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CSU-Rechtsexperte: Möglicherweise Weiterentwicklung des Parteienverbots

Hans-Peter Uhl (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, hält es nicht für zwingend notwendig, dass sich die Bundesregierung an einem NPD-Verbotsantrag beteiligt - und glaubt ohnehin, dass das Gericht Parteienverbote generell infrage stellen wird.

Hans-Peter Uhl im Gespräch mit Jasper Barenberg | 19.03.2013
    Friedbert Meurer: Jasper Barenberg hat gestern Abend den CSU-Rechtsexperten Hans-Peter Uhl gefragt, ob er der FDP dankbar ist.

    Hans-Peter Uhl: Ja, ich halte es für richtig und auch politisch für klug. Es sind in der Tat zweierlei Bedenken. Die Frage nach der politischen Klugheit stellt sich und die Frage nach der rechtlichen Durchsetzbarkeit stellte sich von Anfang an. Ich war ja vor über zehn Jahren auch im Bundestag, als man uns Bundestagsabgeordnete bedrängt hat, doch aus Solidarität zumindest, oder aus gemeinsamer Ablehnung rechtsextremen Gedankengutes, mit der Bundesregierung und dem Bundesrat mitzumachen. Und das Ende ist bekannt und deswegen war ich von Anfang an sehr skeptisch.

    Jasper Barenberg: Nun ist es ja so, dass die Bundeskanzlerin in letzter Zeit zu erkennen gegeben hat, dass sie durchaus für eine Klage der Bundesregierung ist, dass auch der Bundesinnenminister nach einigem Zögern dies zu erkennen gegeben hat. Und natürlich auch Ihr Parteivorsitzender, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, zu den treibenden Kräften in dieser Sache zählte. Wie steht die Bundesregierung denn jetzt da?

    Uhl: Ich glaube, die Bundesregierung kann durchaus den Umstand, dass sie keinen eigenen Antrag stellt, begründen. Es reicht, wenn ein Verfassungsorgan, nämlich in diesem Fall der Bundesrat, den Antrag begründet. Das Gericht lässt sich nicht beeindrucken von dem Umstand, dass zwei oder drei Verfassungsorgane den Antrag stellen. Das macht die Sache nicht gewichtiger.

    Und zum zweiten ist die Bundesregierung in Gestalt des Bundesinnenministers ohnehin in dem Verfahren anzuhören, in welcher Eigenschaft auch immer: als Zeuge für das Bundesamt für Verfassungsschutz oder als eigener Antragsteller. Der Innenminister ist immer dabei und wird dieses Verfahren auch zu unterstützen haben, denn das Material kommt ja zu über der Hälfte aus dem Amt des Bundes.

    Barenberg: Und genau deswegen, Herr Uhl, haben Sie vor einiger Zeit ja noch gesagt, dass Sie sich quasi gar nicht vorstellen können, dass die Bundesregierung sich aus dem Verbotsverfahren heraushalten könnte. Wäre das dann nicht logisch und konsequent, dann auch sich der Klage anzuschließen oder eine eigene Klage einzureichen in Karlsruhe?

    Uhl: Nein, das ist nicht konsequent und nicht zwingend logisch, sondern das Bundesverfassungsgericht wird, sollte es sich mit den über tausend Seiten an Zeugenaussagen und Material in der Sache selbst im Detail befassen, den Bundesinnenminister nach Karlsruhe als Zeugen einvernehmen. Aber ich glaube eben, dass dieses Verfahren sich ganz anders entwickeln wird. Ich vermute, nach den Äußerungen des Präsidenten auch und den Entwicklungen der letzten Wochen und Monate, dass das Gericht möglicherweise sich nicht im Detail mit den tausend Seiten befasst, sondern dass das Gericht sagt, das Recht des Parteienverbotes, so wie es im Grundgesetz Ende der 40er-Jahre festgelegt wurde, muss weiterentwickelt werden. Es war richtig, damals, wo keiner ahnen konnte zum Ende der Nazi-Zeit, wie sich diese deutsche junge Demokratie entwickelt, ein Parteienverbot aufzunehmen in den Katalog des Grundgesetzes. Und jetzt, nach über 60 Jahren gefestigter deutscher Demokratie, gerade was den Rechtsextremismus anbelangt, wo man über 40 Jahre ununterbrochen erlebt hat, wie die deutschen Wähler zu über 99 Prozent sagen, mit rechtsextremem Gedankengut, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit, Führerkultur, pfui Teufel, wollen wir nichts zu tun haben. Über 99 Prozent verachten dieses Gedankengut, und wenn die Lage sich so entwickelt hat über Jahrzehnte und der Wähler in Deutschland dieses Gedankengut verachtet, muss der deutsche Staat eine solche Partei nicht auch noch verbieten.

    Barenberg: Horst Seehofer hat ja argumentiert beispielsweise, dass es auch eine besondere historische Verantwortung in Deutschland gibt gegenüber gerade einer Partei wie der NPD. Und dass es auch eben um das Ansehen Deutschlands in der Welt gehen würde bei solch einem Verbotsverfahren. Ist das aus Ihrer Sicht hinfällig, dieses Argument?

    Uhl: Nein, im Gegenteil. Gerade weil wir natürlich diese deutsche historische Verantwortung haben und die Wähler in Deutschland sie verspüren, haben sie zu 99 Prozent immer wieder aus dieser Verantwortung heraus gesagt und gewählt, demonstriert, dieses Gedankengut, mit denen wollen wir Deutsche nie mehr was zu tun haben. Und darüber sollten wir stolz und glücklich sein.

    Meurer: Die Bundesregierung stellt keinen Antrag, die NPD zu verbieten. Dazu sprach Jasper Barenberg mit dem CSU-Politiker Hans-Peter Uhl.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.