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Coronahilfen und Betrug
Berliner LKA und Staatsanwaltschaft ermitteln in mehreren Fällen

Fake-Gewerbe, angebliche Liquiditätsprobleme, Festangestellte, die fälschlich bis zu 14.000 Euro Coronahilfen beantragen - in Berlin ermitteln LKA und Staatsanwaltschaft in mehreren Betrugsfällen. Darunter auch gegen eine erfolgreiche Influencerin.

Von Manfred Götzke | 23.04.2020
Antrag für ein Soforthilfeprogramm des Bayerischen Wirtschaftsministerium im Zuge der Corona-Krise
In Berlin sind mehrere Betrugsfälle von vermeintlich in Not geratenen Selbstständigen bekannt geworden (imago / Marius Schwarz)
"Der Berliner Geldautomat" – so hatte der "Spiegel" vor ein paar Tagen die Berliner Variante des Soforthilfeprogramms für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige genannt: Denn in Berlin wurden die Coronahilfen bis vor ein paar Tagen besonders schnell und unbürokratisch gewährt. Kontonummer, Steuer-ID, ein paar Angaben zur Begründung, fertig.
1,7 Milliarden Euro wurden so in kürzester Zeit an 200.000 Leute überwiesen. Nicht alle waren wirklich hilfeberechtigt – und so mancher hat auch ganz offen betrogen, sagt Thomas Fels: Er leitet bei der Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Abteilung Geldwäsche.
"Das erste Verfahren ist bei meiner Abteilung am 1. April eingegangen, aufgrund einer Verdachtsmeldung einer Bank. Eine junge Frau mit zwei Männern erschien in einer Filiale der Bank und wollte 14.000 Euro in bar abheben. Das Konto war erst eine Woche zuvor eröffnet worden und hatte keine Überweisungen, außer den 14.000 Euro – von der IBB."
14.000 Euro – die Maximalsumme, die die Berliner Investitionsbank ausgezahlt hat.
Die Hand einer Frau schreibt auf einen Block, davor steht ein Laptop
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LKA und Staatsanwaltschaft ermitteln
Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft in 46 Fällen, beim LKA Berlin laufen 100 weitere Verfahren. Nur die Spitze des Eisbergs, sagen die Ermittler. Eine beliebte Masche: Die Subventionsbetrüger melden ein Gewerbe an, allein zu dem Zweck, die Corona-Subventionen abzugreifen. Oberstaatsanwältin Nina Thom:
"Verschiedene Fälle, in denen Täter kurz vorher erst Konten eröffnet haben, irgendein Gewerbe angeben und wo alles nicht stimmt, Gehaltsbescheinigungen gefälscht sind, Ausweise nicht richtig sind - wo auch die Vermutung besteht, dass es Aliaspersonen sind."
Betrug auf vielen Ebenen
In anderen Fällen gaben die Corona-Betrüger an, von ihrer Selbstständigkeit zu leben, obwohl Monat für Monat ihr Festangestellten-Gehalt auf dem Konto landet. Wenn in solchen Fällen die Corona-Mittel überwiesen wurden, wurden manche Hausbanken hellhörig – erstatteten Anzeige.
Andere Antragssteller haben einfach mal behauptet, Liquiditätsprobleme zu haben, darunter zum Beispiel eine 22-jährige Instagram-Influencerin.
"Man hat tatsächlich festgestellt, dass sie ein gut gefülltes Konto hatte, was wohl gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten geführt wird, die hatte mit Sicherheit keinen Liquiditätsengpass gehabt. Und darüber hinaus stellte sich die Frage, ob sie überhaupt einen Bedarf hatte. Das drängte sich auf, dass es einen Anfangsverdacht des Subventionsbetrugs gibt."
Einige der Subventionsbetrüger haben es auf die Spitze getrieben: die Coronahilfen gleich mehrfach abgegriffen.
"Es geht um ein – ich sage mal - Unternehmerehepaar - die für sieben unterschiedliche Unternehmen Subventionen in einer Höhe von 80.000 Euro beantragt haben. Die Unternehmen waren teilweise gar nicht existent.
Es drohen hohe Strafen
Einer dieser Täter wurde heute festgenommen – ihm droht wohl eine Freiheitsstrafe. Überhaupt, die Strafen bei Subventionsbetrug sind nicht ohne.
"Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre und Geldstrafe bis 360 Tagessätze,. Wenn ein besonders schwerer Fall dazu kommt, sieht der Strafrahmen sechs Monate bis zu zehn Jahre vor."
LKA und Staatsanwaltschaft haben heute auch zur Pressekonferenz geladen, um genau das klar zu machen: Es kann teuer werden, und wir ermitteln, sagt Jochen Sindberg vom Berliner LKA.
"Das ist hier nicht: Jemand wandert durch den Wald, findet einen Goldklumpen und kann sich freuen, sich den nehmen zu können, unbeobachtet. Sondern, wenn man mit diesen Instrumenten Geld erlangt, liefert das allerhand Ermittlungsanhalte, wer man ist, wo das Geld gelandet ist, und so weiter."
So mancher vermeintliche oder echte Berliner Soloselbstständige ist solchen Ermittlungen jedenfalls schon zuvor gekommen: 2.500 Antragssteller haben ihre Förderung vorsorglich zurückgezahlt.