Mittwoch, 17. April 2024

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Dänemark
Polizei lässt wieder Zug mit Flüchtlingen über die Grenze

Nach dem Stopp des Zugverkehrs mit Dänemark wegen des Flüchtlingsandrangs fahren die Bahnen heute wieder über die Grenze. Viele der Asylsuchenden, die gestern in Zügen ausgeharrt hatten, durften unbehelligt von der Polizei aussteigen. Die betonte, dass sie die Flüchtlinge nicht dauerhaft von der Weiterreise nach Schweden abhalten könne.

10.09.2015
    Flüchtlinge und Pendler besteigen im Bahnhof von Flensburg einen Zug nach Kolding in Dänemark.
    Flüchtlinge und Pendler besteigen im Bahnhof von Flensburg einen Zug nach Kolding in Dänemark. (picture alliance / dpa-Bildfunk / Christian Charisius)
    Laut Ausländergesetz habe man die Befugnis, Menschen dreimal 24 Stunden zurückzuhalten, sagte Reichspolizeichef Jens Henrik Höjbjerg. Wenn diese Frist ablaufe, könne man nicht verhindern, dass die Menschen weiterführen. Seit Sonntag sind rund 3.000 Flüchtlinge von Deutschland nach Dänemark gereist, die nach Schweden wollen.
    Im Gegensatz zu gestern ließ die dänische Polizei heute wieder Flüchtlinge in Zügen die Grenze passieren. Gestern hatte Dänemark den Zugverkehr von und nach Deutschland gestoppt, um weiteren Flüchtlingen die Einreise zu versperren. Von den etwa 340 Flüchtlingen, die in Rödby in zwei Zügen ausharrten, willigten am Abend etwa 100 ein, sich in Dänemark registrieren zu lassen. Sie wurden in Erstaufnahmeeinrichtungen gebracht. Die übrigen 240 Menschen durften offenbar in die Hauptstadt Kopenhagen weiterfahren. Zudem wurde auch die Fährverbindung zwischen beiden Ländern ausgesetzt. Diese bleibe für Züge auch heute wegen "Polizeieinsätzen an den Grenzen" geschlossen.
    Etwa 300 Flüchtlinge versuchten gestern zudem, von Padborg aus zu Fuß nach Schweden zu gelangen. Die Polizei sperrte daraufhin aus Sicherheitsgründen die Autobahn E45 in der Nähe der deutschen Grenze in beide Richtungen. Am Abend spielten sich chaotische Szenen ab, berichtete ARD-Korrespondent Christian Wolf. Viele Flüchtlinge verließen die Autobahn und versteckten sich in umliegenden Wäldern oder flüchteten in Autos Richtung Schweden.
    Flüchtlinge sind zu Fuß auf der E45 in Dänemark unterwegs.
    Hunderte Flüchtlinge versuchen, von Padborg aus auf der E45 zu Fuß weiter nach Schweden zu gehen. (picture alliance / dpa / Claus Fisker)
    Flüchtlinge übernachteten im Bahnhof Flensburg
    Am Abend steckten auch zahlreiche Flüchtlinge mit dem Ziel Schweden in Schleswig-Holstein fest. Vom Bahnhof in Flensburg wurden viele in Erstaufnahmeeinrichtungen gebracht. Wie die Polizei mitteilte, schliefen einige Flüchtlinge in dem Bahnhofsgebäude. In Puttgarden auf der Insel Fehmarn stoppte die Polizei erneut einen ICE mit Asylsuchenden mit Ziel Kopenhagen. Mehr als 50 von ihnen nahmen einem Sprecher zufolge eine angebotene Unterkunft in der Erstaufnahme an.
    Die meisten aus Deutschland einreisenden Flüchtlinge wollen nicht in Dänemark bleiben und sich dort auch nicht registrieren, sondern nach Schweden. Dort erhalten alle syrischen Asylsuchenden eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Die neue dänische Regierung fährt eine harte Linie in der Flüchtlingspolitik.
    Die Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein kritisierte das Vorgehen der Regierung in Kopenhagen scharf. "Es ist beschämend, dass wir nicht so helfen, wie wir könnten", sagte Jette Waldinger-Thierings vom Südschleswigschen Wählerverband im Deutschlandfunk. Dänemark müsse wieder ein humanes Aufnahmeland werden. Es sei Tradition gewesen, Menschen hervorragend zu integrieren und mit offenen Armen aufzunehmen.
    Juncker und Schulz fordern Solidarität
    Die Unterbrechung des Grenzverkehrs zwischen Deutschland und Dänemark kam gestern wenige Stunden, nachdem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einer Rede zur Lage der Union von den Mitgliedsstaaten mehr Solidarität und Menschlichkeit in der Flüchtlingskrise gefordert hatte.
    Auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, plädiert für eine europäische Strategie. Das Problem sei nur im Verbund zu lösen, sagte der SPD-Politiker der "Passauer Neuen Presse". Im Moment veranstalteten einige Mitgliedsländer ein Europa der Egoisten. Nach den Vorschlägen von Juncker zur Verteilung von Flüchtlingen müsse jetzt jeder Staat Farbe bekennen, meinte Schulz.
    (hba/fe)