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Corso-Spezial "Johannesburg"
Bheki und die Obdachlosen gegenüber

Im Johannesburger Distrikt Maboneng treffen Gegensätze aufeinander - auf der einen Straßenseite neue, farbenfrohe Hostels und auf der anderen Seite Hijacked buildings. Das sind Hausruinen, in denen Obdachlose unter sehr widrigen Umständen leben. Diese Menschen erreicht der lokale Aufschwung noch nicht.

Von Marietta Schwarz | 09.06.2014
    Ein besetztes Gebäude auf der Foxstreet in Johannesburg, Südafrika NUR FÜR CORSO SPEZIAL JOHANNESBURG 09.06.14 verwenden!
    Ein besetztes Gebäude auf der Foxstreet in Johannesburg, Südafrika (Marietta Schwarz)
    "Ich wäre glücklich, wenn uns die Leute hier helfen würden. Wir haben hier weder Toiletten, Strom noch Wasser. "
    George Manana steht vor einer Hausruine am Ende der Fox Street. Die Wände im Erdgeschoss sind behelfsmäßig zugebrettert, die Löcher auf dem Dach mit Plastikfolie gestopft. Auf dem Bürgersteig trocknet die Wäsche. Seit zwölf Jahren ist das sein Zuhause, oder eher ein Dach über dem Kopf, für ihn und 37 andere. Der Boden ist aufgeweicht, man schaut in ein schwarzes Nichts. Es riecht nicht gut. "Hijacked building" nennen sie das in Johannesburg. Hier, im aufgehübschten Maboneng District, ein Fremdkörper.
    Obdachlose im Distrikt Maboneng, Johannesburg
    Obdachlose im Distrikt Maboneng, Johannesburg (Marietta Schwarz)
    "An einem solchen Ort kannst du nicht bleiben, wenn sich um dich herum alles verändert, wenn alles saniert wird."
    Ein Müllsammler läuft vorbei, zieht einen schweren Karren hinter sich her. Für die Armen in Johannesburg neben dem Betteln oft die einzige Einnahmequelle.
    Auf der anderen Straßenseite blickt Bheki vom Balkon seines frisch eröffneten Hostels herunter. Bheki ist 21 und in der Gegend aufgewachsen. Er möchte die Obdachlosen gerne unterstützen, Hilfe zur Selbsthilfe. Aber er lässt ebenso durchblicken: Manche wollen halt auch nicht arbeiten.
    "Ich will mich hier nicht aufspielen, aber, naja. Keiner wird als Herr geboren, ebenso wenig wie er als Sklave geboren wird. Du musst deine Chancen erkennen. Und dir dann einen Namen machen."
    Weißt du, sagt Bheki, ich komme eigentlich aus einer ganz normalen Familie. Und in der Black Community ist man dann davon beseelt, Arzt, Pilot oder Krankenschwester zu werden. Aber was ich als Jugendlicher erlebt habe, war dieser enorme Niedergang in der Stadt. In den 90er-Jahren, nach dem Ende der Apartheid, war das ein Kommen und Gehen. Die Schwarzen kamen, die Weißen ergriffen die Flucht und zogen in die Vororte.

    "Genau hier, wo wir jetzt sind, das war die härteste Gegend. Unsere Eltern wollten nicht, dass wir uns hier aufhalten, selbst wir, schwarze Kids. Um die Ecke ist das Jeppe Zulu Hostel, wo 2008 ausländerfeindliche Anschläge auf die Arbeitsmigranten verübt wurden, die dort leben. Ich hab eine Menge Proteste mitgekriegt. Von den Demonstrationen der Inkatha Partei bis zu richtig grausamen Sachen."
    Dass die Jugendlichen, die heute hier in Maboneng skateboarden, etwas ganz anderes sehen, dass sie nicht mehr dieser Armut und Kriminalität ausgesetzt sind, meint Bheki, prägt sie positiv. Und er selbst ist schließlich auch Teil des lokalen Aufschwungs. Vor einem Jahr hat Bheki noch Werbeflyer für das neue Viertel an Touristen verteilt. Jetzt ist er Hostel-Chef, finanziert von Investor Jonathan Liebmann.