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Coronavirus in Hongkong
Museen und Konzertsäle geschlossen

Wo sich keine Menschen versammeln, da kann sich kein Virus ausbreiten. Das ist die Strategie von Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam. Auch Museen und Konzertsäle bleiben deshalb geschlossen - und das Hong Kong Philharmonic Orchestra kann nicht proben, obwohl eine Tournee ansteht.

Von Frank Aischmann | 05.02.2020
Ein Mann trägt eine Gesichtsmaske und blickt auf sein Smartphone.
Angst vor Ansteckung: Auch in Hongkong tragen viele Menschen Gesichtsmasken (imago images / ZUMA Press)
"Bis auf weiteres geschlossen" - so steht es auf englisch und kantonesisch an den verriegelten Glastüren von Hongkongs Kulturzentrum in Kowloon, direkt an der Hafenpromenade. Unmittelbar daneben das Hong Kong Museum of Art: Ebenfalls dicht, wie überhaupt alle Museen und Konzertsäle in öffentlicher Hand, alle Schulen, Unis, Bibliotheken.
Bildung und Kultur müssen sich dem Coronavirus beugen, denn wo sich keine Menschen versammeln, da können sich keine Viren ausbreiten. So lässt sich das auf den Punkt bringen, was Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam die Strategie nennt, soziale Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren.
"Derzeit ist einfach alles tot"
Und das macht es unmöglich, Benedikt Fohr an seinem Arbeitsplatz zu besuchen. Heimarbeit ist angesagt für den Orchestermanager des Hong Kong Philharmonic Orchestra. Und - ganz persönlich - eine kulturelle Zwangspause:
"Es ist wirklich so: Es ist alles geschlossen, auch die Museen, die Konzerte. Man weiß wirklich nicht mehr, was man abends tun kann. Da wird einem wirklich bewusst, was einem fehlt. Es war in einer 200.000-Einwohner-Stadt mehr los als hier in Hongkong, einer Sieben-Millionen-Metropole. Und ich hatte ja noch gelobt, was in der Stadt alles passiert, obwohl es keine Kulturstadt ist bisher. Von chinesischer Oper über Kammermusik über verschiedene symphonische Konzerte, sei es von den Orchestern hier, sei es von den Gastorchestern, die reinkommen. Aber derzeit ist einfach alles tot."
Tournee in der Schwebe
Das Bostoner Symphonieorchester sagte virenbedingt ab - neben Hongkong sollte die Asientournee in den nächsten Tagen nach Shanghai, Taipeh und Seoul führen. Und umgekehrt, sagt Benedikt Fohr:
"Wir haben selber auch Tourneeprojekte, nach Korea und nach Japan, Anfang März. Ich kriege natürlich von überall her die Anfragen - ob Solist, Dirigent oder von den Musikern -, ob die Tournee stattfindet. Wir wissen, dass Vietnam bereits zugemacht hat. Im Moment sind wir noch mit den Botschaften in Kontakt und hoffen, dass es stattfindet. Aber wer weiß - zumal wir für diese Tournee eigentlich auch eine Vorbereitungszeit brauchen, wie jedes normale Orchester. Ein Orchester, das drei Wochen lang nicht gespielt hat und dann auf Tournee geht: Das ist fragwürdig. Also: Wir hoffen, dass Ende Februar wieder ein Saal offen ist, in dem wir dann proben können."
Eröffnung abgesagt
Das sind optimistischen Zeiträume. Ob es so kommt, ist abhängig davon, wann der "Peak" kommt - der Höhepunkt der Coronavirus-Ausbreitung. Noch gibt es im Vorverkauf Tickets für die Art Basel Hong Kong ab Mitte März. Dagegen musste das Hong Kong Arts Festival bereits einen Teil seines Programms absagen: keine Eröffnung am Sonntag, kein Programm bis einschließlich 18. Februar. Dabei wäre Kultur doch gerade jetzt wichtig, sagt Fernando Cheung, im Hongkonger Parlament einziger Abgeordneter der sozialdemokratisch orientierten Labour Party:
"Es ist nicht nur langweilig, es fehlt nicht nur Abwechslung, sondern die Stimmung droht zu kippen in Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit. Wir Menschen brauchen Verbindungen, Kontakt, Treffen. Zumindest also sollten wir auf Technologie setzen. Jeder hat ein Smartphone, Zugang zu Social media - das müssen Organisationen stärker nutzen, sonst wächst dieses Gefühl der Isolation."
Für den Manager der Hongkonger Philharmoniker ist die gegenwärtige kulturelle Zwangspause keine neue Erfahrung. Vor knapp einem Jahr trat Benedikt Fohr sein Amt in der Sonderverwaltungszone Hongkong an; kurz darauf legten die monatelangen Massenproteste die Stadt vorrübergehend lahm.
"Ich wüsste nicht, was jetzt noch kommen kann. Vielleicht ein Taifun, das ist hier auch regelmäßig - da bin ich verschont worden letztes Jahr. Also es ist wirklich jetzt nicht mehr lustig. Sie sehen ja selbst: Die Straßen sind sehr leer, man nimmt - wenn überhaupt - nur noch Masken wahr in der Stadt. Die Masken hatten wir im Herbst auch, aber aus anderen Gründen - was soll ich sagen..."