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Chaos beim deutschen Klimaschutz

Das Dämmen von Gebäuden fördert die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau mit erheblichen Summen. Kühlschränke stehen ausgestattet mit beeindruckenden Energieeffizienz-Attesten in den Geschäften. All das klingt nach viel Klimaschutz, doch die Deutsche Umwelthilfe zweifelt an der gesetzestreuen Umsetzung der Maßnahmen zur CO2-Einsparung.

Von Verena Kemna | 05.07.2010
    Im Meseberger Programm hatte die damals noch schwarz-rote Koalition Maßnahmen und Gesetze verabschiedet, die 40 Prozent CO2-Einsparung bis 2020 im Vergleich zu 1990 bringen sollen. Jetzt meldet die Deutsche Umwelthilfe Zweifel an, Verena Kemna in Berlin, warum?

    In Deutschland gibt es im besten Fall aber eine mangelhafte meistens gar keine Kontrolle der Klimaschutzgesetze, meinen Vertreter der Deutschen Umwelthilfe. Ein Beispiel: In vier von fünf Kühlgeräten die in Deutschland entsorgt werden, sind immer noch klimaschädliche FCKW-Stoffe enthalten. Die Informationen der Umweltministerien der Länder lassen nur einen Schluss zu. Kühlgeräte werden zwar nach einem entsprechenden Gesetz kostenlos an kommunalen Sammelstellen zurückgenommen, nach dem Stand der Technik entsorgt, werden sie in der Regel nicht, obwohl das Gesetz aus dem Jahr 2006 das vorschreibt. Statt einer möglichen 90-prozentigen Rückgewinnung von FCKW werden so in Deutschland jährlich fast sechs Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten emittiert. Jürgen Resch Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe:

    "Bei Kühlgeräten gibt es eine Mindestnorm, die eingehalten werden muss: Es dürfen in Deutschland keine Kühlschränke mehr verkauft werden, die ineffizienter sind als C, das ist so der hellgrüne Bereich. Trotzdem wird in der Effizienzskala alles bis tief rot abgebildet. Es gibt keine Kontrolle in Deutschland, ob die Angaben dieser Kühlschrankwerte stimmen. Auch die korrekte Kennzeichnung dieser Kühlschränke findet von staatlicher Seite überhaupt nicht statt."

    In vielen Bundesländern seien noch nicht einmal die zuständigen Vollzugsbehörden benannt, sodass der Verbraucher mit Fragen und Mängelanzeigen auf sich selbst gestellt ist. Gleiches gilt auch für die Herstellerangaben zum Spritverbrauch bei PKW. Zwischen dem angegebenen und dem tatsächlichen Spritverbrauch gebe es Abweichungen von bis zu 50 Prozent.

    "Immer mehr Verbraucher kommen auf uns zu und sagen, wir haben ein Auto gekauft, ein Nachfolgemodell vom alten, es sollte eigentlich einen Liter weniger verbrauchen, braucht aber einen Liter mehr. Wenn wir jetzt zur Bundesregierung gehen, zum Kraftfahrtbundesamt, zum Verkehrsministerium, dann wird uns gesagt, da können wir nichts tun. Diese Angaben kommen von der Industrie und wir sind nicht bereit, diese zu überprüfen."

    Mangelnde Kontrolle, die dazu beiträgt, dass Deutschland seine Klimaschutzziele nicht erreichen wird, meint Jürgen Resch. Auch Cornelia Ziehm von der Deutschen Umwelthilfe stellt fest, dass immense Energieeinsparpotenziale verschenkt werden. Die Energieeinspargesetze im Gebäudebereich werden zum großen Teil in den Ländern nicht kontrolliert, so das Ergebnis einer Umfrage in allen Bundesländern. In der Praxis werden etwa Standards für Dämmstoffe und Fenster ignoriert.

    Cornelia Ziehm:
    "Es ist natürlich so, dass gutes Dämmmaterial teurer ist als nicht so gutes, was oft dazu führt, dass in einer sogenannten Unternehmererklärung - einem privaten Nachweis im Baugenehmigungsverfahren - angegeben wird, man nimmt dieses teurere, gute, um die Standards der Energieeinsparverordnung einzuhalten und in der Praxis passiert das aber nicht. Um Geld zu sparen, nimmt man das billigere Material."

    Die Deutsche Umwelthilfe fordert Bußgelder bei Verstößen und regelmäßige Kontrollen. Nicht zuletzt müsse der Bund auf die Umsetzung der Bundesgesetze in den Ländern drängen, so das Fazit von Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

    "Was wir brauchen ist, dass der Staat sich endlich seiner Verantwortung bewusst wird, nicht nur Gesetze zu verabschieden, sondern die Einhaltung auch zu kontrollieren."

    Deutsche Umwelthilfe - Homepage