Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Corona-Hilfen für die Musik
DOV: In der Klassik fallen viele durch alle Förderraster

Die vom Bund gewährten zehn Millionen Euro an zusätzlichen Hilfen für die Musik kämen nicht der Klassik zugute, kritisierte Gerald Mertens im Dlf. Der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung forderte Überbrückungshilfen - besonders für Musiker im Umfeld von freien Orchestern und Chören.

Gerald Mertens im Gespräch mit Jörg Biesler | 02.08.2020
Mitglieder des Orchesters stimmen ihre Instrumente auf dem Piazza de Plebiscito in Neapel vor der Premiere der Oper "Aida", Juli 2020
Kaum Konzerte - die Coronakrise setzt den klassischen Orchestern zu (imago images / ZUMA Wire / Fabio Sasso)
Musizieren in freien Orchestern, Unterricht und Chorbegleitung: Viele klassische Musikerinnen und Musikern hätten durch die Coronakrise alle Beschäftigungsmöglichkeiten gleichzeitig verloren, betont Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV). Sie bräuchten dringend finanzielle Hilfe, "bis wir wieder zu normalen Zeiten zurückkommen".
Am besten gehe es im Klassikbereich noch den Festangestellten bei öffentlich geförderten Orchestern. Nach Informationen der DOV sind dort derzeit etwa 70 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit. "Da kommt man einstweilen über die Runden." Und die Orchester würden auch versuchen, die neue Spielzeit mit einem Notspielplan zu beginnen.
Manche Musiker denken über Berufswechsel nach
Anders sieht die Lage bei Musikerinnen und Musikern aus, die im Umfeld von freien Orchestern arbeiten. Hier habe er schon von ersten erfahren, die überlegten, ihren Beruf zu wechseln, berichtet der DOV-Geschäftsführer. "Wir werden in einem Jahr deutliche Lücken in der Musiker- und der Kulturszene spüren", prognostiziert er, "Lücken von denjenigen, die sich in der Zwischenzeit verabschiedet haben."
Bis der klassische Musikbetrieb wieder läuft wie vor der Coronakrise, wird es nach Einschätzung von Mertens noch einige Zeit dauern: "Wir gehen im Moment in unserem Verband davon aus, dass wir zwölf weitere Monate - also bis zum Ende der nächsten Spielzeit - mit einem Notplan fahren müssen."
Millionen des Bundes gehen nicht an die Klassik
Die in der vergangenen Woche vom Bund angekündigten zehn Millionen Euro an zusätzlichen Hilfen für die Musik kämen der Klassik überhaupt nicht zugute, sondern dem Rock-, Pop- und Jazz-Bereich, stellt der DOV-Geschäftsführer klar. Auch weitere zehn Millionen Euro, die an den Musikfonds gegangen seien, würden nicht der Klassik helfen, sondern der zeitgenössischen Musik und dem Jazz. Vor allem die klassischen Musiker im Umfeld von freien Orchestern oder Kirchenchören "fallen im Moment durch alle Förderraster des Bundes".
Gerade sie bräuchten bis zum Ende der Spielzeit 2020/2021 finanzielle Hilfe, so Mertens. "Darum geht es, dass wir diese Brücke bis zu einem Normalbetrieb schlagen."