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Chip-Herstellung unter Wasser

Technik. - Um das so genannte Mooresche Gesetz von der Verdoppelung der Transistorenzahl alle 20 Monate weiter erfüllen zu können, sind immer härtere Anstrengungen erforderlich. Ein bisschen Luft könnte dabei ein neuer Trick bei der Chipbelichtung liefern.

Von Hellmuth Nordwig | 18.04.2005
    Die feinen Leiterbahnen auf Halbleiterchips werden mit Hilfe von Licht erzeugt. Dabei projizieren die Hersteller ein Abbild der Struktur durch eine Maske auf die Oberfläche. Je schärfer das Bild ist, desto feiner lässt sich die Fläche strukturieren. Doch hier sind die Entwickler vorerst am Ende angelangt. Denn die Gesetze der Optik besagen, dass die Auflösung von der Lichtwellenlänge abhängt. Bereits jetzt wird deshalb das besonders kurzwellige ultraviolette Licht verwendet, sagt Dr. Hermann Gerlinger, Vorstand der Firma Carl Zeiss SMT im württembergischen Oberkochen.

    "Die Volumenproduktion läuft heute mit Strukturen zwischen 180 und 130 Nanometer..."

    ... während es im Labor bereits 80 Nanometer sind - das entspricht
    der achtfachen Dicke eines menschlichen Haares. Um noch feinere Strukturen zu erzeugen, gibt es zwei Strategien: Die eine nutzt EUV, extremes Ultraviolett, andere Experten sprechen auch von weicher Röntgenstrahlung. Deren Wellenlänge ist noch kürzer als die des ultravioletten Lichts, und das steigert die Bildauflösung.

    "Wir arbeiten auch an der EUV-Technologie. Bei ersten Systemen ist die Funktionsfähigkeit nachgewiesen und Strukturen unter 50 Nanometer sind erzeugt worden. Solche Systeme sind derzeit weltweit für die Entwicklung im Aufbau. "

    Aber bis sie für die Chipfertigung eingesetzt werden können, werden noch Jahre vergehen. Vor allem, weil optische Systeme derart hoher Präzision völlig schwingungsfreie Gebäude und Maschinen erfordern. Einstweilen setzen die Forscher deshalb auf Strategie Nummer zwei. Sie nutze einen Effekt, den man auch bei der Lichtmikroskopie beobachten kann: Ein Wassertropfen zwischen dem Objektiv und dem Glasträger macht das Bild unscharf. Das lässt sich mit dem Einstellrädchen korrigieren - und siehe da: Jetzt sind mehr Details zu erkennen als vorher. Dieses Eintauchen heißt im Fachjargon Immersion.

    "Das Immersionsverfahren erlaubt, dass wir die Auflösung unter 50 Nanometer treiben innerhalb der nächsten Jahre. "

    Bei der neuen Technik muss also zunächst ein Wassertröpfchen auf die Oberfläche gebracht werden. Dann wird belichtet und die Flüssigkeit wieder abgesaugt. Das geschieht pro Minute etwa 700 Mal. Auch das Immersionsverfahren erlaubt also die Chipherstellung in einem Tempo, das für die Industrie interessant ist.

    "Konkret haben wir an unseren Partner ASML bereits Optiken geliefert, sie haben bereits im letzten Jahr hervorragende Resultate an einer Testmaschine erzielt, die dem Trockenbetrieb in nichts nachstehen, sondern sogar zeigen, dass es Prozessvorteile gibt. "

    Wie zum Beispiel eine bessere Tiefenschärfe der Abbildung. Ob sich das Verfahren auch auf längere Sicht bewährt, muss sich erst noch zeigen, wenn das neue Projektionssystem im Laufe des Jahres in Serie geht. Vor allem wird es auf die Zuverlässigkeit ankommen, denn die Projektionsoptik für die Chipherstellung enthält rund 30 einzelne Linsen. Auch sonst unterscheidet sie sich deutlich selbst von den aus dem Alltag bekannten optischen Systemen.

    "Ein hochwertiges Fotoobjektiv mit Zoom wiegt heute ungefähr 750 g und hat eine Länge von zehn Zentimeter und einen Durchmesser von 6-7 cm. Die Dimension dieser Optiken liegen beim tausendfachen Gewicht, Länge ein Meter, Durchmesser 0,5 Meter. Die Tendenz ist, dass diese Optiken noch etwas größer werden und das Gewicht eine Tonne überschreiten wird."
    Mit diesen Schwergewichten wollen die Entwickler ihrem Ziel noch ein Stück näher kommen: Halbleiterchips mit Leiterbahnen, die wirklich haarfein sind. Derart filigran sind auch die so genannten Nanoröhrchen. Einige Experten setzen darauf, dass diese hohlen Geflechte aus Kohlenstoff das Silizium eines Tages ersetzen werden und damit die Lithographie überflüssig machen. Ob und wann das gelingt, ist aber noch ungewiss.