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Corruptour in Mexiko
Stadtrundfahrt der Korruption

Mexiko gehört laut Korruptionsindex von Transparency International zu den korruptesten Ländern der Welt. Eine Gruppe von Aktivisten hat ein Projekt gestartet, um auf das Problem aufmerksam zu machen.

Von Anne-Katrin Mellmann | 25.02.2017
    Blick über Mexiko-Stadt
    Blick über Mexiko-Stadt. Korruption ist in der Stadt allgegenwärtig. (imago stock&people)
    Rot sind die Touristenbusse, die Rundfahrten durch Mexiko-Stadt veranstalten. Seit kurzem ist ein brauner Außenseiter unter ihnen: Ein alter Bus mit offenem Dach und der Aufschrift "Corruptour" fährt durch die Innenstadt, lässt die touristischen Highlights aber links liegen. Seine Ziele sind die Schauplätze der größten Korruptionsskandale.
    Daniel Cubria gehört zu den Organisatoren der Tour. Der 27-jährige Politologe zeigt und erklärt: 1. Station: Casa Blanca – das frühere Luxusanwesen der Präsidentengattin. Angeblich hat sie die Millionen dafür aus eigener Tasche gezahlt. Aber ein Unternehmen, das von Aufträgen ihres Mannes profitiert hatte, war der Bauherr.
    Nächste Station ist die Sozialversicherung: Sie hat teure Medikamente eingekauft, aber schlechte Billigware an die Patienten verteilt. Daniel Cubria erklärt und hat selbst Fragen: Welche die Gründe für die ausufernde Korruption seien, will er von den 20 Teilnehmern wissen. Die Studentin Carolina Huerta:
    "Weil viele einfach nur nach dem eigenen Vorteil trachten. Die anderen sind ihnen egal. Eine Regierung sollte dem Volk dienen, aber unseren Politikern geht es ums Geld und nicht im das Wohl der Menschen."
    Viele Menschen werden Komplizen von Korruption
    Andere nennen das Fehlen von Gemeinsinn, Armut, Mangel an Bildung, Egoismus und Straflosigkeit als Gründe. Mexiko ist durchdrungen davon. Derzeit wird sogar gegen mehrere Ex-Gouverneure ermittelt, weil sie in die eigene Tasche gewirtschaftet und mit dem organisierten Verbrechen kooperiert haben. Die Auswirkungen der Korruption sind an jeder Ecke sichtbar. Die Corruptour zeigt nur sieben Höhepunkte. Der Bus schaukelt vorbei am Denkmal der seit mehr als zwei Jahren verschwundenen 43 Studenten. Korrupte Polizisten sollen sie an Mörderbanden des organisierten Verbrechens übergeben haben, so die längst widerlegte offizielle Version der Staatsanwaltschaft. Der Fall hat Mexiko aufgerüttelt wie kein zweiter, weil er das Ausmaß der Korruption und die Verstrickung von Staat und organisiertem Verbrechen zeigt. Daniel Cubria sammelt Lösungsvorschläge: Mehr Transparenz, bessere Strafverfolgung lauten einige.
    "Die Menschen müssen ihre Angst verlieren und ihre Rechte einfordern. Und sie müssen aufhören, selbst Komplizen zu sein. Die Korruption hat Mexiko flächendeckend im Griff. Ihre Mechanismen fördern, dass Bürger Teil des Systems werden. Vielen bleibt nichts anderes übrig, etwa weil sie ihre Familie ernähren müssen. Uns ist wichtig, dass die Bürger merken, dass sie die Macht haben, Dinge zum Guten zu verändern".
    Bei ausgeschaltetem Mikro erzählen die Teilnehmer der Corruptour, wie sie selbst Komplizen von Korruption geworden sind. Häufigstes Beispiel: Schmiergeld für Verkehrspolizisten, um einer Strafe zu entgehen. Am Ende der Tour fallen Münzen in eine Spendenbüchse. Dieser Service war gratis: Bewusstsein wecken für eines der größten Probleme des Landes.