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Coronakrise
EU-Finanzminister einigen sich auf milliardenschweres Hilfspaket

Lange wurde gerungen, nun haben die EU-Staaten ein Hilfspaket geschnürt mit wirtschaftlicher Unterstützung für Arbeitnehmer, Firmen und Staaten. Daneben einigten sich die Finanzminister auf einen Wiederaufbaufonds. Dennoch könnte die Debatte um die sogenannten Coronabonds schon bald wieder aufflammen.

Von Paul Vorreiter | 10.04.2020
Baukräne in Berlin recken sich in den blauen Himmel.
Im Kampf gegen die die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise haben die EU-Staaten ein Hilfspaket von mehr als 500 Milliarden Euro auf den Weg gebracht (chromorange)
17 Uhr, 19 Uhr, und dann 21:30 Uhr – zwei Mal wurde der Beginn der EU-Finanzminister-Videokonferenz verschoben, um zunächst in bilateralen Gesprächen die Streitpunkte aus dem Weg zu räumen.
Deutschland, Frankreich und Spanien hatten über Stunden mit Italien und den Niederlanden einen Kompromisstext ausgearbeitet. Danach ging es in der großen Runde ganz schnell.
"Es kostete uns insgesamt 16,5 Stunden an Verhandlungen und viele weitere Stunden Vorbereitung, aber wir haben es geschafft", fasste Euro-Gruppenchef Mario Centeno am späten Abend zusammen. Noch stärkere Worte fand Bundesfinanzminister Olaf Scholz: "Heute ist ein großer Tag europäischer Solidarität und Stärke."
Streit über Kredit-Bedingungen beigelegt
Die Finanzminister einigten sich darauf, dass die Europäische Investitionsbank kleinen und mittleren Unternehmen unter die Arme greifen soll, die wegen der Coronakrise in Geldnot geraten sind. Kredite in einem Umfang von bis zu 200 Milliarden Euro sind angepeilt.
Außerdem soll es den Mitgliedsstaaten leicht gemacht werden, Kurzarbeitergeld auszuzahlen, sodass Betriebe ihre Mitarbeiter trotz Krise nicht entlassen müssen. Die EU-Kommission will dafür Kredite auf den Kapitalmärkten in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro auftreiben.
Was sind Eurobonds?Gemeinschaftliche Anleihen aller EU-Staaten oder ESM, der Rettungsmechanismus aus der Finanzkrise – in der EU ist ein Streit darüber entbrannt, wie die immensen finanziellen Herausforderungen der Coronakrise bewältigt werden sollen. Ein Überblick.
Vor allem gelang es aber, den Streit um die Bedingungen für die Auszahlung von Krediten des Europäischen Stabilitätsmechanismus, also des Euro-Rettungsschirms, beizulegen.
Die Niederlande hatten strenge Auflagen gefordert. Italien und andere Länder lehnten das ab. Zu sehr fürchteten sie, in Abhängigkeit zu geraten, wie es einst im Zuge der Eurokrise war, als Länder wie Griechenland jahrelang strenge Sparmaßnahmen umsetzen mussten, unter der regelmäßigen Überwachung der internationalen Geldgeber.
Geld nur für drei Säulen
Der Kompromiss sieht nun vor, dass das Geld nur limitiert ausgegeben werden darf, für Gesundheitskosten, Heilung und Vorsorge gegen COVID-19. Olaf Scholz: "Drei Antworten, drei starke Antworten, die wenn man das zusammenrechnet, gut 500 Milliarden Euro Europäische koordinierte Antwort auf diese Herausforderung beinhalten."
Bleibt noch die Frage, was eigentlich aus der vierten Frage geworden ist, nämlich dem Streit um die sogenannten Coronabonds. Eine Reihe von Ländern, vor allem aus dem Süden, hatten gemeinsame, europäische Anleihen als Teil eines wirtschaftlichen Wiederaufbauprogramms gefordert. Euro-Gruppenchef Centeno drückte es so aus:
"Wenn die Gesundheitskrise nachlässt, müssen wir die wirtschaftliche Erholung vorantreiben. Wir müssen unbedingt zusammenwachsen und nicht getrennt, und dabei den Binnenmarkt schützen." Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, um diese Diskussion zu beginnen, sagte Mario Centeno.
Wiederaufbaufonds statt Coronabonds?
Die Länder einigten sich also darauf, einen Wiederaufbaufonds zu entwickeln. Aus welchen Quellen sich der Fonds zusammensetzen soll und wie groß er sein wird, müsste aber noch geklärt werden.
Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Roberto Gualtieri twitterte, mit der Einigung blieben "europäische Bonds auf dem Tisch". Doch unklar ist, ob das in der innenpolitischen Diskussion auch so gesehen wird. Der ehemalige italienische Innenminister, der Rechtspopulist Matteo Salvini treibt die Regierung bei diesem Thema vor sich her.