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Chicago stellt sich auf Sturmfluten und Hitze ein

Der Weltklimarat IPCC erwartet in den nächsten Jahrzehnten in vielen Regionen zunehmend Hitzewellen und heftigere Regenfälle. Davon betroffen wird auch Chicago sein: Gegen Ende des Jahrhunderts wird die drittgrößte US-Stadt nicht mehr im kühlen Kontinentalklima liegen.

Von Miriam Braun | 24.11.2011
    Großstadt-Dschungel - im wahrsten Sinne des Wortes: Rot, lila und gelb blüht eine Wildwiese auf dem Dach des Rathauses in Chicago. Einen richtigen Park hat die Stadt auf dem elfstöckigen Gebäude angelegt. Drumherum ragen die Wolkenkratzer in den Himmel. Larry Merrit von der städtischen Umweltbehörde wagt einen Blick in die Tiefe:

    "”Das das unten ist die La Salle Street. Sehen Sie, die Mittelstreifen sind bepflanzt. Das waren die Vorläufer der grünen Dächer in Chicago. Zuerst haben wir Bäume auf Straßenmittelstreifen gepflanzt und jetzt auch auf Dächer. Nicht nur hier, auch auf anderen städtischen Gebäuden: Schulen, Büchereien, Polizeistationen, Feuerwehren ...""
    Mehr als 650.000 Quadratmeter grüne Dächer gibt es bereits in Chicago, so viele wie in keiner anderen Stadt in den USA. Die bepflanzten Hausdächer sind Teil des "Chicago Climate Action Plans" mit dem sich die Stadt auf den Klimawandel vorbereitet. Denn: Vor rund drei Jahren haben Klimaforschungen ergeben, dass die Stadt in wenigen Jahrzehnten mit dramatischen Szenarien zu kämpfen haben wird: Hitzwellen, sintflutartige Regengüsse, aussterbende Tierarten und damit einhergehend: 2,5 Milliarden zusätzliche Kosten um Schäden zu beheben. Heute liegt die drittgrößte Stadt der USA im kühlen Kontinentalklima, Ende des Jahrhunderts werden die Sommer in Chicago so heiß wie die am Golf von Mexiko sein. Larry Merrit:

    "”Unsere Kältezone verschiebt sich. Unser Klima wird immer wärmer, deswegen pflanzen wir immer weniger Weisseichen, die hier total populär sind, sondern suchen nach Bäumen die Hitze besser abkönnen: Sumpfeichen oder Kaugummibäume, die heute eher in feucht-heißen Gegenden vorkommen.""

    Aber nicht nur die einheimische Weißeiche – immer noch der offizielle Staatsbaum von Illinois - fiel der Klimaplanung zum Opfer, Aaron Durnbaugh ist stellvertretender Chef des Umweltdezernats von Chicago:

    "”Wir haben all unsere Dienststellen mit den Forschungsergebnissen konfrontiert und gefragt: Wo hat das für euch Auswirkungen? Beim Straßenbauen, euren Fuhrpark betreffend, euer Gesundheitssystem?""

    Auch auf starke Regengüsse bereitet sich die Stadt vor. Chicago hat ein zentrales Kanalisationssystem, starke Regenfälle könnten dieses fluten und ungeklärte Abwässer in den Lake Michigan drücken, der die Trinkwasserquelle der Millionenstadt ist. Deswegen werden öffentliche Verbindungswege nach und nach mit wasserdurchlässigem Material neu gepflastert. Stadtplanerin Janet Attarian fährt über einen Parkplatz in Chicago:

    "”Dieser Asphalt ist speziell, es ist wasserdurchlässiger Beton. Der Stein kann bis zu 40 Prozent Wasser speichern. Überflüssiges Wasser kann dann abgeleitet werden oder sickert langsam in den Boden darunter.""

    Zudem strahlt der extra helle Belag auch Sonnenlicht ab. Hofzufahrten, Parkplätze und Lieferantengassen sind bereits mit dem Öko-Asphalt umgepflastert worden. Jetzt folgen zwei breite Durchfahrtsstraßen durch ein wichtiges Industriegebiet.

    In den USA in denen der Klimawandel immer noch ein Reizwort ist tobten allein in diesem Jahr rund 1600 Tornados. In Texas kämpften Bauern mit starken Dürren, während der Mississippi über die Ufer trat und in Arizona Brände weite Landstriche vernichteten. Das Wetter wird bereits immer unberechenbarer und Städte sollten bei der Vorsorge den Anfang machen, meint Janet Attarian.

    "Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wohnen mehr Menschen in Städten als auf dem Land, sagt die Stadtplanerin. Es sei wichtig, dass Städte vorsorgen, denn sie haben das Potenzial, das es effizient und effektiv etwas bringt."