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Coronakrise
Boni für Arbeitnehmer sollen bis 1.500 Euro steuerfrei sein

Lkw-Fahrer, Pflegefachkräfte und Kassierer: Finanzminister Olaf Scholz will Bonuszahlungen für Menschen, die in der aktuellen Coronakrise mehr arbeiten, in Höhe von bis zu 1.500 Euro steuerfrei stellen. Doch wer profitiert davon?

Von Katja Scherer | 01.04.2020
Olaf Scholz bei der Bundespressekonferenz in Berlin
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will in der Coronakrise Bonuszahlungen für Arbeitnehmer bis 1.500 Euro steuerfrei stellen (AA / Abdulhamid Hosbas )
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will in der Coronakrise Bonuszahlungen für Arbeitnehmer bis 1.500 Euro steuerfrei stellen. "Viele Arbeitgeber haben bereits angekündigt, ihren Beschäftigten einen Bonus zahlen zu wollen. Als Bundesfinanzminister werde ich am Montag die Anweisung erlassen, dass ein solcher Bonus bis 1.500 Euro komplett steuerfrei sein wird", versprach er.
Viele Arbeitnehmer seien aktuell täglich unter erschwerten Bedingungen im Einsatz. Dieses Engagement sollte honoriert werden, so Scholz.

Wurde das Boni-Programm schon umgesetzt?

Noch wurde es nicht umgesetzt, aber das Bundesfinanzministerium hat erklärt, dass gerade letzte Details mit den Ländern geklärt werden. Danach ist der Weg frei.
Viele Einzelhändler haben bereits Boni für ihre Mitarbeiter angekündigt. Wer bekommt was und wer bekommt da jetzt mehr?
Gerade der Lebensmittelhandel kann sich solche Sonderzahlungen aktuell leisten. Neue Zahlen vom Statistischen Bundesamt zeigen, dass der Umsatz im Einzelhandel im Februar um gut sechs Prozent gestiegen ist, und zwar vor allem im Bereich Lebensmittel und im Online-Handel.
Lidl, Kaufland und Aldi wollen ihrem Mitarbeitern Warengutscheine von bis zu 250 Euro ausstellen. Bei Real soll die Prämie bei 100 Euro liegen. Die Rewe-Gruppe, zu der Rewe und Penny gehören, hat ebenfalls Sonderzahlungen angekündigt. Allerdings gibt sie nicht bekannt, wie viel das pro Angestellten ausmacht.
Bei Rewe profitieren auch nicht alle Mitarbeiter davon. Rund die Hälfte der Märkte wird von selbstständigen Kaufleuten geführt und die können selbst entscheiden, ob sie Boni bezahlen wollen. Das gilt auch für die meisten Edeka-Märkten. Da gibt es auf jeden Fall auch Filialen, bei den Boni noch kein Thema sind.

Wie sieht das in der Branche der Lkw-Fahrer aus?

Einige Lkw-Fahrer sollen ebenfalls Boni bekommen - zum Beispiel bei Speditionen, die für Supermärkte fahren. Doch der Fachjournalist Jan Bergrath, der seit rund 30 Jahren über die Branche schreibt, merkt an, dass das Ausnahmefälle sind.
Den meisten Speditionen geht es aktuell nicht gut, weil die Wirtschaft in vielen Bereichen stillsteht und es wenig Güter gibt, die transportiert werden müssen. Das heißt: Viele Speditionen beantragen aktuell Staatshilfen oder melden Kurzarbeit an. Daher hätten die Fahrer ganz andere Sorgen: "Die meisten Fahrer kämpfen gerade darum, dass sie überhaupt noch einen Lohn bekommen", sagt Bergrath.
Dennoch könnten einige Fahrer von dem Vorstoß von Bundesfinanzminister profitieren. Insgesamt hat der Vorschlag aber für die Lkw-Branche wenig Relevanz.

Können von den geplanten Boni auch Pflegepersonal und Krankenschwester profitieren?

Es gibt Krankenhäuser, die Boni auszahlen. Laut mehreren Branchenverbänden ist das aber auch in dem Bereich die Ausnahme.
Viele Krankenhäuser haben trotz der Mehrarbeit kein Geld für Bonuszahlungen, sagt die Krankenschwester Jeannine Fasold, die neben ihrer Arbeit auch einen Internetblog zu Pflegethemen betreibt:
"Die Kliniken verdienen halt einfach nicht mehr das, was sie vorher verdient haben. Und das ist das Problem: Woher soll ich einen Boni zahlen, wenn ich selbst nichts habe."

Wie kann der Vorstoß zu den Boni-Zahlungen bewertet werden?

Menschen, die gerade viel leisten, zu belohnen, ist eine gute Idee. Der Vorschlag von Olaf Scholz hilft aber nur den Mitarbeitern, die Boni auch wirklich bekommen. Das ist nicht bei allen der Fall.
Uwe Hildebrandt, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt NRW, die auch im Pflegebereich sehr aktiv ist, schlägt daher eine alternative Maßnahme vor: "Ich fände es erheblich sympathischer, wenn der Staat – wenn er was tun will für diese Menschen, sagt: Wir besteuern die Überstunden mal nicht, wir besteuern den ausgezahlten Urlaub nicht und die Wochenend-Zuschläge auch nicht."
Die Gewerkschaft ver.di hat darauf hingewiesen, dass noch wichtiger als solche Einzelmaßnahmen, eine bessere tarifliche Bezahlung sei.