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Corona-Teststrategie in Deutschland
Was können die neuen Schnelltests?

Antigentests können innerhalb einer Viertelstunde anzeigen, ob jemand stark infektiös ist oder nicht. Das könnte helfen, sicheren Kontakt zu ermöglichen. Doch die Tests sind auch weniger präzise. Aufwendige PCR-Tests werden sie daher nur teilweise ersetzen können.

Von Volkart Wildermuth | 14.10.2020
Ein Mitglied des medizinischen Personals steckt ein Wattestäbchen nach einem PCR-Abstrich zum Test auf COVID-19 in ein Röhrchen.
PCR-Tests werden auch weiterhin gebraucht werden, um Infektionen zweifelsfrei zu belegen. (picture alliance/dpa/Michael Kappeler)
Zurzeit gibt es einen Ansturm auf die Corona-Tests, denn ohne negativen Befund können viele Familien nicht in die Herbstferien fahren. Dabei arbeiten die Labore mit ihren Kapazitäten für PCR-Tests eigentlich bereits am Limit. Jetzt soll eine andere Art von Test und eine neue Teststrategie die Lage entspannen. Sie wird morgen in Kraft treten.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat versprochen, dass im Monat neun Millionen sogenannter Antigentests zur Verfügung stehen werden. Das würde die gesamte Testkapazität ungefähr verdreifachen.

PCR-Test, Antigentest, wo ist der Unterschied?

Beide Testvarianten weisen das Virus selbst nach, also die aktive Infektion. Beide verwenden auch dasselbe Ausgangsmaterial, einen Abstrich von Nase und Rachen und den muss ein medizinischer Profi machen, das hält die Teststrategie auch fest.
Die PCR reagiert auf das Erbmaterial von SARS-CoV-2 und ist extrem empfindlich. Antigentests reagieren nicht auf das Erbgut, sondern auf die Hülle des Erregers. Sie sind nicht so empfindlich, dafür aber schnell. Ähnlich wie beim Schwangerschaftstest zeigen Streifen schon nach einer Viertelstunde ein positives oder negatives Ergebnis an. Das geht direkt vor Ort in der Arztpraxis oder auch im Altenheim.
Eine Frau lässt sich testen
Vor- und Nachteile der verschiedenen Coronatests
Es gibt viele Tests auf SARS-CoV-2. Manche sind sehr empfindlich und schlagen manchmal an, obwohl Patienten gar nicht ansteckend sind. Neue Varianten sind schneller, aber auch ungenauer. Ein Überblick.

Wie zuverlässig sind die Ergebnisse von Antigen-Tests?

Mehrere verfügbare Antigentests werden zurzeit validiert und es zeigt sich: nur selten wird eine gesunde Person fälschlich als infiziert bezeichnet. So ein falsch positiver Befund macht Angst, führt auch zur Isolation, aber alle sind sich einig, dass dann in jedem Fall noch eine PCR zur Bestätigung gemacht werden muss.
Medizinisch relevanter ist der Fall, dass jemand ein negatives Ergebnis bekommt, obwohl er eigentlich infiziert ist. Das tritt bei den Antigentests doch erheblich häufiger auf, als bei der PCR. Aber – und das ist entscheidend – die Fehler passieren bei niedrigen Virenkonzentrationen. Wenn also jemand eine echte Virenschleuder ist, dann wird der verlässlich erkannt. Im Grunde sagt ein negatives Ergebnis, man ist aktuell keine Gefahr für andere, am nächsten Tag sieht das vielleicht schon anders aus. Deshalb sollte man weiter die AHA-Regeln beachten: Abstand halten, Hände waschen, Alltagsmaske. Sonst kann es trotz vieler Tests zu Ansteckungen kommen.

Wo würden denn die Mediziner die unterschiedlichen Tests anwenden?

Die PCR bleibt der Goldstandard vor allem für die medizinische Diagnostik. Wenn jemand Symptome hat, dann wollen die Ärzte und Ärztinnen ganz sicher sein, ob es an SARS-CoV-2 liegt oder nicht. Auch bei Tests von Kontaktpersonen ist die hohe Empfindlichkeit der PCR entscheidend.
Es gibt aber andere Situationen, in denen ein Antigentest sehr sinnvoll sein kann - Beispiel Altenheim. Da kommt es also vor allem darauf an, ob Besucher infektiös sind und das heißt, ob sie gerade viel Virus bilden. Das können Antigentests sehr gut nachweisen. Intelligent eingesetzt helfen sie auch, die Labore zu entlasten, so dass die wichtigen PCR-Ergebnisse schneller vorliegen.
Eine Pflegekraft in Mailand nimmt an einer Corona-Teststation im San-Paolo-Krankenhaus einen Abstrich.
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Was legt die neue Teststrategie noch fest?

Viele wichtige Details. Die Teststrategie sieht vor, dass Antigentests in Krankenhäusern, Heimen, Rehaeinrichtungen und ähnlichen Häusern eingesetzt werden sollen und zwar bei den Bewohnern, beim medizinischen Personal und bei den Besuchern. Konkret stehen jedem Kranken oder Heimbewohner je nach Art der Einrichtung eine gewisse Zahl von Tests pro Monat zu, die eben gefahrlose Besuche ermöglichen sollen. Übrigens wird nicht jeder Test von den Krankenkassen bezahlt. Das Robert Koch-Institut hat Qualitätskriterien aufgestellt und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird demnächst eine Liste mit Tests veröffentlichen, die diesen Mindeststandards genügen.
33D-Modell des Coronavirus SARS-CoV2

Kann man sich selbst testen?

Antigentests sind bei den Apotheken bereits gelistet. Sie werden aber nicht an jeden abgegeben, sondern nur an Mediziner. Das sind keine Selbsttests. Theoretisch kann ein Arzt so einen Test machen und dann das Ergebnis bestätigen. Die Nutzer müssen dafür aber selbst bezahlen. Wie hoch die Kosten sind, das ist noch offen.

Reicht ein negativer Antigentest um in den Urlaub fahren zu können?

Ob die Ergebnisse von Antigentests auch in den Urlaubsgebieten akzeptiert werden, ist unklar. Im Moment bestehen die Länder auf einem PCR-Test, ob und wann die Regelungen angepasst werden, ist offen. Und auch wenn neun Millionen Tests zur Verfügung stehen, die werden nicht reichen um vor Fußballstadien und Konzerthallen alle Besucher frei zu testen.