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Commerzbank
Zwischen Steuertricks und Gewinneinbrüchen

Die Commerzbank hat heute ihren neuen Quartalsbericht vorgelegt. Einige Stunden zuvor war das Unternehmen wegen Steuertricks mit Großanlegern ins Gerede gekommen ist. Den deutschen Steuerbehörden sollen durch die Tricks seit 2011 rund fünf Milliarden Euro entgangen sein.

Von Michael Braun | 03.05.2016
    Das Logo der Commerzbank am Hauptsitz in Frankfurt am Main
    Auch Steuertricks konnten den Quartalsbericht nicht verbessern. (picture alliance / dpa - Daniel Reinhardt)
    Es war schon schwer genug für den Finanzvorstand, aus dem schlechten Quartal das Gute herauszupicken und herauszustellen. Aber dann auch noch die lästigen Fragen nach der Beteiligung der Commerzbank an Tricks zur Steuervermeidung: Stephan Engels, Finanzchef der Commerzbank, war nur einmal auf der Telefonkonferenz heute zu einer etwas ausführlicheren Stellungnahme bereit:
    "Die Veräußerung und der Erwerb von Aktien ist eine ganzjährige normale Handelstätigkeit. Sie ist nicht auf den Zeitpunkt der Dividendenzahlung begrenzt. Wir tätigen täglich über 100.000 Handelsgeschäfte mit Tausenden Marktteilnehmern. Dadurch handeln wir zwangsläufig auch in sogenannten Cum-Cum-Situationen. Wir stellen durch umfangreiche interne Systeme und Kontrollen sicher, dass alle Handelsgeschäfte im Einklang mit dem geltenden Recht stehen."
    Danach nur noch Abwiegeln: "nicht bereit zu einem Exkurs zu Steuerfragen"…, "bitte verstehen Sie"…, "glaube ja, dass Sie das interessiert"…, "ich wiederhole es noch einmal":
    "Ich glaube, dazu ist alles gesagt, was ich hier heute sagen will."
    Fünf Milliarden Euro sollen dem deutschen Fiskus seit 2011 entgangen sein
    Worum geht es bei den sogenannten Cum-Cum-Geschäften: Um Aktien deutscher Unternehmen mit einem Dividendenanspruch. Auf diese Dividenden müssen Steuern gezahlt werden. Doch das lässt sich vermeiden. Großanleger, meist aus dem Ausland, verliehen ihre riesigen Aktienbestände rund um den Dividendenzahltag an einen Inländer, eine inländische Bank etwa. Die kassiert zwar die Dividende, kann aber ihre Kosten dagegen rechnen: die Leihgebühr etwa oder den Kursverlust, wenn sie die nach der Ausschüttung im Kurs gesunkene Aktie zurückgibt. Im Ergebnis sind die Ausgaben so hoch wie die Dividende, so dass die Steuer auf null zuläuft. Dem deutschen Fiskus sollen so seit 2011 rund fünf Milliarden Euro entgangen sein.
    Die Commerzbank, das berichten der Bayerische Rundfunk, das "Handelsblatt" und andere Medien, soll bei dieser Art der Steuervermeidung eine große Rolle gespielt haben – und das als Bank, die vom Staat gerettet wurde und die immer noch zu rund 15 Prozent dem Staat gehört. Solch ein Verhalten ist nicht, aber wird wohl illegal: Das Finanzministerium bereitet ein Gesetz vor, wonach der, der die Kapitalertragssteuer auf Dividenden erstattet haben will, die Aktie 45 Tage vor und weitere 45 Tage nach dem Dividendenzahltag halten muss. So soll er Interesse am Papier und nicht nur an der Steuererstattung nachweisen.
    Sehr viel erfreulicher war der Alltag des Finanzvorstandes Engels heute auch nicht. Er musste über ein um fast 60 Prozent eingeknicktes operatives Ergebnis berichten:
    "Der deutliche Rückgang ist in erster Linie auf das negative Zinsumfeld und auf eine Zurückhaltung der Kunden im Rahmen schwieriger Märkte zurückzuführen."
    Die niedrigen Zinsen lassen die Zinsüberschüsse sinken, die schlechten Aktienmärkte haben den Provisionsüberschuss belastet. Die Kundschaft hat halt kaum Aktien gekauft. Die Erträge sanken so um fast 17 Prozent, das Konzernergebnis fiel um fast 52 Prozent. Gut nur: Die Eigenkapitalquote stieg deutlich gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 9,5 auf zwölf Prozent, die Risikovorsorge konnte wegen der guten Qualität der vergebenen Kredite sinken, die Zahl der Kunden nahm weiter zu.