Samstag, 02. Dezember 2023

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Charlotte Moorman, Fluxus und die sexuelle Revolution der Kunstmusik
Topless Cellist

Edgard Varèse bezeichnete sie als "Jeanne d’Arc der Neuen Musik": Die Cellistin Charlotte Moorman avancierte in den späten 1960er Jahren zur weiblichen Ikone der transnationalen Fluxus-Bewegung, die mit destruktiver Geste die Versprechen des Dada erneuerte und die Musik der surrealen Aktion öffnete.

Von Anna Schürmer | 04.03.2017

    Die Cellistin Charlotte Moorman wird unter Protest von der Polizei abgeführt, weil sie ohne Oberbekleidung ein Konzert in einem kleinen Off-Broadway-Theater gegeben hat. Auf dem Programm stand "Melodie-Elegie des Erinnyes" von Jules Massenet.
    Die Cellistin Charlotte Moorman wird unter Protest von der Polizei abgeführt, weil sie ohne Oberbekleidung ein Konzert in einem kleinen Off-Broadway-Theater gegeben hat. Auf dem Programm stand "Melodie-Elegie des Erinnyes" von Jules Massenet. (imago / United Archives International)
    Bekannt wurde sie im Mai 1967 im Zusammenhang mit einem Prozess am New Yorker Criminal Court, der Kunst und Recht vermengte und ästhetische wie juristische Konsequenzen nach sich zog: Mit Nam June Paiks "Opera Sextronique" hielt damals die sexuelle Revolution Einzug in die Kunstmusik und Charlotte Moorman wurde zur legendären "topless Cellist".
    Von der Virtuosin zum "Topless Cellist"
    Das Feature von Anna Schürmer erzählt die wundersame Wandlung der Virtuosin Charlotte Moorman zur topless Cellist entlang klingender Exponate des Fluxus: von der musikaktionischen Vaterfigur John Cage über Phil Corners destruktiv-ästhetischen "Piano Activities" bis hin zu Nam June Paiks "Anti-Musik". Der Koreaner avancierte zum Pionier der Medienmusik, indem er die Grenzen der Musik sprengte und in der Verbindung von Licht, Geräusch, Bewegung und Material das multimediale Gesamtkunstwerk der Moderne schuf.