebnissen und Begebenheiten mit einer Prise Freude und im Lied "Michel va m'appeler" mit Melancholie.
    "Hier geht es ums Alleinsein. Eine Frau wartet vergeblich auf den Anruf ihres Partners. Sie ist niedergeschlagen und man kann sich nur allzu gut vorstellen, wie sie gerade neben dem Telefon sitzt."
    Auf "Le chant des murmures" geben Streichersätze und Westerngitarre Freddas Stimme viel Raum. Mit ihrem unvergleichlichen Timbre und poetischen Texten stellt Fredda eine direkte, intime Nähe zum Hörer her. Sie ist eine wichtige Künstlerin in der französischen Musikszene. Neben Chanson-Einflüssen schöpft sie aus einer weiteren Quelle Inspirationen:
    "Ja, ich habe eine Schwäche für die US-Musik. Auf diesem Album habe ich mich wieder davon inspirieren lassen. Ich liebe die Blues-, Folksänger mit ihren typischen Geschichten übers Leben, über die Einsamkeit und ihre momentanen Emotionen. Der improvisatorische Part ist wichtig: einfache Melodien, einfache Akkorde in Folk-Manier und Balladen."
    Aus diesen angloamerikanischen Einflüssen macht Fredda eigene Kreationen mit einer einzigartigen Atmosphäre und Klangfarbe. So hält sie die französische Chanson-Szene lebendig. Die Liebe zur angloamerikanischen Musikszene schafft eine Verbindung zwischen Fredda und der französischen Sängerin Marianne Dissard mit US-amerikanischen Wurzeln. Dazu Fredda:
    "Marianne Dissard ist eine gute Freundin von mir. Ich kenne sie schon lange. Ich mag ihre Texte. Marianne ist zwar Französin, allerdings weiß ich nicht, ob sie wirklich zur französischen Chanson-Szene gehört. Ich schätze sie als Sängerin und mag, wie sie mit der Musik umgeht."
    Marianne Dissard hat 28 Jahre in Tucson, Arizona, gelebt und mit Musikern wie Calexico zusammengearbeitet. Auf ihrem aktuellen Album "The Cat. Not Me" hat sie ihre persönlichen Erlebnisse der letzten Monate verarbeitet.
    "Als ich angefangen hab, die Songs für dieses Album zu schreiben, war ich vollkommen erschöpft. Ich hatte gerade eine Europatournee hinter mir. Ich musste mir die Texte von der Seele schreiben, sonst wäre ich wahrscheinlich in eine Depression gerutscht. Der Titel des Albums ist zwar auf Englisch, die Texte aber, bis auf eine Ausnahme, auf Französisch. Doch diese Stücke haben nichts mit dem französischen Chanson zu tun. Wirklich nicht!"
    Marianne hat Tucson verlassen und ist vor einem Jahr nach Europa zurückgekehrt. Derzeit lebt sie in Paris. Sie selbst sieht sich mit dem Werk "The Cat. Not Me" überhaupt nicht in der Tradition des französischen Chansons. Auf "The Cat. Not Me" kommen Alt-Saxophon, Kontrabass, Cello, Gitarre, Trompete und präpariertes Klavier zum Einsatz. Doch Marianne Dissard ist auf der Suche nach einem eigenen Sound und hat von Anfang an eine genaue Vorstellung von der musikalischen Umsetzung:
    "Ich wollte Sampler, Hip-Hop und Beatmaker-Einflüsse, aber keinen Pop, kein Chanson, weder Country noch Folk. Die Struktur sollte offen bleiben. Ich hatte eine Montage aus verschiedenen, nicht unbedingt musikalischen Elementen vor Augen. Da kommt mein Einfluss als Filmemacherin zum Ausdruck: Es sollten Geräusche wie für einen Dokumentarfilm sein."
    Marianne Dissard ist auch Performance-Künstlerin und Filmemacherin. Diese Erfahrungen lässt sie in ihre Musik einfließen und setzt ihrer Experimentierfreude keine Grenzen. Nach mehrfachen Versuchen hat sie ihre Stimme für den Song "Am Letzen" mit einem kleinen Aufnahmegerät dicht an ihrem Körper eingefangen. So sind ihr Atem und ihr Herzschlag direkt zu hören. Das verstärkt den emotionalen, unbewussten und triebhaften Charakter ihres Albums. Außerdem hat Marianne die monsunartigen Regenfälle im Sommer in Tucson aufgenommen und am Anfang des Stücks eingebaut.
    Der Song "Am Letzen" gibt eine düstere Stimmung wieder.
    ""Am Letzen" spielt in Berlin - erkennbar an der inzwischen geschlossenen U-Bahnstation "Osthafen". Dieser unterirdische Charakter und diese monsterähnliche Atmosphäre sind wichtig und ziehen sich durchs gesamte Album. Der Song gibt eine totale Erschöpfung wieder."