Mittwoch, 24. April 2024

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Coronavirus stoppt Fußball
"Für viele Spieler wird das existenziell"

Jonas Baer-Hoffmann, Generalsekretär der Profifußballer-Gewerkschaft FIFPro, begrüßt die Verschiebung der EM. Der Ausfall nationaler Wettbewerbe könne für einen Großteil der Profis schnell zum Problem werden, sagte er im Dlf. Besonders betroffen: Der Frauenfußball und Spieler in Afrika.

Jonas Baer-Hoffmann im Gespräch mit Marina Schweizer | 17.03.2020
Die Mönchengladbacher und die Kölner Spieler kämpfen um den Ball. Das Spiel findet wegen des Coronavirus ohne Zuschauer als Geisterspiel statt.
Das Bundesliga-Spiel Mönchengladbach-Köln konnte noch stattfinden, allerdings ohne Zuschauer (picture alliance | Fabian Strauch | dpa)
Die Entscheidung der UEFA, die Europameisterschaft um ein Jahr zu verschieben, begrüßt Jonas Baer-Hofmann, der Generalsekretär der Internationalen Profifußballer-Vertretung FIFPRO. So gebe es die Chance, die Saisons in nationalen Ligen zu Ende zu spielen. Diese Ligen seien aus ökonomischer Sicht für die diversen Jobs, die am Profifußball hängen, zu wichtig, sagt Baer-Hoffmann: "Von daher war das sicherlich die verantwortungsvolle Entscheidung erst einmal. Und jetzt müssen wir weitersehen, was uns in den nächsten Wochen bevorsteht und wie schnell wir wieder einsteigen können."
Baer-Hoffmann erklärt, warum für viele Profispielerinnen und Spieler das Aussetzen der Wettbewerbe ein echtes finanzielles Problem ist: "Wir repräsentieren weltweit 50.000 Spieler. Von denen sind wahrscheinlich nur drei, vier Prozent in der Marge an Gehältern, was die Öffentlichkeit so meistens vom Profifußball denkt. Die meisten anderen sind bei sehr durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Einkommensbedingungen - sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. Für die wird das genauso existenziell, wie wenn bei jedem anderen Arbeitnehmer zwei, drei Monatsgehälter potenziell wegfallen."
Jonas Baer-Hoffmann, der Generalsekretär der internationalen Profifußballer-Gewerkschaft FIFPRO
Jonas Baer-Hoffmann, der Generalsekretär der internationalen Profifußballer-Gewerkschaft FIFPRO (zdf/imago)
Als problematisch beschreibt Baer-Hoffmann auch, dass viele Vereine kaum Rücklagen hätten und schnell Verträge gekündigt werden müssten. Deshalb fordert er den schnellen Aufbau von Unterstützungs- und Solidaritätsmechanismen innerhalb der "Industrie Fußball", "um die kleinen und mittleren Klubs und dementsprechend die Spieler auch in den nächsten Monaten zu unterstützen."
Besonders im Frauenfußball sieht Baer-Hoffmann mögliche Probleme, der habe sich zwar in den letzten Jahren gut entwickelt, sei aber noch ein fragiles System. Mit Sorge blickt er auch nach Lateinamerika und besonders Afrika, wo es deutlich stärkere Auswirkungen auf die Spieler geben könnte.
"Dann kriegen wir noch ganz andere Probleme"
Terminlich werde es nun schwierig, die verschiedenen Wettbewerbe unterzubringen, weil auch regulär sehr viele Spiele in kurzer Zeit stattfinden. Es werde deshalb einen enormen Druck auf den Kalender geben. Baer-Hoffmann sieht potenziell allerdings noch viel größere Schwierigkeiten. Denn die UEFA-Entscheidung "basiert aber auf der Hoffnung, dass wir im Mai, Juni, Juli wieder Fußball spielen können. Wenn das nicht der Fall ist und wir diese Saison komplett verlieren, dann dementsprechend auch die nächsten Wettbewerbe verrückt werden - dann kriegen wir noch ganz andere Probleme."
Aus Zeitgründen haben wir im Deutschlandfunk eine gekürzte Version des Interviews gesendet. Hier stellen wir Ihnen das komplette Interview als Audio zur Verfügung.
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