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China
VW-Leiharbeiter protestieren gegen ungleiche Bezahlung

Als hätte Volkswagen nicht schon genügend Probleme: Ausgerechnet in China, auf dem wichtigsten Absatzmarkt für VW, machen protestierende Leiharbeiter dem Konzern mächtig Ärger. Sie fordern die gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaft. Volkswagen erklärte, man suche den Dialog.

Von Steffen Wurzel | 02.03.2017
    Arbeiter in einer Fertigunsstraße im VW-FAW-Werk in Changchun im Norden Chinas.
    Arbeiter in einer Fertigunsstraße im VW-FAW-Werk in Changchun im Norden Chinas (Imago)
    Ein Song als Protest gegen ungleiche Bezahlung. Geschrieben und ins Netz gestellt von einem, der mehr als 1.000 Leiharbeiter, die sich ungerecht behandelt fühlen von VW-FAW. Die beiden in einem Joint Venture zusammengeschlossenen Konzerne betreiben in Changchun im Norden Chinas ein riesiges Werk, unter anderem werden hier die VW-Modelle Golf und Jetta sowie Audi A6 produziert.
    "Niemand hat mich in meinem Leben so sehr verletzt wie FAW-VW", heißt es in dem Song. Und: "Gleiches Geld für gleiche Arbeit? Das ist ein Märchen."
    Mehr als 500 Arbeiter gingen auf die Straße
    Musikalischer Protest reicht den Leiharbeitern nun jedoch nicht mehr. Anfang der Woche gingen nach Angaben von Aktivisten mehr als 500 Arbeiter in Jilin bei Changchun auf die Straße. Sie zogen vor das Gebäude eines Schiedsgerichts, dem sie Untätigkeit vorwerfen. Im Netz kursieren Fotos der Aktion.
    Solche Proteste sind im autoritär regierten China selten, wenn auch nichts komplett Neues. Landesweit kommt es immer wieder zu Protestaktionen von Arbeitern, die sich ungerecht behandelt fühlen. In den staatlichen Medien werden entsprechende Aufmärsche und Aktionen fast immer totgeschwiegen. So auch in diesem Fall. Konkret werfen die Leiharbeiter VW-FAW vor, sie seit Jahren deutlich schlechter als die Stammbelegschaft zu bezahlen.
    "These are long standing grievances between the workers and the organization. It has been going on for years now."
    Das sind Forderungen, die es schon seit Jahren gebe, sagt Keegan Elmer vom "China Labour Bulletin", einer nichtstaatlichen Organisation mit Sitz in Hongkong, die sich für Arbeitnehmerrechte in China einsetzt. Elmer fordert: VW muss sich dringend mit den Wortführern der Leiharbeiter zusammensetzen und verhandeln.
    "That could be done now and should have been done in the past. One of the things is to sit down with the workers and the management to bargain over these particular issues."
    Delikate Angelegenheit für VW
    Für Volkswagen ist die Angelegenheit delikat. Denn einerseits ist der Vertragspartner der Leiharbeiter-Firma nicht VW, sondern der Joint-Venture-Partner, also der chinesische Staatskonzern FAW.
    Andererseits fühle man sich mitverantwortlich für die Anliegen der Leiharbeiter, betont man in der chinesischen Volkswagen-Zentrale in Peking, man suche aktiv den Dialog mit den Protestierenden. Das offizielle Statement zu den Protesten allerdings ist allgemein und bürokratisch gehalten:
    "Die Volkswagen Group China kümmert sich um alle Mitarbeiter der chinesischen Belegschaft und wird sich mit jeder mitarbeiterbezogenen Frage ernsthaft beschäftigen."
    Leiharbeiter drohen mit Klage
    Die protestierenden Leiharbeiter drohen inzwischen damit, VW-FAW zu verklagen. Offen sprechen darüber wollte mit dem ARD-Hörfunk Shanghai keiner der Beteiligten. Zu groß ist die Sorge vor Jobverlust oder staatlichen Repressionen. Über den chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo macht sich ein Leiharbeiter aber wie folgt Luft:
    "Ich bin traurig und niedergeschlagen. Ich schwöre, dass ich bis zum Ende gegen FAW-VW kämpfen werde."
    "Wenn es vor Gericht geht, wird es ein langer und teurer Kampf für die Arbeiter," sagt Keegan Elmer von der Hongkonger Arbeiterrechte-NGO. Im Moment sieht es so aus, dass die nordchinesischen Protestierer bereit sind, diesen Weg zu gehen.