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Creditreform
Weniger Unternehmenspleiten in 2015

Es ist eine gute Botschaft: In Deutschland wurden seit 1999 noch nie so wenig Unternehmenspleiten gezählt wie in diesem Jahr. Die Wirtschaftsauskunft Creditreform führt diese positive Statistik auf den gesunkenen Ölpreis und auf die niedrigen Zinsen zurück.

Von Michael Braun | 08.12.2015
    Blick auf die Zentrale der Baufirma Imtech Deutschland in Hamburg.
    Die größte Unternehmenspleite des zu Ende gehenden Jahres 2015 war die der Hamburger Imtech-Gruppe, die mit 3.500 Beschäftigten Heizungs- und Lüftungsanlagen samt Gebäudemanagement anbot, etwa am immer noch nicht fertigen Berliner Flughafen BER. (picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt)
    Es waren vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen, die Konkurs anmelden mussten. Doch die gute Botschaft ist, dass in Deutschland seit 1999 noch nie so wenig Unternehmensinsolvenzen gezählt wurden wie dieses Jahr. 23.230 Unternehmen gingen pleite, weit entfernt von jenen 34.000 vor zehn Jahren. Das sei eine positive Spätfolge der Finanzkrise, sagt Volker Ulbricht, der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Creditreform:
    Es gab sie, die ganz großen Pleiten im vergangenen Jahr, aber sie trafen nicht so bekannte Unternehmen wie die Drogeriekette Schlecker im Jahr 2012 oder voriges Jahr den Windparkbetreiber Prokon. Die größte Unternehmenspleite des zu Ende gehenden Jahres 2015 war die der Hamburger Imtech-Gruppe, die mit 3.500 Beschäftigten Heizungs- und Lüftungsanlagen samt Gebäudemanagement anbot, etwa am immer noch nicht fertigen Berliner Flughafen BER.
    23.230 Unternehmen gingen pleite
    Bedeutend mit 3.300 Beschäftigten auch die Bremer DHS Instore Service GmbH, ein Dienstleister, der im Handel Waren verräumte und verteilte. Ansonsten waren es vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen, die Konkurs anmelden mussten. Doch die gute Botschaft ist, dass in Deutschland seit 1999 noch nie so wenig Unternehmensinsolvenzen gezählt wurden wie dieses Jahr. 23.230 Unternehmen gingen pleite, weit entfernt von jenen 34.000 vor zehn Jahren. Das sei eine positive Spätfolge der Finanzkrise, sagt Volker Ulbricht, der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Creditreform:
    "Die Finanzkrise von 2008 hat ja mit ihren schockartigen Kontraktionen die Unternehmen dazu veranlasst, ihre Bilanzen qualitativ massiv zu verbessern. Das heißt: Man hat Eigenkapital gebildet, man hat sich zurückgehalten bei der Ausschüttung von Gewinnen. Man hat eine wesentlich bessere Bilanzqualität heute als noch vor einigen Jahren. Das erhöht die Unternehmensstabilität und hat natürlich einen Beitrag dazu geleistet, dass die Insolventen auch in diesem Jahr rückläufig sind."
    Relativ gute Pleitenstatistik 2015
    Das hat auch die Schäden der Insolvenzgläubiger zusammenschmelzen lassen. Die beliefen sich zwar immer noch auf 19,6 Milliarden Euro. Das waren aber weit weniger als die gut 26 Milliarden Euro des vorigen Jahres. In den zahlungsunfähigen Unternehmen gingen 225.000 Arbeitsplätze verloren, voriges Jahr waren es mit 264.000 deutlich mehr.
    Die relativ gute Pleitenstatistik 2015 war neben der bilanziellen Disziplin auch dem gesunkenen Ölpreis und den niedrigen Zinsen zu verdanken. Dass sich am Zinsniveau auf absehbare Zeit etwas ändere, glaubt Creditreform nicht. Eher sieht Ulbricht, dass die Weltkonjunktur neuen Konkursdruck aufbaue:
    "Interessanterweise ist es so, dass wir im verarbeitenden Gewerbe, also sprich: in der Industrie, durchaus wieder einen Zuwachs an Insolvenzen in diesem Jahr haben. Er ist gering, aber er ist da und unterscheidet sich deutlich von der Situation in der Dienstleistung und im Handel, wo wir Rückgänge zu verzeichnen haben.
    Weniger Arbeitslose
    Das weist darauf hin, dass die Industrie schon punktuell mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Wir wissen alle um die Krisenherde auf der Welt. Wir wissen um die Schwäche der BRIC-Staaten, insbesondere Brasilien, China, Russland. Und so manchen Exporteur trifft das."
    Deutlich sichtbar in der Statistik sind auch die Privatinsolvenzen. Die, so Michael Bretz, der Leiter der Wirtschaftsforschung bei der Auskunftei Creditrefom, komme vor allem in zwei Formen vor:
    "Das eine ist die Not. Die ist geringer. Wir haben weniger Arbeitslose. Und auf der anderen Seite gibt es natürlich auch eine Konsumverschuldung. Das heißt: Sie haben einen Arbeitsplatz. Sie bekommen billigen Konsumentenkredit – das ist ja geradezu ein Marketinginstrument geworden. Und das regt natürlich an, das motiviert, sich zu verschulden. Und diese Verschuldung kann dann in die Überschuldung münden."
    Der sind die Betroffenen voriges Jahr in gut 79.000 Fällen durch eine Privatinsolvenz begegnet. Der Anteil der jüngeren Erwachsenen unter 30 Jahren stieg dabei von 14,6 Prozent im vorigen auf 15,4 Prozent in diesem Jahr. Aber insgesamt ist die Zahl der Verbraucherinsolvenzen mit den besagten 79.000 Fällen auf einem Zehn-Jahres-Tief angekommen. Die Gründe: hohe Beschäftigung, sinkende Arbeitslosigkeit und deutlich, auch real steigende Löhne.