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Corona-Reisewarnungen
Belgische Reiseampel sorgt für Unmut

Rote, orange und grüne Reiseregionen: In Belgien teilt eine sogenannte Reiseampel europäische Länder in Corona-Hochrisikogebiete, Risikogebiete und unbedenkliche Gebiete ein. Das soll Urlaubern bei der Reiseplanung helfen, stiftet aber Unmut - beispielsweise in der Schweiz.

Von Paul Vorreiter | 04.08.2020
Rotes, rot-gelbes und grünes Ampellicht ist am Dienstag (03.01.2012) in München (Oberbayern) an einer Fußgängerampel bei Nacht zu sehen
Die belgische Evaluierungstelle CELEVAL passt die Coronavirus-Infektionszahlen in europäischen Ländern mindestens zwei Mal pro Woche in ihrer Reiseampel an (picture alliance / Felix Hörhager)
Neben der sogenannten Kontaktblase, die den belgischen Haushalten vorschreibt, dass sie maximal fünf Menschen aus dem privaten Umfeld treffen dürfen, gibt es noch eine weitere Vorgabe, die vor allem die Urlaubsplanung der Belgier erleichtern – oder je nach Sichtweise – verkomplizieren soll: Die "Reiseampel".
Das Außenministerium veröffentlicht auf seiner Website eine Liste mit europäischen Regionen, die in drei Kategorien eingeteilt sind. Rot, das sind die Corona-Hoch-Risikogebiete, orange Risikogebiete, bei denen zu Wachsamkeit aufgerufen wird, grün sind diejenigen Regionen, für die es keine Einschränkungen gibt.
Zahlen werden zwei Mal pro Woche angepasst
Wenn eine Region "rot" eingestuft wird, sind nicht dringende Reisen, also Urlaubsfahrten, verboten. Wer aus einer solchen Region zurückkehrt, muss sich einem Corona-Test unterziehen, der mit einem Gutschein bezahlt werden kann und muss sich in Quarantäne begeben. Zurzeit betroffen sind unter anderem die spanische Provinz Barcelona, das französische Departement Mayenne oder die Region um den Genfer See in der Schweiz:
"Wir schauen uns die Zahl der Fälle pro einhundert tausend Einwohner der vergangenen 14 Tage an. Wenn die Zahl hundert übersteigt, und das sehen wir gerade am Genfer See, dann markieren wir die Region rot. In einer kleinen Gemeinde oder Region können einige Fälle schon den Unterschied ausmachen zwischen Rot, Grün und Orange. Wenn sich die Zahlen in den nächsten Tagen oder Wochen bessern, kann die Markierung wieder zurückgenommen werden."
Erklärte der belgische Bio-Statistiker Geert Molenberghs die Arbeitsweise des CELEVALs, der Evaluierungstelle, die mindestens zwei Mal pro Woche die Bewertungen anpassen soll.
Die Schweiz hat in Belgien interveniert
Dass die Markierung zurückgenommen wird, dafür setzen sich die zwei betroffenen Schweizer Kantone Wallis und Waadt ein; sie wollen schließlich auf die Touristen aus Belgien nicht verzichten.
"Wir verstehen nicht auf welcher Grundlage diese Entscheidung getroffen wurde. Im Kanton Waadt hatten wir in den vergangenen zwei Wochen 23 Neuinfektionen auf hunderttausend Einwohner, wir liegen damit auch unter den Schweizer Kriterien für eine Risikobewertung"
Sagte die Gesundheitsministerin Rebecca Ruiz im Schweizer Radio.
Beide Kantone liegen allerdings am Genfer See, ebenso wie die Stadt Genf, die gerade besonders viele Infektionen registriert. Wegen der Entscheidung hat die Schweiz gleich in Belgien interveniert. In einem früheren Fall war sie damit schon erfolgreich: Mitte Juli verschwand auf diese Weise das Tessin von der Liste. Belgiens Außenminister Philippe Goffin bemüht sich unterdessen im flämischen TV um Schadensbegrenzung.
"Die Ampel kann sich natürlich verändern, aber nicht das Außenministerium ist verantwortlich, sondern der CELEVAL. Der gibt ja seine Einschätzung auf Basis verschiedener Elemente: Die Höhe der Infektionskurve, die Testmöglichkeiten und auch die Gesundheitspolitik in den europäischen Ländern."
Verwirrung und viele Fragen auch bei den Belgiern
Nicht nur in der Schweiz, auch bei Reisenden hinterlässt die Reiseampel unterdessen Fragezeichen. Wie soll das Reiseverbot überhaupt kontrolliert werden? Unklar ist auch, warum es gefährlicher sein soll, sich in der Schweiz aufzuhalten als zurzeit in Belgien. In der Zeit vom 24. bis Ende Juli wurden in Belgien täglich knapp 500 Neuinfektionen gemeldet: 68 Prozent mehr als in der Vorwoche. Und: Ärgerlich dürfte es werden, wenn sich Reisende aus roten Zone wieder auf den Rückweg machen, die Region aber wieder freigegeben wird. Seit Samstag müssen außerdem alle Personen, die aus dem Ausland nach Belgien fahren und länger als 48 Stunden bleiben, ein Formular ausfüllen, in dem sie die Aufenthalte der vergangenen 14 Tage dokumentieren.
Heute kommt der CELEVAL erneut zusammen. Bei seiner Sitzung könnte das Gremium die Reiseampel wieder umprogrammieren. Bis dahin zeigt die belgische Ampel immerhin für einige Länder auch auf Grün, so wie Deutschland, aber auch beliebte Urlaubsziele wie Portugal und Griechenland.
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Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)