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D-Mark-Träumereien

Die großen Parteien sind sich einig, der Euro soll bleiben. Unterstützung kommt aus der Wirtschaft, Gegenwind von der Alternative für Deutschland: Die kann sich ein Zurück zur D-Mark vorstellen. "Gefährlich" finden das manche Wirtschaftswissenschaftler.

Von Verena Herb | 19.09.2013
    "D-Mark ade, sag uns: Gehst Du für immer? Wo gehst Du hin? Hat Dein Tod, einen Sinn? Wo gehst Du hin? Macht der Euro uns ärmer? Scheiden tut weh – und wir sagen Adieu, D-Mark."

    "Adieu" war gestern: Denn die AfD, die Alternative für Deutschland will "Hello again" sagen zur D-Mark. Zumindest dürfe das kein Tabu sein – die Wiedereinführung der alten Währung. So steht es im Wahlprogramm der neuen, im Februar 2013 gegründeten Partei. Denn was hat der Euro Deutschland gebracht?

    "Ich würde sagen: Nichts."

    Sagt Alexander Gauland, einer der Sprecher der Euroskeptiker. Er persönlich hat nichts dagegen, wenn der Euro verschwindet:

    "Weil wir ihn wirtschaftlich nicht gebraucht haben. Er hat, da er politisch nicht funktioniert, zu Spaltungen geführt, die für Deutschland schwierig sind."

    Alexander Gauland und seine Partei stehen mit ihren Euro-Abschaffungs-Forderungen im Wahlkampf ziemlich alleine da.

    "D-Mark-Träumereien – um hier das deutsche Beispiel aufzugreifen – sind definitiv für uns keine Alternative. Der Euro ist unsere Heimatwährung."

    Konstatiert der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo und bekommt Unterstützung vom Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, der die Stabilität der Eurozone beschwört:

    "”The Euro-Area is a union of stability and should remain a Union founded, grounded on stability.”"

    Eine Auflösung des Euro-Währungsgebietes und die Wiedereinführung nationaler Währungen beziehungsweise die Schaffung kleinerer Währungsverbünde – wie von der Alternative für Deutschland gefordert – stößt bei Wirtschaftswissenschaftlern wie etwa dem Forschungsdirektor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Michael Bräuninger – auf Kritik:

    "Ich halte das für eine sehr problematische Forderung. Eine sehr gefährliche Forderung. Sicherlich kann man Währungsunionen auflösen. Das hat es in der Vergangenheit gegeben. Zurzeit wäre das aber sicherlich ein großer Schock für die europäische Wirtschaft und auch für die deutsche Wirtschaft. Eine Auflösung des Euro würde sicherlich eine neue Bankenkrise hervorrufen, eine neue Wirtschaftskrise. Und insofern würde es Deutschland wohl sehr hart und negativ treffen."

    Sämtliche im Bundestag vertretenen Parteien wollen am Euro festhalten. CDU-CSU und SPD, die Grüne, FDP und Linkspartei: Alle sagen:

    "Willkommen bei uns: EURO."

    Allerdings soll der Euro beziehungsweise die damit verbundene Krise bis zur Wahl aber bitte keine große Rolle spielen: Krisenländer, Schuldenschnitte und Rettungspakete – das hat bis nach dem 22. September Zeit. Eine Diskussion über die richtige Lösung vertagen die Parteien lieber auf die Zeit nach der Wahl. Wohl deshalb ist das unliebsame Thema auch nur auf einer überschaubaren Seitenzahl in den Wahlprogrammen zu finden. Die Parteien wollen sich nicht festlegen. Michael Bräuninger vom HWWI erklärt im Hinblick auf Krisenländer wie Griechenland:

    "Die großen Parteien sind sich hier relativ einig, dass der Konsolidierungsprozess fortgesetzt werden muss und dass wir dort auch hart sein müssen. Es gibt da vielleicht graduelle Unterschiede darüber, wie man ihn in der Zeit streckt und was man dafür tut. Aber im Wesentlichen sind die großen Parteien hier einer Meinung."

    Allerdings nicht, wenn es um die zentrale Frage geht: Soll Deutschland den Krisenländern mit gemeinsamen Schulden helfen? Nein: Sagen die bürgerlichen Parteien. Während die Parteien links der Mitte eher dafür sind. So gibt es verschiedene Vorschläge zur Vergemeinschaftung der Schulden: Die SPD will einen Schuldentilgungspakt. Die Grünen gehen noch einen Schritt weiter und werben für Eurobonds. Und die Linken wollen sämtliche Staaten gleich über die Europäische Zentralbank finanzieren. Fakt ist: Die Konsolidierung in den Krisenstaaten geht nach Meinung von HWWI-Forscher Michael Bräuninger nur innerhalb des Euros.

    "Wenn wir den Euro abschaffen, dann haben wir eine vollständige Insolvenz der Länder. Sofort. Die Länder würden stark abwerten, ihre Auslandsschulden wären in Euro oder der Auslandswährung. Das heißt, alles was wir an Garantien gegeben haben, was wir an Krediten gegeben haben, wäre dann weg."

    Populismus à la AfD nützt wenig und schadet eher. Fakt ist: Die Abschaffung des Euro und die Rückkehr zur D-Mark würde die Krise in den Schuldenstaaten nicht beenden, sondern eher zu unkalkulierbaren Kosten und Risiken führen.