Freitag, 19. April 2024

Archiv

Coronavirus
Betriebsbedingte Kündigungen bei Continental „unvermeidlich“

Die Autobranche im Umbruch - den Zulieferer Continental hat es voll erwischt. 2019 schrieb er rote Zahlen. Die Aussichten für 2020 sind kaum besser: Das Coronavirus wirkt sich massiv auf den größten Auto-Absatzmarkt China aus. Continental schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus.

Von Alexander Budde | 05.03.2020
Das Continental Logo
Continental verbuchte 2019 einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro (dpa picture alliance / Ole Spata)
Der Ausbruch des Coronavirus hat den Autozulieferkonzern hart getroffen. Zwar gibt es an den Continental-Standorten selbst noch keinen Verdachtsfall. Auch ist die Produktion in China nach wochenlangem Stillstand wieder angelaufen. Continental beschäftigt dort knapp 25.000 Mitarbeiter. Es gibt aber Engpässe bei elektronischen Bauteilen wie Kondensatoren und Displays. Das krisenerfahrene Dax-Unternehmen hofft, größere Ausfälle in Europa und den USA vermeiden zu können. Doch Konzernchef Degenhart muss nicht nur fürchten, dass Lieferketten reißen oder Bänder stillstehen könnten, weil Automobilteile nicht geliefert werden können.
Noch drastischer sind die Auswirkungen des Ausbruchs auf die ohnehin schon schwächelnde Nachfrage. In China, größter Absatzmarkt weltweit, wird die Produktion von Autos im ersten Quartal aller Voraussicht nach um 30 Prozent einbrechen.
"Die weltweite Produktion von Light-Vehikeln - das schließt SUVs und Light Trucks in Nordamerika ein - wird mehr als zehn Prozent zurückgehen im ersten Quartal. Und die Auswirkung lässt sich natürlich in den Bilanzen nicht nur von Continental, sondern der Hersteller und Zulieferer ablesen", sagt Conti-Chef Degenhart bei der Jahrespressekonferenz am Stammsitz in Hannover.
Ohnehin blickt Continental auf ein unterm Strich enttäuschendes Geschäftsjahr zurück. Der Autozulieferer rutschte in die roten Zahlen: Unter anderem Kosten für den Umbau sorgten für einen Nettoverlust von 1,2 Milliarden Euro.
Erwartungen: Drei Millionen Fahrzeuge weniger werden wohl wegen Corona verkauft
Einer Gewinnwarnung im Juni folgte ein Sparprogramm. Es zielt darauf ab, auf der Kostenseite rund 500 Millionen Euro ab 2023 einzusparen – und wird, so viel steht fest, nicht ausreichen. Allein infolge der Corona-Epidemie werden absehbar drei Millionen Fahrzeuge weltweit weniger gebaut. Weitere Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen an den Standorten in Europa, Nordamerika und Asien seien unvermeidlich, kündigt Degenhart an.
"Wir werden Annahmen treffen, wie schnell sich die Märkte in den nächsten fünf Jahren erholen werden. Aber insgesamt ist zu befürchten, dass das Gesamtniveau in den nächsten fünf Jahren nochmal leiden wird. Wir müssen uns in der Tat Produkt für Produkt, Standort für Standort anschauen. Wie sind diese betroffen und wie hart müssen wir gegensteuern."
Die Diskussion darüber laufe, Ende Mai werde der Vorstand Vorschläge und Beschlüsse präsentieren.
Unterdessen wird der Dax-Konzern mit Stammsitz in Hannover verschlankt und umgebaut – weiterhin ist geplant, die Antriebssparte unter dem neuen Namen Vitesco Technologies auszugliedern. Konkrete Pläne will Conti bis zur Hauptversammlung im Mai ausarbeiten.
Fahrzeugproduktion sei inzwischen im Bereich der Jahre 2008/2009
In Zeiten der Transformation setzt Continental auf Elektronik, Sensorik und Software. Das Unternehmen wächst schneller als der Markt, weil der Anteil solcher Produkte im Auto stetig zunimmt. Besonders gut aufgestellt sieht sich das Unternehme bei den sogenannten Hochleistungscomputern. Wo es früher eine Vielzahl von Steuergeräten gab, werden diese zunehmend in kompakte Rechner integriert, mit der sich sämtliche Funktionen nahtlos steuern lassen.
Es sei noch zu früh, über den Sinn von Stimulationsprogrammen zu reden, merkt Degenhart an – doch der Konzernchef gibt einen Fingerzeig:
"Wir befinden uns, was den absoluten Rückgang von Fahrzeugproduktion angeht, mittlerweile im Bereich der Situation 2008/2009. Damals hat die Industrie heftig gegengesteuert, unterstützt durch Flexibilisierungsmaßnahmen auch von Seiten der Politik."